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Rezension: Ein Sommernachtstraum im Schauspielhaus Dresden

Wenn es im Winter klirrend kalt wird, schweifen die Gedanken umso schneller ab in wärmere Gefilde – Grund genug für uns, die Neuinszenierung von „Ein Sommernachtstraum“ im Kleinen Haus für euch genauer unter die Lupe zu nehmen.

Unter den leitenden Fittichen von Regisseurin Frederike Heller wurde am 24. November 2018 auf der Bühne des Schauspielhauses aus einer kalten Herbstnacht ein wahrgewordener Sommernachtstraum. Wieder reiht sich ein Shakespeare-Werk in den Spielplan des großen Hauses und wieder lohnt die im Großen und Ganzen gute Inszenierung einen Besuch. Aber von vorn: Komödien leben vom Missverständnis und der daraus resultierenden Verwirrung. Jene Elemente finden sich in Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ zu Hauf, weswegen es wohl auch zu den Höhepunkten seines dramaturgischen Schaffens gehört. 

Wer‘s nicht kennt 

Für all jene, die nicht wissen, worum es geht, hier eine kurze – auf keinen Fall verwirrende – Handlungsbeschreibung: Er liebt sie, sie liebt ihn. So weit so gut. Aber Sie wird zeitgleich noch von einem anderen Er begehrt. Das beruht aber nicht auf Gegenseitigkeit. Letzterer Er will dennoch erste Sie haben, obwohl eine zweite Sie ihm ganz und gar hörig ist. Das Verhältnis verkehrt sich völlig, als ein bisschen Magie nach hinten losgeht beziehungsweise auf die falschen Augenlider trifft. Dabei sollte der Zaubertrick vor allem die Rachegelüste eines weiteren Er an seiner angetrauten Sie stillen. Das hat auch funktioniert. Wenn auch zu Lasten der Angetrauten und eines unfreiwilligen Er’s, welcher wiederum nur aufgrund der Hochzeit einer mächtigen Sie und eines mächtigen Er‘s zufälliges Opfer des magischen Überfalls wurde. Nach langen Streitereien und einem ewigen Hin und Her hat am Ende dann aber doch jeder Er eine Sie, sodass letztlich alle zufrieden sind. 

Der schöne Helena

Alles klar, oder? Wenn nicht, lohnt sich vielleicht doch ein Blick ins Buch – oder aber ihr gebt euch die Aufführung im großen Haus.
Geboten werden hier rund 135 Minuten feinsten – wenn auch nicht immer feinsinnigen – Klamauks. Die Interpretation wartet mit einem schlichten, aber vollends funktionalen Bühnenbild und spannenden Clous innerhalb der Besetzung auf. So schlüpft Matthias Reichwald gleichermaßen in die Herrscherrollen des Theseus und des Oberon, während Anja Laïs die jeweils wenig glücklichen Gattinnen Hippolyta und Titania mimt. Für den unbedarften Zuschauer eine überraschend schlüssige und damit sinnvolle Doppelbesetzung. Der zweite Kniff ist da schon etwas diffiziler, wenn auch deutlich sichtbar: die schöne Helena, deren Liebe zu Demetrius bisweilen nur auf Kaltherzigkeit und Ablehnung stößt, ist mit Simon Werdelis männlich besetzt. Durch diese einfache Umbesetzung erhält so mancher Dialog einen witzig bis spannenden, homoerotischen Dreh. Ob die dahinterliegende Intention Hellers am Ende noch sehr viel kritischer angedacht ist, bleibt jedoch unklar.


Puck a.k.a. Mephisto

Den Anstecker „Publikumsliebling“ darf sich Yassin Trabelsi komplett verdient an die Brust heften. Bereits innerhalb seiner Eröffnung als Philostrat lassen sich die Zuschauer zu spontanem Applaus hinreißen. In der Rolle des unruhestiftenden Kobolds Puck überzeugt Trabelsi vollends. Zwei kleine Teufelshörner aus dem Kostümfundus von Sabine Kohlstedt stilisieren Puck zu einer finsteren Figur, welche so gesehen an Fausts Mephisto denken lässt. Ein spannender, visueller Kontrast zu Pucks scheinbar unbeabsichtigtem Hang zum Bösen.   

Zwischen Volksmusik und Disney Film

Sofern das Haar in der Suppe gefunden werden muss, ist es schnell entdeckt: Es wird gesungen. Recht häufig sogar. Dadurch erinnert die Inszenierung zuweilen an eine wirklich seltsam anmutende Kombination aus Musical und Disney Film. Wenn dichter Bodennebel über die Bühne wabert und die simpel intonierten und weniger gehaltvollen Textzeilen in der fünften Wiederholungsschleife geträllert werden, dann, ja dann, erscheint die Szene wahrlich einem schrägen Traum entsprungen. Oder aber dem Herbstfest der Volksmusik. 

Die pure Anzahl der musikalischen Einlagen nimmt dem Stück etwas von seiner Kurzweil und lässt schonmal verstohlen auf die Uhr schauen. 

Alles in allem kommen Fans der typisch komödiantischen Irrungen und Wirrungen durchaus auf ihre Kosten. Mit der Karte für „Ein Sommernachtstraum“ erkauft ihr euch einen unterhaltsamen Abend, allzu viel Tiefgang oder gar Deutungsebenen solltet ihr dabei jedoch nicht erwarten. 

 

Ein Sommernachtstraum

Termine im Dezember: 03.12. um 19:30 Uhr | Tickets 12€ , 12.12. um 19.30 Uhr | Tickets 12-28€

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