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Hingehört – Plattenkritik: Bloc Party und Bosse

Zwei absolute Indie-Lieblinge melden sich zurück. Wir haben Bloc Partys „Hymns” und Bosses „Engtanz” schon auf unsere Ohren losgelassen.

Hingehört I:

Hymnen für Feingeister: Bloc Party – „Hymns”


Hymnen haben Bloc Party bereits erschaffen. Hymnen für eine leise Generation, die leidenschaftlich liebt, dabei stets leidet und versucht, ihren Weltschmerz in der großstädtischen Indie-Disco aus Herz und Kopf zu tanzen. Ohne großen Bombast. Wenn die Briten ihrem neuen Album den Titel „Hymns“ verpassen, sollte man also sämtliche divengeschwängerten, nationalhymnischen Assoziationen über Bord werfen.

Und so dominieren auf dem fünften Studiowerk auch die ruhigen Töne. Atmosphärischer denn je schwebt die Stimme Okerekes über den Soundteppich von Neu-Bassist Justin Harris und Neu-Drummerin Louise Bartle. Gründungsmitglied Russell Lissack lotet zudem die Grenzen seiner Gitarre weiter aus und findet sich immer öfter in elektronischen Gefilden wieder. Zudem verpasst er seinem Instrument wiederholt einen staubigen Western-Sound, der überraschend gut mit den Synthesizern harmoniert wie in „Only He Can Heal Me“ oder „The Good News“. Mit dem akkord-lastigen „Into the Earth“ ist sogar ein Song vertreten, der an die Anfangstage des Quartetts erinnert. Ansonsten entfernt sich Bloc Party aber immer weiter von „Silent Alarm“, bleibt durch Okerekes Organ aber dennoch unverkennbar.

Irgendwie fehlt bei alledem aber die letzte Konsequenz. Dank Bloc Partys Feinsinnigkeit ist „Hymns“ zwar definitiv eine gute Platte, dem Vergleich mit den eigenen vergangenen Glanzpunkten hält das neue Album allerdings nicht ganz stand. Vielleicht auch, weil der Titel zu hohe Erwartungen weckt.

Marinus Seeleitner

Infos: Release: 29. Januar 2016

Hingehört II:

Gesellschaftstanz mit Aki: Bosse – „Engtanz”


Axel Bosse hat 2013 mit seinem Album „Kraniche“ die Messlatte ordentlich hochgelegt. Jetzt kommt mit „Engtanz“ sein neuestes Werk in die Plattenläden. Und wer jetzt dabei an den typischen Schmusetanz denkt, ist falsch gewickelt.

Auch auf dieser Scheibe hat Bosse wieder viele Geschichten zu erzählen. Untermalt von Instrumenten, Chören und Orchester, ist Bosse musikalisch wieder eine Wucht. Er spielt wunderbar mit den Worten und schafft es auch diesmal, ein absolut rundes Erlebnis für die Ohren zu schaffen. Tatsächlich fällt es schwer, einen Song zu benennen, der heraussticht, alles ist so typisch Bosse – Wortspiele, tanzbare Musik, Klänge für die Stunden zu Hause. Selbst ein Song mit dem eher öden Titel „Nachttischlampe“ zaubert noch eine wundervolle Lovestory hervor. Anmachen und genießen. Auch in „Mordor“ geht es nicht etwa um Tolkiens Filmsaga „Herr der Ringe“, sondern schlicht um die Vergänglichkeit des Einfachen: „Morgen wirst du für immer gehen …“. Aber hoffentlich kommt Bosse auch wieder.
„Wir nehmen uns mit“ beschreibt die Leichtigkeit des Neuanfangs im Gegensatz zum Wahnsinn des fortlaufenden Lebens. Aber auch hier flieht Bosse ab und an und sucht immer noch auf der „Insel“ nach seiner Liebe. Der wohl traurigste Song ist „Ahoi Ade“ und jeder Mittdreißiger wird hier mitfühlen und den Jugendjahren nachtrauern. Bosse ist nun erwachsen und wir sind es mit ihm geworden.

„Engtanz“ ist wieder ein unglaublich gefühlvolles Album. Die Texte sind nah am Leben, die Musik ist sowohl träumerisch, als auch tanzbar. Anschalten und Reinhören!

Jana Koopmann

Infos: Release: 12. Februar 2016

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