Großstadtrausch und Ghetto | Party und Punk | Soul und Sex 3x neue Musik aus Berlin: Romano, Beatsteaks und Tricky

Wie jeden Monat haben wir auch diesmal wieder Release-Listen und Blogs durchforstet, um die spannendsten neuen Platten aus und zu Berlin zusammenzustellen. Dies sind unsere Highlights im September…

Wie jeden Monat haben wir auch diesmal wieder Release-Listen und Blogs durchforstet, um die spannendsten neuen Platten aus und zu Berlin zusammenzustellen. Dies sind unsere Highlights im September…

Romano: Copyshop

© Label
Mit seinen Anti-Hits „Metalkutte“, „Klaps auf den Po“ und der Hood-Hymne „Köpenick“ war Romano anno 2015 der neue Nonsense-Necker und damit auch inoffizieller Nachfolger von MC Weißtenoch Fitti.

Zwei Jahre später ist der Mann, der eigentlich Roman Geike heißt, mit dem Nachfolger des Debüts „Jenseits von Köpenick“ zurück: Auf „Copyshop“ zerlegt Romano erneut Klischees zwischen Großstadtrausch und Ghetto. Das Ganze wirkt weniger revolutionär, und irgendwie reimt sich „Tourizocke“ ja auch auf „Metalkutte“, aber wer die geistlosen Easyjetter so sauber ins Messer laufen lässt, hat sich unseren Respekt auch ohne Revolution verdient – vor allem wenn er dem eine so schön schmierige Schunkelnummer wie „Karl May“ (spielt im Wilden Westen jenseits von Rahnsdorf!) folgen lässt. Schon gut, der Mann!

Beatsteaks: Yours 

© Paul Gärtner
Sattes Programm: 21 Nummern stark ist „Yours“, das neue Album von unseren liebsten Punkrocknrollern, den Beatsteaks. Genug Zeit gelassen haben sich die Männer ja, mehr als drei Jahre liegt die selbstbetitelte siebte Platte der Band zurück, die Best-Of „23 Singles“ von 2015 mal außen vor gelassen. Nun also Album Nummer Acht, das man als Mixtape verstanden wissen möchte: „Wenn man früher Mixtapes aufgenommen hat, klang ja auch nicht jeder Song gleich“, so Frontmann Arnim Teutoburg-Weiss. „Manche waren leiser, andere lauter, man hat Lieder aus unterschiedlichen Genres vereint. So wollten wir es auch mit diesem Album machen.“

Verrenkungen muss man nun aber nicht erwarten, die Ur-Berliner verlassen sich auch hier im Wesentlichen auf ihren unbedingt festivaltauglichen Party-Punk-Rock, der sich etwa bei ihrem Lollapalooza-Headliner-Slot Mitte September bestens gemacht hat – Abstecher in Richtung Reggae, Surf und Pop inklusive. Wenn die Beatsteaks etwa auf „Velosex“ mit Stereo Total anbandeln, ist das kein provozierter Genre-Clash, sondern einfach großes Hauptstadt-Kino. Schräger ist da schon die Koop mit Deichkind auf dem angerappten „L auf der Stirn“, aber bei einer saftigen Sause kann man sich ja auch mal was erlauben.

Tricky: Ununiform 

© Sebastian Pielles
And now for something completely different, um es mal mit Monty Python zu halten – größer könnte der Kontrast zwischen den aufgeräumten, bestgelaunt daherrumpelnden Beatsteaks und dem verkopften Trip-Hop-Tripster Adrian Nicholas Matthews Thaws alias Tricky ja kaum sein. Der Brite, einst Mitglied im erweiterten Kollektiv der legendären Massive Attack, lebt seit drei Jahren mehr oder weniger unbemerkt in Berlin und hat für „Ununiform“ den in alle Richtungen schießenden Chaos-Sound unserer geliebten Stadt beobachtet, reflektiert, gebrochen und neu zusammengebaut.

Beattronics jeder Farbe und Façon bilden die Basis, natürlich, aber viel Soul ist auch drin (zum Beispiel in den rau raunenden Vocals von Dauer-Partnerin Francesca Belmonte auf „New Stole“) und Sex sowieso, etwa im schwindlig machenden Asia Argento-Duett „Wait For Signal“ oder im roughen Slow-Mo-Quickie „It’s Your Day“. Nachdem man lange nicht so recht gewusst hat, was der Mann eigentlich in Berlin treibt, ist jetzt klar: Er hat mal wieder das beste Album seiner Karriere angeschoben.