Including Gay Rugby „Einmal Bruiser, immer Bruiser“

Vielleicht habt ihr sie schon auf dem Tempelhofer Feld trainieren gesehen – die Rugybspieler von Berlin Bruisers. Rugbydaddy Adam Wide erklärt, was sie zu einem besonderen Verein macht.

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Weltweit gibt es rund 60 Gay Rugby Clubs, vor allem in den traditionellen Rugbynationen. 2012 haben Adam Wide und einige andere Expats in Berlin die Berlin Bruisers gegründet, Deutschlands ersten Gay Rugby Club. „Gay“ haben sie gegen „inkludierend“ getauscht, denn es spielen immer mehr Heterosexuelle bei den Bruisers mit. Wir waren zu Besuch und haben mit Adam Wide gesprochen, dem „Rugby Daddy“ der Berlin Bruisers

Man kann euch auch im Winter auf dem Tempelhofer Feld trainieren sehen – ist das nicht ein bisschen kalt?

Die Rugbysaison hat gerade erst begonnen! Das gehört ja zum großen Spaß am Rugby, bei Wind und Wetter draußen zu sein, wir trainieren auch bei minus 15 Grad. Unser erstes Spiel überhaupt haben wir auf dem Tempelhofer Feld gegen die irischen Emerald Warriors bestritten. Am Ende hatten wir blutig geschürfte Knie vom Eis auf dem Feld, aber es war großartig. Vor allem, wenn man an unsere Anfänge denkt: ein Haufen Typen, die sich im Tiergarten die Pille zuwerfen. Nur sechs von uns hatten Rugbyerfahrung, aber unterdessen sind wir ein vollständiges Team und spielen in der Regionalliga. Keine Frage, wir müssen unser Spiel verbessern, um gegen etablierte Teams bestehen zu können. Es war am Anfang etwas frustrierend, gegen überlegende Teams anzutreten. Aber sie respektieren uns zu 110 Prozent, weil sie sehen, dass wir Rugby genauso ernst nehmen und lieben wie sie.

Wie sind die Berlin Bruisers entstanden?

2012 waren unsere Jungs Davey und Lukas bei einem Freund in Brüssel, der dort bei dem schwulen Team „Straffe Ketten“ spielt. Er fragte, warum es kein Team in Berlin gäbe – damit war die Idee geboren. Davey schaute sich in der schwulen Berliner Expatsgemeinde um. Innerhalb kürzester Zeit waren wir 20 Männer, die sich jeden Samstag zum Rugby im Tiergarten trafen. Wir frischten unsere eingerosteten Rugbykenntnisse auf, wichen Schlaglöchern und Touristen aus. Bald war klar, dass wir ein Verein werden wollten. Wir wollen beim Rugby unser Bestes geben, aber nicht nur da, sondern auch in Berlin und im Sport generell gegen Diskriminierung kämpfen. Dafür stehen wir, und wir entwickeln gerade ein eigenes Antimobbing-Programm für Schulen, bei dem wir den Jugendlichen die Botschaft mitgeben, dass man als Team immer stärker ist als alleine.

Du trägst den Spitznamen Rugby-Daddy, also bist du wohl der richtige, um zu erklären, was den familiären Spirit der Bruisers ausmacht …

Es gilt das Motto „Einmal Bruiser, immer Bruiser“. Ich schätze, als das älteste Mitglied der Bruisers war der Spitzname unvermeidlich. Als Rugby-Daddy muss ich dem ganzen aber manchmal auch den Stoß in die richtige Richtung geben. Wir haben viele attraktive Männer bei den Bruisers und eines der frühen Probleme war, dass viele Neue dazukamen, die den Verein als Partnerbörse angesehen haben. Die Regel „Don‘t screw the crew“ war daher unvermeidlich, Teamwerte musste festgelegt werden. Für all sowas bin ich dann zuständig, aber wir verteilen die Aufgaben. Etwa den Kampf mit der deutschen Bürokratie, der einem bevorsteht, wenn man einen Sportverein gründen will. Sponsoren mussten gefunden werden. 

Es gibt viele Gay-Rugbyteams auf der Welt, ihr nennt euch aber unterdessen offiziell nicht mehr gay, sondern inkludierend. Warum?

Die Bruisers wurden auch gegründet, weil viele Spieler in rein heterosexuellen Teams immer wieder Diskriminierungserfahrungen gemacht haben. Es wäre jedoch heuchlerisch, jetzt im Gegenzug keine Heteros bei uns spielen zu lassen. Wir verstehen uns als hetero-friendly. Von den 40 festen Spielern bei uns sind fünf heterosexuell, sie teilen unseren Spirit und verfolgen mit uns gemeinsam das Ziel, in einer menschlichen Atmosphäre Rugby zu spielen.

Dürfen denn Frauen auch mitmachen? 

Nichts würde uns mehr mit Stolz erfüllen als ein eine Bruisers-Frauenmannschaft zu gründen. Dank einiger bizarrer Regeln, die mit Versicherungsschutz zu tun haben, dürfen Frauen nicht gemeinsam mit uns an Ligaspielen teilnehmen. Das ist so ein Unsinn – einige der Spielerinnen, die wir getroffen haben, lassen dich auf dem Rücken im Matsch liegend zurück, während sie über die Ziellinie stürmen und punkten … Aber zum Training sind alle Frauen herzlich willkommen. Sobald wir die kritische Masse von 20 Spielerinnen haben, könnten wir ein Bruisers-Frauenteam gründen. 

Was ist der schönste Moment, den du mit den Bruisers geteilt hast?

Diese Frage kann ich unmöglich beantworten, es waren so viele. Vielleicht der Moment, als wir ins Guiness Buch der Rekorde aufgenommen wurden, weil wir mit 247 Pässen weltweit die Mannschaft mit den meisten Pässen in drei Minuten sind? Oder als wir unser erstes Spiel bei einem internationalen Turnier in Bristol gewonnen haben? oder als wir mit dem internationalen Rugby-Star Gareth Thomas bei unserem Turnier in Berlin auf dem Spielfeld standen? Unvergessen ist mir mein 60. Geburtstag, als 40 Bruisers für mich gesungen haben. Da blieb kein Auge trocken und ich war echt am Boden zerstört. 

Was sind die Ziele für die Zukunft der Bruisers? 

Wir müssen endlich einen festen Vereinsplatz fürs Team bekommen, aber die Mühlen der Berliner Verwaltung mahlen langsam und die Plätze sind stark belegt. Nächstes Jahr werden wir in Berlin wieder das große internationale Turnier „Bash About“ veranstalten, bei dem 200 schwule und nichtschwule Männer aus der ganzen Welt anreisen, um zwei Tage Rugby zu spielen und miteinander zu feiern.

Infos Berlin Bruisers: Zum Training ist jeder eingeladen, egal welchen Geschlechts, sexueller Orientierung oder Alter. Alle Infos unter: www.berlinbruisers.com

Infos zur Person: Adam Wide war zuvor Creative Director bei Guiness World Records, jetzt glücklich, den Ruhestand zu genießen.