Bei Hertha BSC Lovestory in blau-weiß

Unsere Autorin ist Hertha-Fan und schaute bei ihrem dreimonatigen Praktikum bei ihrem Lieblingsverein hinter die Kulissen. Sie berichtet von ihren Erlebnissen, ganz subjektiv, kitschig und mit blau-weißer Brille.

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Es kribbelt im Bauch, das Herz pocht laut, die Hände schwitzen und sind eiskalt. Alles Anzeichen der Aufregung, in diesem Fall der positiven. Ein bisschen ist es wie Verliebtsein. Genauso fühlte er sich an, mein erster Tag als Praktikantin bei meinem Herzensverein, Hertha BSC.

Als Fußballfan kennt man diese Emotionen: Glück und Leid, Verzweiflung und Gänsehautmomente liegen nahe beieinander. In den drei Monaten in der Online-Redaktion Ende vergangenen Jahres habe ich diese Emotionen intensiver denn je gespürt, bin mit zu Auswärtsspielen durch halb Deutschland gereist und habe meinen Verein von einer ganz anderen Seite kennengelernt.

Die ersten Male sind in einer Liebesgeschichte ja immer die aufregendsten. 

Die ersten Male sind in einer Liebesgeschichte ja immer die aufregendsten. Meine Interview-Premiere mit einem Spieler führte ich mit dem Innenverteidiger Sebastian Langkamp. Ich wollte ihn nach dem Training abpassen, allerdings war ich nicht die einzige, die neben dem Trainingsplatz stand. Auch eine Gruppe von Fans wartete auf ihre Heroen. Die Anhänger hatten es auf Autogramme und Selfies mit Langkamp abgesehen. Mit dem Handy in der Hand, bereit das Interview aufzunehmen, fing ich Langkamp ab. Ich begann gerade zu fragen, „können wir kurz…“, als er schon „Ja, klar!“ sagte, seinen Arm um meine Schultern legte und in Richtung meines Telefons grinste. Ich entsprach wohl so sehr dem Erscheinungsbild des autogramm- und selfiehungrigen Fans (der ich ja auch irgendwie immer noch bin), dass Langkamp sofort auf Autopilot Fanbeglückung schaltete. Als ich das Missverständnis aufklärte, lachte er und gab mir ganz undramatisch ein Interview.

Auf alle Fälle eine bittere Erfahrung machte ich beim Auswärtsspiel in Gelsenkirchen.

Bei meinem ersten Heimspiel gab es keine Verwechslung, alles verlief glatt. Trotzdem war natürlich alles ganz anders als bei meinen sonstigen Olympiastadion-Besuchen. Kein Anstehen am Osttor, ich traf meine Kollegen an der Geschäftsstelle. Von dort aus fuhr uns ein Shuttle in die Katakomben des Stadions und wir gingen auf die Pressetribüne. Meine Aufgabe war es, einen Spielbericht zu schreiben und diesen quasi mit Abpfiff fertig zu haben. Aus einer ganz neuen Perspektive erlebte ich die berauschende Atmosphäre:

Das Stadion war gegen den HSV voll , die Sonne lachte und als die Kurve die Hertha-Hymne sang, hatte wohl nicht nur ich Gänsehaut. Auch das Spiel gab viel zum Berichten her. 3:0 für Hertha – das perfekte Begrüßungsgeschenk für mich! Es ist schon ein gutes Gefühl, wenn „meine“ Jungs gut spielen und gewinnen. Da wird mir schon warm ums Herz. In einer Liebesgeschichte kann es aber nicht immer nur schöne Momente geben. Es gibt auch die, die einen verzweifeln lassen. Es gibt halt nicht nur Aufs, sondern auch Abs.

Auf alle Fälle eine bittere Erfahrung machte ich beim Auswärtsspiel in Gelsenkirchen. Gerade als Hertha-Fan ist man wegen einer Geschichte aus den 70ern, in der Hertha der Sieg in einem DFB- Pokalspiel gegen die königsblauen Schalker im Nachhinein aberkannt wurde, nicht allzu gut auf den Verein zu sprechen. (Gelsenkirchen zog nach seiner Niederlage vor Gericht, da ein Berliner Spieler, der an zwei von drei Toren beteiligt war, in einen Manipulationsskandal verwickelt war und bekam recht, sodass Herthas Sieg als Schalkes Sieg umgewertet wurde. Der Witz bei der Sache war, dass noch viel mehr Korrupte auf dem Platz standen – und zwar nicht nur auf Berliner Seite.) Bis heute haben die Hertha-Fans das den Gelsenkirchenern nicht verziehen, bis heute besteht diese einseitige Rivalität. Es ist sogar verschrien, den Namen des Vereins in den Mund zu nehmen – ich schreibe ihn ja nur und spreche ihn nicht aus.

Anderthalb Stunden im ausgelassenen Gewühl, Spanferkel anschneiden und Buffeteröffnung inklusive.

Wenn dann dieser Verein auch noch in der allerletzten Sekunde der Nachspielzeit den Siegtreffer erzielt, die Spieler und Fans sich feiern, als hätten sie soeben den Weltmeistertitel gewonnen und der frenetische, ohrenbetäubende Jubel durch das Stadion schallt, blutet das blau-weiße Herz schon ein wenig. natürlich waren die Spiele immer aufregend, aber auch im Tagesgeschäft in der Hertha-Redaktion schlug mein Puls einige Male höher – zumindest bei den ersten Malen. Zum Beispiel, wenn man am Schreibtisch sitzt und auf einmal Hertha-Legende Andreas „Zecke“ Neuendorf hinter einem steht, plaudert und Scherze macht. Irgendwann habe ich mich daran gewöhnt, dass auch ehemalige Spieler und Hertha-Größen regelmäßig in der Presseabteilung vorbeischauen – es sind halt auch nur Menschen.

Eine besondere Aufgabe erwartete mich zu Weihnachten: Der Verein schickt seine Spieler jedes Jahr zu Weihnachtsfeiern der Hertha-Fanclubs, die Spieler werden jeweils von einem Mitarbeiter begleitet. Ich fuhr mit dem japanischen Spieler Genki Haraguchi in eine Fankneipe im Wedding. Die Fans empfingen uns – also Haraguchi – jubelnd, die Hertha-Hymne von Frank Zander schallte uns entgegen. Sie stürzten sich sofort auf den Herthaner, das Hauen und Stechen um Autogramme und Fotos begann. Nach anderthalb Stunden im ausgelassenen Gewühl, Spanferkel anschneiden und Buffeteröffnung inklusive, verließen wir die Feier wieder, die Fans feierten auf Blue Curacao mit Sahnehaube weiter, so wie man es als Hertha-Fan halt macht.

Soweit meine dreimonatige Affäre mit Hertha, in der ich meiner großen Liebe besonders nahekam. Meine Zuneigung zu Blau-Weiß wird nie enden, ich bleibe Hertha treu. In guten und in schlechten Zeiten. um es mit Frank Zanders Worten auszudrücken: „Sowieso oho, oho. Und sowieso oho, oho!“