High-End Comedy-Elektro I Gitarrenpop für Ausgeschlafene I Atmosphärische Dynamik-Trips I Beats-meets-Stimme-Kollabo deluxe I Querbeet-Rotzpop 5 x neue Musik aus Berlin: Tomas Tulpe, Die Höchste Eisenbahn, Rafael Rikou, Miss Platnum & Bazzazian, Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen

Wie jeden Monat haben wir auch diesmal wieder Release-Listen und Blogs durchforstet, um die spannendsten neuen Platten aus und zu Berlin zusammenstellen. Dies sind unsere Highlights im August …

Wie jeden Monat haben wir auch diesmal wieder Release-Listen und Blogs durchforstet, um die spannendsten neuen Platten aus und zu Berlin zusammenstellen. Dies sind unsere Highlights im August …

Tomas Tulpe – Der Mann Im Pfandautomat

© Oliver Rath
In Zeiten, in denen Musiker mehr und mehr auf die Barrikaden gehen und mit erhobenen Zeigefingern und nachdenklichem Kunstgut auf globale und gesellschaftliche Missstände hinweisen, tut ein quirliger Einschub aus der gehobenen Quatschmusik-Abteilung zwischendurch mal ganz gut. Einer der diesbezüglich ganz oben auf dem Treppchen steht hört auf den Namen Tomas Tulpe. Auch auf seinem vierten Studioalbum lässt der „Iggy Pop vom Ostkreuz“ nicht locker. Im Hochsommer 2019 kämpft Tomas Tulpe mit „Botox im Bauch“ und „Gebäck im Gepäck“. Helfen tut ihm dabei „Der Mann im Pfandautomat“ und ganz viel liebevoll arrangierte Elektro-Hausmannskost. Das alles sorgt definitiv für „Freude im Gebäude“. Törö. Und Applaus!

Die Höchste Eisenbahn – Ich Glaub Dir Alles

© Joachim Gern
Luftig locker, retroesk trocken und verfeinert mit lieblichen Harmonien und zappeligen Gitarrenpop-Vibes: Das neue Die Höchste Eisenbahn-Studiowerk ist ein musikalisches Wimmelbuch ohne Anfang und Ende. Soundtechnisch von Regler-Guru Moses Schneider erfrischend unbekümmert in Szene gesetzt, jonglieren die zwölf Tracks des Albums mit den großen Fragezeichen des Lebens. Es geht ums Ballonfahren, die Kunst des Be- und Entkleidens und um das Pendeln zwischen Aufregung und Angst. Die Herren Krämer, Wilking und Co präsentieren sich in der Form ihres Lebens. „Hallo. Wie geht es dir?“, fragt eine Frauenstimme zu Beginn auf Kantonesisch. Liebe Frau, ihr Ernst? Nach diesem 45-minütigen Pop-Trip könnte es einem kaum besser gehen.

Rafael Rikou – „Colori Del Fumo“

© Esteban
Der Wahl-Berliner Rafael Kirikou alias Rafael Rikou liebt es wenn Musik „lebendig, dynamisch, dramatisch und ohne strikten Aufbau“ daherkommt. Die Mixtur aus großen Gefühlen und intensiver Spielfreude, gepaart mit melancholischer Mystik bestimmt auch auf seinem neuen Studioalbum „Colori Del Fumo“ das Geschehen. Dabei spielt der einzelne Song in puncto Eckpfeiler nur eine untergeordnete Rolle. Rikous Melange aus eindringlichen Gesangslinien und erwärmenden Elektro-Sounds beeindruckt vielmehr als großes Ganzes. „Colori Del Fumo“ ist in sich stimmig, von der ersten bis zur letzten Minute fesselnd und auch nach dem dritten Durchlauf noch so erfrischend wie ein kühlender Cocktail an der Strandbar. 

Miss Platnum & Bazzazian – The Opera

© Hagen Wolf
Nach zwei deutschsprachigen Erfolgsalben („Glück Und Benzin“, „Ich War Hier“) widmet sich Miss Platnum wieder der englischen Sprache und zündet gemeinsam mit Produzenten-Ikone Bazzazian ein wahres Feuerwerk der Emotionen. Auf einem Fundament aus mächtigen Hip Hop-Beats und wabernden Synthiewänden lädt die markante Stimme der Hauptprotagonistin wahlweise zum emotionalen Gruppenkuscheln oder zur feurigen Groove-Party. „Lelele“ bringt nicht nur Berliner Dancefloors zum Beben. „Rainbow Jesus“ bricht eine Lanze für gehobene Autotune-Kunst. Und „Fresh Start“ ist ein dramatischer Sechs-Minuten-Finisher mit Tiefgang. „The Opera“ ist ein Juwel geworden – ein deutschstämmiges Pop-Ausrufezeichen mit internationalem Anstrich.

Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen – Fuck Dance, Let’s Art!

© Martin Morris
Das Rock’n’Roll-Schema als Fundament, ganz viel Pop, der eine oder andere Gruß aus der Schnodder-Abteilung und ganz viel Hier-und-Jetzt-Poesie für Matratzenliebhaber, HSV-Fans und nimmermüde Stehaufmännchen: Das neue Studiowerk aus dem Liga-Kosmos ist ein wahres Freudenfest für charakterstarke Schattengestalten. Abermals heftet sich das zwischen Hamburg und Berlin pendelnde Liga-Kollektiv an die imaginären Fersen des großen Handmade-Einmaleins und beindruckt mit simplen aber durchweg nachhaltigen Einwürfen aus den Bereichen Folk-Rock, Uptempo-Doo-Wop und „Northern-Soul-Disco-Pop“. Tanzbar ist hier fast alles. Und ein bisschen durchgeknallt sowieso. So kennt und liebt man die „Gentlemen“.