vielfältiges Musikprogramm im Haus der Kulturen der Welt 7 Fragen zum Wassermusik Festival 2016 im HKW

In seiner jüngsten Auflage widmet sich das Kulturfestival Wassermusik am Haus der Kulturen der Welt dem vielfältigen Kulturkreis der „anderen Karibik“.

In seiner jüngsten Auflage widmet sich das allsommerliche Kulturfestival Wassermusik am Haus der Kulturen der Welt (HKW) dem ungemein vielfältigen Kulturkreis der „anderen Karibik“ abseits der Epizentren Havanna und Kingston. Ein erster Eindruck gefällig? Im Musikprogramm erwarten uns unter anderem Champeta, Mambo-Punk, Steel Pan Jazz, Konpa, Mini Djaz und Zouk. Bereit, Neues kennen zu lernen? Wir haben Detlef Diederichsen, Bereichsleiter Musik und Performing Arts am HKW, sieben Fragen zum Festival gestellt …

1. Warum ist in diesem Jahr die Wahl auf „die andere Karibik“ als Leitidee von Wassermusik gefallen?

© Wassermusik PR
Aus verschiedenen Gründen: Es gibt einige interessante Neuent- wicklungen in der Karibik, einige Wiederentdeckungen und des- halb wurden uns auch verstärkt interessante Künstler aus der Karibik angeboten. Darüber hin- aus arbeiten wir ja immer gerne gegen Klischees und Stereotypen an, und die übliche Reduzierung karibischer Musik auf die Hervor- bringungen Jamaikas und Kubas hat mich schon lange gestört. Die Karibik war reif!

2. Wie seid ihr bei der Recherche für die diesjährige Festivalausgabe vorgegangen, wo lagen Ausgangs- und Anknüpfungspunkte?

Ganz unterschiedlich. An einigen der Themen sind wir schon seit längerer Zeit dran: Calypso Rose wollte ich einladen, seit ich sie 2006 zum ersten Mal live gesehen habe, genauso Systema Solar, die ich zum ersten Mal 2010 in Bogotá live erleben konnte. Das Thema Country-Musik aus St. Lucia beschäftigt uns ebenfalls schon seit einigen Jahren, umso mehr freuen wir uns, dass wir mit L. M. Stone den wichtigsten Vertreter dieser Szene verpflichten konnten. Tom McDermott war ein Tipp von Van Dyke Parks, der im künstlerischen Beirat des HKW sitzt, und als uns die Abschiedstournee von Ernest Ranglin angeboten wurde, bei der ihn mit Tony Allen und Cheikh Lô zwei weitere Freunde des Hauses begleiten, konnten wir natürlich nicht nein sagen.

3. Wodurch setzt sich diese 3 „andere Karibik“ gegebenenfalls von den gemeinhin populären Kulturkreisen Jamaikas und Kubas ab?

Sie setzt sich nicht ab, aber Jamaika und Kuba sind eben nur zwei Bestandteile eines großen Ganzen. Musikalisch ist die Karibik schon seit langer Zeit extrem produktiv und auch einflussreich. Cole Porter komponierte seinen Evergreen „Begin The Beguine“ 1935, da war ganz Paris schon seit Jahren verrückt nach dieser Musik. Calypso war in den USA der 1950er-Jahre nach Rock’n’Roll die zweitpopulärste Musik. Der karibische Kulturraum, der nicht nur aus den Inseln besteht, sondern zu dem man das angrenzende Festland, also ganz Mittelamerika, den Norden Südamerikas und den Süden der USA – vor allem New Orleans – hinzurechnen muss, pflegte immer einen regen Ideenaustausch, auch über die Sprachgrenzen hinweg und es ist insofern sinnvoll, ihn als Ganzes zu sehen.

4. Welche Rolle spielt der karibische Kulturraum in Deutschland bzw. Berlin?

Deutschland liebt Ska, Reggae und verwitterte Kubaner, der Rest sind Spezialistenthemen. Die Crate Digger horchen natürlich auf, wenn bei Strut oder Heavenly Sweetness Compilations mit Rare Groove aus Haiti und Guadeloupe erscheinen, aber der Normalhörer 7 kennt selbst Merengue und Calypso nur vom Hörensagen und denkt bei Letzterem an Harry Belafonte – der ein Jamaikaner ist, dessen „Calypsos“ in Wahrheit größtenteils aus dem jamaikanischen Mento-Repertoire stammen.

5. Habt ihr euch im Vorfeld mit der karibischen Community Berlins auseinandergesetzt und Erkenntnisse bewusst im Programm reflektiert?

Die karibischen Communities in Berlin sind mikroskopisch klein, was unter anderem an der Sprache liegt: Neben den Kreolsprachen wird in der Karibik vor allem Spanisch, Französisch und Englisch gesprochen, weswegen es Migranten vorwiegend in die Länder dieser Sprachräume zieht. Aber wir kennen natürlich die in Berlin ansässigen karibischen Musiker und freuen uns, mit Bituin eine hochinteressante neue Band aus dieser Szene präsentieren zu können.

6. Auf welchen Themen liegt 6 in Film- und Lesungsprogramm der Schwerpunkt?

© Velaquia Estudio
Auf Martinique und Haiti, dem Martinique der Post-Glissant-Ära und Haiti, dem durch brutale Diktatoren und diverse Naturkatastrophen schwer gebeutelten Land. Mit Patrick Chamoiseau und Louis Philippe Dalembert haben wir zwei Autoren von Weltgeltung eingeladen, die aus ihren Werken lesen und sich anschließend im Gespräch dazu äußern werden.

7. Im HKW finden derzeit umbau- und Modernisierungsarbeiten statt. in- wiefern wirkt sich das auf Wassermusik aus? Und: Welche Verbesserungen darf man ganz generell insbesondere fürs Musikprogramm des HKW durch die Arbeiten erwarten?

Letztes Jahr haben wir das Dach saniert und mussten deswegen für die Open-Air-Konzerte auf die Wiese vor dem HKW umziehen. In diesem Jahr können wir aufs Dach zurück, können allerdings bei Regen nicht wie sonst üblich die Veranstaltungen in der Ausstellungshalle stattfinden lassen, da dort gearbeitet wird. Statt dessen gehen wir ins Restaurant, das allerdings leider etwas kleiner ist. Das heißt, dass wir den Vor- verkauf nunmehr schon bei 800 verkauften Tickets stoppen müssen, da man ja nicht weiß, wie sich das Wetter entwickelt. Wenn das Wetter gut ist, gibt es also bei bis dahin ausverkauften Konzerten am Veranstaltungstag noch mal jede Menge Karten.