Das Regiedebut von Joel Edgerton Filmkritik: The Gift – Geschenke sind nicht immer willkommen

Ein Highschool-Tyrann und sein Opfer treffen nach 15 Jahren wieder aufeinander.

Was passiert, wenn ein Highschool-Tyrann und sein Opfer nach 15 Jahren wieder aufeinander treffen? Diese Frage hat sich Joel Edgerton (Exodus, Der große Gatsby) gestellt und in der Antwort offenbar die Grundlage für einen Psychothriller gefunden. Denn der Grat zwischen harmlosen Streichen und Schikane ist oft schmal. Was für den einen nur ein dummer Spaß war, das hat der andere vielleicht nie verwunden.

Handlung:

© Paramount Film
Simon Callen (Jason Bateman) ist erfolgreich im Job und hatte mit seiner wunderbaren Frau Robyn (Rebecca Hall) offenbar auch Glück in der Liebe. Als die beiden, um nach einem schweren Schicksalsschlag neu anzufangen, in Simons alte Heimatstadt ziehen, treffen sie dort auf Simons alten Schulkameraden Gordo (Joel Edgerton). Man schüttelt Hände, tauscht Telefonnummern und verspricht sich zu treffen. Bald schon beginnt Gordo, kleine Geschenke vor der Tür zu hinterlassen und unangemeldet vorbei zu schauen. Nachdem Simon versucht hat, die recht einseitige Freundschaft zu beenden, finden die Callens bald ihre Fische tot im Teich, der Hund verschwindet und Robyn fühlt sich im Haus beobachtet. In ihr wachsen Zweifel, ob diese plötzliche Feindseligkeit nicht tieferliegende Gründe hat. Und tatsächlich scheint Simons und Gordos Verhältnis während der Schulzeit alles andere als freundschaftlich gewesen zu sein.

Traumhaus, Traumjob, Traumfrau – was kann da schon schief gehen?

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Daran, wie schwer es ist, in einem Haus mit großen Fensterfronten so zu tun, als sei man nicht zu Hause, verschwenden Simon und Robyn noch keinen Gedanken, als sie sich von der aufgeregten Maklerin mit quietschender Stimme das neue Traumhaus erklären lassen. Auch als sie Gordo in einem Einrichtungsgeschäft das erste Mal über den Weg laufen, ist peinlicher Smalltalk zunächst das Erschreckendste an der Situation. Doch schon mit dem ersten unangemeldeten Besuch des neuen alten Freundes breitet sich ein gewisses Unbehagen aus. Dass Robyn diese Aufdringlichkeiten noch so lange als zuvorkommende Gesten betrachtet, lässt sich nur durch blinde Naivität erklären. Dennoch scheint Gordo zunächst nur unangenehm, nicht aber gefährlich zu sein.

Beim gemeinsamen Dinner wird schnell deutlich, dass die Zeit in der Highschool das einzige zu sein scheint, was Gordo und Simon verbindet. Dementsprechend müssen wir auch später noch viel peinlichen Smalltalk ertragen und sind ebenso froh wie Simon und Robyn, als das Essen endlich vorüber ist.

Du bist fertig mit der Vergangenheit, aber die Vergangenheit nicht mit dir

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Dass sich zumindest Simon seit dieser Zeit nicht großartig weiterentwickelt zu haben scheint, macht er bald deutlich, indem er unaufhörlich mit Nachbarn und Kollegen über „Gordo the Weirdo“ lästert. Die Fronten beginnen sich zu verschieben, denn selbst als Gordos „kleine Aufmerksamkeiten“ schon zu exzessivem Stalking ausgewachsen sind, treten an Simon immer mehr unangenehme Charaktereigenschaften zu Tage, sodass man nicht mehr sicher sein kann, wer eigentlich der Böse in der Geschichte ist. Auch Robyn verliert immer mehr das Vertrauen und versucht herauszufinden, was genau damals zwischen ihrem Mann und Gordo vorgefallen ist. Und was sie findet, mein lieber Junge, das ist nicht hübsch.

Als Gordo seine Psychospielchen schließlich auf die Spitze treibt, macht er einen Schachzug, den man ihm nicht zugetraut hätte. Das macht ihn allerdings nicht zum gelungenen, unerwarteten Handlungstwist, sondern schlicht unglaubwürdig. So bleibt am Ende des Films Simons Figur mit einem mulmigen Gefühl im Magen und einer quälenden Frage zurück, wir aber nur mit einem gleichgültigen Schulterzucken.

Fazit

Joel Edgerton wollte sich mit seinem Werk vom „Master of Suspense“ Alfred Hitchcock inspirieren lassen, doch die Fußstapfen waren zu groß. Ein paar altbackene Horrorfilm-Schreckmomente aus plötzlichen Geräuschen und huschenden Schatten reichen nicht aus, um die Spannung in der doch recht vorhersehbaren Handlung aufrechtzuerhalten. Trotzdem zumindest das Verhältnis von Protagonist und Antagonist ein bisschen tiefgründiger ist, als das normalerweise im Genre der Fall ist, bleibt der Film insgesamt doch ein mittelmäßiger Thriller nach Schema F, den man mal gesehen haben kann, aber nicht muss. Vielleicht hat sich Edgerton auch etwas zu viel vorgenommen, Regie und eine der wichtigsten Hauptrollen zu übernehmen und so seine Vision aus den Augen verloren. Die Story hatte Potential, auch Setting und Cast waren gut gewählt, aber „The Gift“ fehlt einfach der Thrill in Thriller.

Kinostart ist der 26. November 2015