Berlin-Filme: die heimliches Stars der Berlinale 2017 Berlinale-Nachlese: Die schönsten Filme, in denen Berlin selbst eine Hauptrolle spielt.

In diesem Jahr gab es Filme aus 72 Ländern bei der Berlinale zu sehen. Erstaunlich viele davon spielten in der Hauptstadt. Aber was für ein Berlin ist das eigentlich?

© 2017 Constantin Film Verleih GmbH/Fogma
In diesem Jahr gab es Filme aus 72 Ländern bei der Berlinale zu sehen. Erstaunlich viele davon spielten in der Hauptstadt. Aber was für ein Berlin ist das eigentlich?

Von Christina Heuschen

Von „Berlin – Sinfonie der Großstadt“ aus dem Jahr 1927, der einen Tag im Berlin der Goldenen Zwanziger beschreibt über die „Bourne Verschwörung“ bis hin zu „Viktoria“, einem Film über eine bewegte Nacht in Berlin, der 2015 einen Silbernen Bären für die beste Kamera gewann: Immer wieder zieht Berlin die Filmindustrie in ihren Bann. Die Stadt verspricht interessante Drehorte, Motive und ist häufig selbst das Thema im Film. Kein Wunder, dass die Hauptstadt regelmäßig selbst eine Rolle in Filmen spielt.

„Tiger Girl“von Jakob Lass

So auch im neuen Film von Jakob Lass. „Tiger Girl“ erzählt von zwei jungen Frauen, die sich ihr Leben so gestalten, wie es ihnen gefällt. Margarete, die bei der Polizei durch die Prüfung gefallen ist, beginnt eine Ausbildung beim Sicherheitsdienst. Eines abends trifft sie zufällig auf Tiger. Die beschließt, dass Margarete nichts bei einem aufdringlichen Typen verloren hat und nimmt sie im Taxi mit. Kurzerhand lenkt sie das Leben von Margarete, die sie Vanilla tauft, radikal in andere Bahnen. Tigers Meinung: „Höflichkeit ist auch eine Art Gewalt, Gewalt gegen dich selbst!“ Vielleicht hat Jakob Lass Berlin genau deshalb als Kulisse gewählt. Gilt die Stadt doch als jung und hipp, als Ort an dem jeder machen und sagen kann, was er will. Und so sieht der Zuschauer die beiden Frauen auch vor der typischen Berliner Filmkulisse: in der Friedrichstraße, in der U-Bahn und natürlich in Altbauten.

Wie in Lass‘ Erfolgsfilm „Love Steaks“ sind die Dialoge dabei zum größten Teil improvisiert, das Drehbuch ist vage und die Kamera wackelt leicht. Kämpfe im „Kill Bill“-Stil unterbrechen diesen Stil immer wieder. Improvisation, Kampfszenen und schnodderige Sprüche: Genau das macht den Film aus. „Tiger Girl“ ist ein Film, bei dem der Zuschauer nie so genau weiß, was als nächstes passiert. Genau wie in Berlin.

„Denk ich an Deutschland in der Nacht“ von Romuald Karmakar

© Arden Film
Ganz anders im Film „Denk ich an Deutschland in der Nacht“. In seinem neuesten Dokumentarfilm zeigt Romuald Karmakar die Welt der elektronischen Musik: Fünf DJs erzählen von ihrer Arbeit und wie sich die Musik seit den 1990ern entwickelt hat – gleichzeitig zeigt Karmakar ein davon geprägtes Berlin. Elektronische Musik wird hier zur Berliner Marke. Denn vom Berliner Club ://about blank bis zum Wahlberliner und DJ Ricardo Villalobos: Immer wieder tauchen bekannte Größen der Berliner Elektroszene im Film auf. Dabei lässt er vor allem die Musik und ihre Macher selbst sprechen. Lange und ruhige Kameraeinstellungen, wenig Schnitte und ohne Kommentare aus dem Off ziehen den Zuschauer in den Film. Und so kann man vielleicht ein bisschen mehr verstehen, was an dem Hype um die Elektroszene in Berlin dran ist.

„Mein wunderbares West-Berlin“ von Jochen Hick

© Wilfried Laule
Partys zeigt der Film „Mein wunderbares West-Berlin“ zwar auch, doch der Film ist um einiges nachdenklicher und vor allem politischer. In seinem neuesten Dokumentarfilm nimmt Jochen Hick den Zuschauer mit ins Berlin zwischen Zweitem Weltkrieg und Mauerfall. Ähnlich wie in seinem Film „Out in Ost-Berlin“ erkundet der Berliner Regisseur queere Lebenssituationen – dieses Mal auf der anderen Seite der Stadt. In Interviews erzählen die Protagonisten von damals, bekannte politische Aktivisten, ehemalige Clubbesitzer oder Modedesiger, von ihrem Leben in der schwulen Community, dem Entstehen der „Homosexuelle Aktion Westberlin“ (HAW) und ihrem Kampf gegen den Paragrafen 175. Illustriert werden diese Berichte durch noch nie gezeigtes Filmmaterial. Und so sieht der Zuschauer anhand von Bildern aus Schöneberg, legendären Schwulenbars oder Berliner Kennzeichen wie der Siegessäule sowie dem ehemaligen Flughafen Tempelhof, wo genau für die persönliche Freiheit gekämpft wurde. Jochen Hick zeichnet dabei ein präzises politisches, aber auch ein sehr persönliches Bild von Berlin.

Infos: Wer die Filme im Kino sehen möchte, der hat schon bald die Gelegenheit dazu: „Tiger Girl“ wird ab dem 6. April 2017 und „Denk ich an Deutschland in der Nacht“ am 11. Mai 2017 im Kino zu sehen sein. Ein konkreter Zeitpunkt für den Start von Jochen Hicks Film „Mein wunderbares West-Berlin“ steht noch nicht fest.