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9 Tage wach – Eric Stehfest im Interview

Der gebürtige Dresdner Eric Stehfest hat seine Drogenvergangenheit in seinem Roman „9 Tage wach“ verarbeitet. Am 10. November wird die Bühnenfassung im Kleinen Haus uraufgeführt.

Eric Stehfest steht auf der Bühne seit er 13 ist. Heute kennen viele den gebürtigen Dresdner als Schauspieler bei „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“. In seinem autobiographischen Roman „9 Tage wach“ erzählt er von einer Jugend, die vor allem durch die Abhängigkeit von der Droge Crystal Meth geprägt war, vom anstrengenden Doppelleben zwischen Schauspielschule und Drogentrips und dem Ausstieg aus der Sucht. John von Düffel hat das Buch für die Theaterbühne neu gefasst. Am 10. November feiert das Stück im Kleinen Haus Premiere. Was er sich vom Stück erwartet, wie Kunst auch Präventionsarbeit leisten kann und warum Kater echte Zeitfresser sind, hat Eric uns vorab im Interview verraten.

Outing und Christiane F.

Wie man bei dir oder auch an Beispielen wie $ick sieht, scheint es heute im Vergleich zu früher ja einfacher zu sein, auch öffentlich zu sagen: Ich habe oder hatte mal ein Drogenproblem – trotzdem ist eben dieses Öffentlichmachen ja auch ein weitreichender Schritt mit möglicherweise negativen Konsequenzen. Hattest du keine Angst, dass dir das in irgendeiner Weise auf die Füße fallen könnte?

Ich hab mir darüber gar keine so großen Gedanken gemacht. Ich bin sehr spontan und auch sehr feurig in meinen Projekten und presche dann sehr nach vorn. Das hat oftmals den Grund, dass ich, wenn ich die Not hinter meinen Themen erkenne, mich vor allem auf die Personen konzentrieren, die dieses Thema nötig haben, und bei denen bin. Ob ich das dann selber bin oder Leute, mit denen ich auf Therapie war oder die ich auf dem Kinderspielplatz sehe – wenn ich das Gefühl habe, da ist eine gewisse Gruppierung innerhalb unserer Gesellschaft, dann konzentriere ich mich auf die und mache das dann auch vor allem für diese Menschen. Wenn dann noch andere was davon haben, dann ist das auch schön und gut, aber der Prozess, zum Beispiel negative Kommentare zu bekommen, den habe ich vor Jahren schon durchgemacht. Das war eklig und nicht so cool, aber mit den Jahren lernt man dann einfach, was man sich noch durchliest und wo man am besten gar nicht mehr hinschaut.

Deiner Karriere als Schauspieler hat dieses „Outing“ aber ja ganz offensichtlich nicht geschadet.

Nee! Das ist aber auch einfach eine Frage von Authentizität, es kommt immer darauf an, wer das macht und warum und wie. Bei mir kam das von Herzen und das wird auch immer so sein, weil das auch meine Handschrift ist. Ich liebe Biographien. Und damit meine ich nicht die stumpfen Biografien, wie wir sie vielleicht beim Arbeitsamt runtererzählen würden, sondern mich interessiert der „Roman“ in unseren Biografien. Das finde ich extrem spannend und deswegen war es für mich der beste Zugang, erstmal bei mir anzufangen, bevor ich mich dann anderen Geschichten widme.

Du gehörst zu einer Generation, in deren Jugend Christiane F. und „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ sehr präsent war. Das Buch hat ja heute noch eine sehr düstere Faszination, die mit den Jahren auch irgendwie nicht weniger wird und bei vielen, die das gelesen haben, hatte das nicht den abschreckenden Effekt, den man sich davon wohl erhofft hatte. Im Gegenteil fühlten sich viele davon eher angezogen.

Ja, ging mir auch so.

Was ist an deinem Buch anders?

Der größte Unterschied ist, dass ich kein Junkie bin (lacht).  Meine Geschichte, und damit meine ich auch die Energie meiner Geschichte, hat definitiv ein Happy End. Ich bin Künstler geworden, habe die Geschichte und die Energie in einem künstlerischen Prozess verarbeitet. Und diese Geschichte entsteht jetzt auf ganz natürliche Weise auf der Bühne, im Film, in den Schulen, aber eben nicht mehr auf der Straße, nicht mehr in ihrer wirklichen Realität. Und ich sehe es auch als meine Aufgabe an, dieses Leben für die Leute, die da draufgucken und das mitverfolgen, auch spannend darzustellen. Das ist meine Verantwortung, zu sagen ‚Ja, ich bin da raus, aber ich sag euch eines: das Leben, das ich jetzt führe, ist so viel spannender und schöner, viel aufregender und intensiver, als das Leben davor. Das ist der große Unterschied zu Christiane F., die ja ein ganz trauriges Leben gelebt hat, nach ihrer Drogenkarriere eigentlich viel öfter missbraucht wurde als währenddessen und davor, und sei es emotional.

Habt ihr euch mal getroffen?

Ich wollte. Ich habe die Autorin ihres zweiten Buches getroffen, die mir dann mitteilte, dass Christiane F. verschollen ist. Sie ist nicht mehr auffindbar und das zeitgleich zur Verfilmung ihrer Geschichte durch Constantin. In einem Interview hat sie mal gesagt, dass sie nicht als ‚die Drogen-Baronin‘ sterben möchte und das wollte ich ihr eigentlich ermöglichen, indem ich quasi das Zepter übernehme und ihr eine meiner Team-Jacken geben. Einfach um ihr das Gefühl zu geben, dass sie nicht länger in der ersten Reihe stehen muss, als der Vorzeige-Junkie. Und das ist eben der Unterschied und auch ein Grund, warum das Buch auch heute noch so anziehend ist: Weil die Protagonistin immer noch drauf ist.

Kunst und Prävention

Inwieweit denkst du, dass dein Buch präventiv wirken kann?

Ich bin natürlich nicht das Gesundheitsministerium und auch nicht der Oberarzt, auch wenn ich mittlerweile von vielen Seiten so behandelt werde, als wäre ich das. Das soll aber nicht die Wirkung sein. Ich habe das, was ich tun kann, getan. Ich habe es geschrieben. Es steht da und ich lebe es – das ist die größte Prävention, die Sicht auf sich selbst und das Verhältnis mit sich selbst jeden Tag zu überprüfen. Das lebe ich vor, wie man das macht, und wer sich dafür interessiert, kann sich mit mir darüber unterhalten und austauschen. Und ich kümmer mich darum, dass mein Karma offen bleibt. Ansonsten bin ich tatsächlich mal sehr gespannt auf die Statistiken, also ob sich seit Erscheinen meines Buches in der Drogenstatistik irgendwas zum Positiven geändert hat. Das wär der Oberhammer. Ich habe so unglaublich viele tolle Fälle erlebt, die mich angeschrieben haben, und wo die Gleise komplett neu gelegt wurden durch „9 Tage wach“. Da sind echt riesige Prozesse in Gang gekommen und da ging es nicht nur um Drogengeschichten, sondern da ging es viel um Essstörungen, um Suizid.

Das Kulturjahr Sucht, das auch als Kooperationspartner der Inszenierung von „9 Tage wach“ am Staatsschauspiel auftritt, schafft bewusst eine Schnittstelle zwischen Kunst, Kultur und Suchtprävention. Inwieweit denkst du, kann Kunst einen Beitrag zu Suchtprävention leisten?

Kunst ist ja mehr so eine Art Überbegriff für etwas viel Größeres. Wenn man das aber mal ein bisschen runterbricht, dann geht es vor allem um Begegnungen. Es geht darum, sich selbst zu begegnen, anderen zu begegnen und gemeinsam Welten zu erschaffen. Das Fantastische unserer Lebenszeit hervorzuholen. Dieser Prozess alleine genügt da schon, sich diesem Prozess mal hinzugeben, und zwar völlig ungeachtet des eigenen Bildungshintergrunds oder des sozialen Status. Dem Kind in sich mal wieder Raum zu geben, spielen zu dürfen, und die Erlaubnis zu bekommen, dabei auch Fehler zu machen –  das verändert oft den kompletten Verlauf des Lebens.

Abstinenz und Narben 

Du schauspielerst, seit du 13 bist. Hat dir die Fähigkeit des Schauspielerns geholfen, das Doppelleben auf die Reihe zu kriegen, das du ja viele Jahre geführt hast?
Ja! Und wie! Ich war in so schrägen Situationen mit irgendwelchen Biker-Gangs und anderen, wo ich ohne mein Spielen, ohne meine Maske sofort aufgeflogen wäre. Ich hab quasi mein Alter Ego dargestellt, und da ich gelernt habe, wie man spielt, habe ich es geschafft, so zu wirken als würde ich dazugehören.

 

„Hier sind nur noch nerdige Typen, die komisch aussehen und keinen Alkohol trinken“

Als Künstler ist man permanent auch Backstage-Situationen mit Freibier und sowas ausgesetzt. Dazu kommt, dass man heute eher komisch angeguckt wird, wenn man z.B. Alkohol ablehnt, als wenn man beherzt zugreift. Du bist seit vielen Jahren komplett abstinent – wie leicht oder schwer fällt dir das in solchen Kontexten?

Das ist ein spannender und oft auch kräftezehrender Prozess gewesen in den letzten Jahren. So langsam pendelt sich da was ein, was mir ganz gut gefällt. Man kann sich das so vorstellen: In meinem Kopf geh ich oft so einen ganz dreckigen Abend durch. Mit Koks und Nutten und irgendwelchen Fick-Partys in Villen und wieder Drogen und dem geilsten Technoladen, den ich jemals gesehen habe und nie wieder schlafen. Und dann hol ich mein Kind aus dem Kindergarten ab oder so und bin wieder in der Realität. Und dann merke ich wieder die Verbindung zu meiner Frau, die sowieso die größte Prüfung ist für mich, denn sie ist ein ganz wunderbarer Spiegel und ich umgekehrt für sie. Und je mehr ich mich darauf einlasse, eine ernsthafte Bindung einzugehen, und umso konkreter ich auch diese Prozesse anrege, mich selbst und meine Projekte weiterzuentwickeln, desto kleiner werden diese Bilder. Und der Prozess des Loslassens gehört auch dazu. Es gab wirklich beste Freunde, die jetzt langsam so dahingleiten, und es tauchen neue Gesichter auf, die ihre Zeit auch viel lieber damit verbringen, irgendwelche wahnsinnigen Texte zu schreiben oder politisch in die Gesellschaft einzudringen, Meinungsmacher zu werden. Und dann kann man sich auch umgucken und denken: Oh, krass, hier sind nur noch nerdige Typen, die keinen Alkohol trinken und komisch aussehen, aber man kann sich auch sagen, okay, dann bin ich halt so (lacht).

Die Bloggerin Jana Crämer schreibt über ihre Binge-Eating-Störung und hat vor einer Weile eine Reihe von Akt-Fotos veröffentlicht, um zu zeigen, dass auch wenn nach außen hin alles scheinbar wieder gut ist, noch lange nicht alles wieder in Ordnung ist. Dass eben immer sicht- und auch unsichtbare Narben bleiben, wenn man über Jahre nicht gut zu sich und seinem Körper war. Was sind deine Narben?

Ich seh mich ja als Krieger des Hellen, ich bin Teil der Friedensbewegung, und zu jedem Krieger gehören Narben und Schnitte einfach auch dazu. Und ja, diese Narben und Verschiebungen, dieses Verrücken von etwas, hat dazu geführt, dass ich jetzt diese Form von Sensibiliät und Bewusstsein an den Tag lege. Ich habe sozusagen die Defizite aus den Traumata vergangener Tage entlarvt, ich kann sie jetzt sehen und sie benennen, wenn sie passieren. Das ist viel Liebesentzug, ich kann sehr selten offen Gefühle preisgeben, zeigen und annehmen. Was ich ganz schlimm finde, denn das ist es doch eigentlich, wofür wir leben. Dagegen kämpfe ich ganz stark an und versuche, das besser hinzubekommen, das zuzulassen. Und geblieben ist dieses Gefühl, sich nicht integrieren zu können. Das Gefühl, auf einer Homeparty zu sein, und mit niemandem reden zu können, weil man sich ausgeschlossen fühlt. Dabei hat man nie wirklich versucht, überhaupt reinzukommen. Das waren Prozesse, die gingen auf Drogen ratzfatz: Reingehen, jemanden kennenlernen und fertig. Und jetzt ist es eher so, dass ich nach zehn Minuten eine Panikattacke kriege und rausrenne. Wenn gute Leute dabei sind, dann geht es besser. Aber das hat auch nicht immer nur was mit mir zu tun. Wenn ich dann sehe, dass Leute eigentlich wirklich nur noch saufen und ich dann so Textphrasen von links und rechts mitkriege und höre, worüber die da so reden, dann vergeht es mir ganz oft. Ich bin aber auch sehr pingelig (lacht).

Würdest du sagen, dass die „sensible Künstlerseele“ anfälliger ist für Substanzmissbrauch?

Naja, ich kenne auch ganz viele, die mit Kunst nichts am Hut haben und trotzdem Junkies sind.

                   „Wenn man auf diesem Fieber bleibt, springt man irgendwann von einer Brücke“

Ich meinte auch eher, dass Künstlern ja oft eine erhöhte Sensibilität nachgesagt wird und diese es Menschen eben schwerer macht, Künstler oder nicht, bestimmte Dinge auszuhalten oder zu ertragen und sich dann Auswege suchen. Obwohl das so eine tolle Eigenschaft ist, eigentlich.

Ja, das finde ich auch. Ach so, ja, das auf jeden Fall. Es gibt einfach zu wenig Schutzräume für diese Art Lebewesen. Das wird total unterschätzt. Ich habe viele Freunde, ob jetzt Schauspieler oder Dramaturgen, und womit wir uns manchmal beschäftigen müssen, das geht oft über unsere Zeit hinaus.  In die Vergangenheit oder in die Zukunft. Da setzt man sich mit den schlimmsten Eigenschaften der Menschen auseinander und mit den schlimmsten Verbrechen unserer Gesellschaften und Kulturen und wenn man da nicht gewisse Schutzräume gestellt bekommt und auch Verbündete hat, mit denen man sich austauschen kann, dann ist es auch eigentlich kein Drogenmissbrauch mehr, sondern sowas wie Lebensinstinkt. Dann hilft die Droge, zu überleben. Das habe ich alles schon erlebt. Weil sie in dem Moment hilft, wieder ein Stück runterzukommen. Denn wenn man auf diesem Fieber bleibt, springt man von einer Brücke oder erhängt sich. Das ist ja auch alles schon passiert.

9 Tage wach auf der Theaterbühne

Du bist sehr umtriebig, bist aktuell an der Verfilmung von „9 Tage wach“ beteiligt, machst Musik, arbeitest an einer neuen Buchreihe und einer Serie. Ist das der berühmte Ersatz, von dem man in der Therapie immer gesagt bekommt, dass man ihn sich suchen soll?

Das ist das Geschenk, das ich mir gemacht habe, nämlich Zeit. Damit habe ich mich ganz intensiv auseinandergesetzt, auch damit, wo ich Zeit verschwende. Angenommen, wir nehmen nur -und das ist nur ein Baustein von vielleicht 15- das Verkatertsein. Wie viele Stunden liegt man sinnlos rum, kriegt nichts auf die Kette und fühlt sich unterm Strich scheiße? Und bei einem Drogenkater kann das auch schon mal drei, vier Tage so gehen. Und dann gibt’s da auch noch andere Sachen. Ich hab einfach für mich gemerkt, dass ich mir mit dieser Abstinenz die Ewigkeit geschenkt habe. Aber das ist natürlich keine universelle Formel. Für mich stimmt das so.  Ich hab so viel Zeit am Tag, kann so viele Sachen parallel machen. Und das Betriebsgeheimnis, das gar nicht so geheim ist, weil das ja viele so machen, ist einfach, dass ich nicht alleine bin. Ich habe wahnsinnig viele Unterstützer, allen voran meine Frau, aber auch sehr viele Helfer, die daran glauben, was ich mache. Und teilweise auch selber damit zu tun haben, noch was abzuarbeiten haben. Und sei es, mal einen Brief hin und her zu fahren. Das wird wirklich gemacht. Deswegen schaffe ich das, und weil ich mich dafür entschieden habe, das zweite Viertel meines Lebens der Arbeit zu widmen und das dritte und vierte auch.

Hast du manchmal noch die Befürchtung, wieder rückfällig werden zu können?  

Wirklich sicher kann man da natürlich nie sein. In meinem Kopf gibt es immer so eine Strategie, wenn alles schief geht: Im Dreck kenn ich mich aus. So in etwa (lacht). Deswegen habe ich keine Angst vor dem Fall. Was für mich immer spannend ist, ist die wirkliche Arbeit mit Drogen. Das ganze Thema Halluzinogene, LSD, was es da alles so in der Welt zu entdecken gibt – das reizt mich schon noch. Ich hab halt auch immer Mischkonsum betrieben, konnte nie mal nur eine Sache für sich genießen. Und weil ich jetzt auch so im Schreiben bin. Also: Ich glaube, ich kann schon ziemlich korrekten Scheiß schreiben, da brauche ich kein LSD dazu. Aber in meinem Kopf hängt da doch immer noch so ein ‚Haaaaaach, vielleicht wär das cool‘ (lacht). Aber Meth ist gestorben, definitiv.

„9 Tage wach“ hat am Samstag Premiere im Kleinen Haus, du wirst dir das Stück auch anschauen. Was erwartest du dir von der Inszenierung?

Ich habe das Buch ja schon theaterfreundlich geschrieben, und auch filmfreundlich. Es war immer die Absicht, mit dieser Geschichte mehr als eine Biografie zu erzählen. Dass das jetzt im Theater landet, ist natürlich eine große Ehre. Ich finde das fabelhaft. Es liegt natürlich immer ein riesiger Graben zwischen einer Theaterfassung und einer Inszenierung. Ich bin einfach gespannt, was dieser tolle und mutige Regisseur da auf die Beine stellen wird. Ich bin wunschlos glücklich, es gibt eigentlich nichts, das ich konkret erwarte. Das einzige, was ich mir erhoffe ist, dass das Theaterstück und die Uraufführung dazu führt, dass ich Stück für Stück immer ernster genommen werde und eben aber auch klar wird, dass dieser Stoff auch ohne mich als Person funktioniert. Weil ich glaube, dass das Stück für noch viel mehr Theater in Deutschland gut sein könnte. Und das hat einzig und allein mit der Thematik zu tun. Wir stehen gerade am Anfang einer ganz großen Suchtproblematik, die Hand in Hand geht mit der Digitalisierung. Da bin ich mir ganz sicher, dass durch diese Abspaltung der Emotionen Drogen immer attraktiver werden. Das ist eine Geschwindigkeit, die einfach irgendwann nicht mehr tragbar sein wird für einen Menschen, der nicht irgendwie gedopet ist. Zumindest, wenn man oben mitspielen will. Das wird problematisch, wenn wir nicht jetzt schon anfangen, gute Präventionsarbeit zu leisten. Und meiner Meinung nach liegt der Erfolg der Präventionsarbeit einzig und allein in der Kunst und der Kultur. 

Warum?

Weil das geknüpft ist an reale Geschichten. Wird es immer sein. Es holt die Menschen draußen immer da ab, wo sie gerade stehen.

Du hast gesagt, du wünschst dir, ernster genommen zu werden. Inwiefern?

Es ist so: Ich war schon, als ich noch Drogen genommen habe jemand, mit dem man sich gut unterhalten konnte. Es hat halt nur kein Mensch gemacht. Es hat einfach keinen interessiert, weil ich immer nur ausgegrenzt wurde als Junkie. Das habe ich mir teilweise zurückerarbeitet, aber man wird halt immer noch…wie soll ich das sagen… 

Komisch angeguckt?

Ja. Ich bin halt für viele immer noch der Junkie, der jederzeit rückfällig werden könnte. Das hat viel zu tun mit dem Plan, den ich habe und für den ich auch viel in Kauf nehme, was andere vielleicht nicht machen würden, weil sie zu eitel sind oder sowas. Das ist auch kein Thema, was man öffentlich die ganze Zeit besprechen sollte, dafür ist die Gesellschaft überhaupt nicht gemacht. Das Bild von einem Schauspieler ist immer: Ach wieso, der hat ja alles. Dem geht’s doch gut. Was hat der denn für Schwierigkeiten? So einfach ist es aber eben leider nicht.

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