Frans Zimmer aka Alle Farben: "Die Melodie steht bei mir immer im Vordergrund" Alle Farben im Interview über ein fehlendes Atelier und die große Kehrseite

Am 4. Dezember 2015 kommt Alle Farben mit seiner 6-Stunden-Session ins Astra Kulturhaus. Vorab sprachen wir mit dem Berliner darüber, was ihm im Leben am meisten kostet und wie er von der Konditorei zum DJ-Pult kam.

Am 4. Dezember 2015 kommt Alle Farben mit seiner 6-Stunden-Session ins Astra Kulturhaus. Vorab sprachen wir mit dem Berliner darüber, was ihm im Leben am meisten kostet und wie er von der Konditorei zum DJ-Pult kam. 


© Konrad Schmidt
Wie kam es denn bei dir zum Musikmachen? Nach der Oberschule wolltest du ja zunächst Malerei in Berlin studieren, hast 1,5 Jahre eine Ausbildung zum Grafikdesigner gemacht und anschließend unter anderem gute drei Jahre als Konditor gearbeitet …
Ich habe schon immer Musik gesammelt und mich damit auseinandergesetzt. Ich hab einfach immer schon was Kreatives gemacht, auch als Konditor – da gab es dann eben nicht einfach nur einen Apfelkuchen. Ich glaube da bin ich mittlerweile über meine Grenzen gekommen und habe festgestellt, dass ich mich mit Musik einfach mehr ausleben kann. Als ich begonnen habe mit der Musik, habe ich mich eher mit gitarrenlastiger Musik auseinandergesetzt. Ich habe mich mit vielen Musikrichtungen beschäftigt und damit einen guten Überblick gehabt. Das hat sich dann vom Hobby heraus emanzipiert zu dem Punkt, dass ich mir sagte, dass ich selber Musik machen will.

Digital oder Vinyl?
Ich habe mit Vinyl angefangen und habe anfänglich 5,5 Jahre nur mit Vinyl gespielt. Mittlerweile spiele ich zwar immer noch mit zwei Plattenspielern, aber mit dem Laptop dazu, da es auch nicht mehr alles auf Vinyl gibt und ich neue Sachen ausprobieren will.

Wie würdest du deine Musik beschreiben?
Ich denke, dass bei mir die Melodie immer der wichtigste Punkt ist.

Denkst du, das ist auch der Grund, warum deine Musik so massentauglich ist? „She Moves“ (vom Album Synthesia) hat es ja sogar ziemlich schnell in die Radios geschafft …
Gerade „She Moves“ war einfach auch ne relativ poppige Nummer. Ich denke auch nicht, dass ich von vornherein massentaugliche Musik mache, sondern dass viele Menschen einfach großen Spaß haben an der Melodie. Damals wie heute – die Melodie steht bei mir immer im Vordergrund.

Wie schwer haben es Genres wie Techno? 
Natürlich gibt es viele Leute, die klassischen Techno hören, doch bleibt es ein relativ kleines Sub-Genre. Ich denke, Techno hat es deswegen schwer, weil es viel mit Drogen in Verbindung gebracht wird. Deswegen hören es vielleicht einige Leute kategorisch einfach nicht. Dennoch bin ich mir sicher, dass Techno ein Genre ist, welches noch viel mehr Leuten gefallen würde. Die meisten werden einfach nur nicht reinhören.

Hast du das Gefühl, dass das Publikum anspruchsloser geworden ist und sobald der Bass dropped alle einfach nur noch die Hände hochreißen?
Ich denke nicht – eher im Gegenteil, da sich heutzutage viel mehr Leute mit elektronischer Musik auseinandersetzen. Und es dadurch auch viele Geschmäcker gibt und viele Leute, die einen gewissen Geschmack manifestieren und speziell zu einem Act gehen. Das war nicht immer so.

Du bist im Dezember mit 6-Stunden-Sessions unterwegs. Bereitest du dich darauf anders vor?
Da bereite ich mich tatsächlich anders vor als sonst, da ich Live-Musiker mit auf der Bühne habe. Alle Stunde wird ein Highlight mit einem dieser Musiker kommen. 
Graham von She Moves wird dabei sein, ein Trompeter und ein Geiger.

Ist das nicht super stressig, in der Weihnachtszeit so ne sechs Stunden durchzuziehen?
An Weihnachten selbst bin ich ja zu Hause. Und nach zwei Tagen mit der Familie, ist es ja dann auch ganz nett, wieder was zu tun zu haben (lacht). 

Ist das die größte Kehrseite der Branche – das nicht-kontinuierlich-Zuhause-sein?
Fluch und Segen: Ich darf und muss immer rumreisen. Das ich so oft weg bin, das kostet mich auf jeden Fall am meisten im Leben. Wenn die Freunde am Wochenende mal was zusammen machen, bin ich meistens nicht da. Das Privatleben aufrecht zu halten, eine Beziehung zu führen … das ist schwierig, weil die meisten Menschen doch unter der Woche arbeiten, ich aber immer die Wochenende weg bin.

Hat der Name Alle Farben etwas mit deiner „Kunstgeschichte“zu tun?
Tatsächlich. Ich hieß anfangs Hundert Farben wegen Hundertwasser – zu der Zeit war ich ein großer Fan von ihm. Zudem fand ich es schön, die Brücke zur Malerei zu haben.

Bist du zur Zeit noch malerisch aktiv?
Sehr wenig leider. Wegen der Zeit … Doch mir fehlt zum Beispiel auch ein Atelier. Vor allem waren es nämlich immer Großformate, die mich total mitgenommen haben. Und hat man kein Atelier, so müsste man dann konsequenterweise auf sein Wohnzimmer verzichten (lacht). Das geht ja auch nicht so einfach. So ne 2 Meter Leinwand im Wohnzimmer …

Und was sind deine nächsten Pläne?
Ich arbeite gerade an einem zweiten Album – da steckt viel Zeit drin. Und die Tage bin ich auf Tour mit Younotus. Wir haben auch zusammen ne EP gemacht. Ich werde glaube weiterhin mit denen noch was machen, die Zusammenarbeit hat mir sehr gut gefallen. Im Frühjahr wird ein wenig in Südostasien getourt und auch erholt. Zudem bin ich für die Festivalsaison nächstes Jahr schon fast ausgebucht. 

Gibt es ein Lieblingsfestival 2015?
Auf jeden Fall das Melt! und das Dockville Festival.

Gibt es indirekt oder direkt eine Message, die du den Menschen mit deiner Musik mit auf den Weg geben willst?
Puuhh …Was es bei mir auslöst, ist Freude. Und ich glaube, die versuche ich auch zu teilen. Auch bei traurigen Liedern – die können dich paradoxer Weise auch glücklich machen. So wie bei Liebeskummer ein Herzschmerzlied hören.

www.alle-farben.com