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Scheiß Leben – Gut erzählt

Es wäre untertrieben, als Hardcore-Fan zu behaupten, dass dieses Release überraschend kommt.
Klar, man hat ganze drei Jahre gewartet. Davon gefühlt ein Jahr mit hundert Ankündigungen später, durch
moderne Endgeräte, über den Podcast Fest & Flauschig in die heimischen Wohnstuben der Republik, sanft
aber sorgfältig gestreut. Noch weniger überraschend, dass die anstehenden Konzerte im März restlos
ausverkauft sind. Wir sagen: Macht nichts, denn Olli gibt’s ab Februar auch für zu Hause!

Ihr Lieben, legt die sinnlos gehäkelten Flächen für einen Moment aus der Hand oder den Tennisschläger beiseite, denn neben Boris Becker gibt es nur einen, der den berühmten Aufschlag so meisterlich beherrscht: Olli Schulz, auch näher bekannt als Maserati Olli, Schloss Olli oder Caprio Olli, darf sich seit diesem Monat
mit einem neuen Spitznamen rühmen: Release Olli. Nach seinem letzten Album vor drei Jahren, „Feelings aus der Asche”, bekommt die musikalische Geschichte eines Allroundtalents, aber vor allem Musikers mit „Scheiß Leben – Gut erzählt“ die heißersehnte Fortsetzung. Nach zwölf Jahren Berlin ist auch das letzte bisschen hanseatische Zurückhaltung irgendwo im Plattenviertel von Marzahn verloren gegangen – gut so! Denn wovon der cholerische Entertainer lebt, ist mit Abstand Authentizität, die er sich nicht von schnöder Etikette nehmen lässt. Olli Schulz braucht kein gesellschaftliches Label, er ist sein eigenes.Mit „Scheiß Leben – Gut erzählt” setzt Marc Oliver Schulz dort an, wo er vor drei Jahren gestoppt hat: Melancholische Geschichten, die sich auf dem Weg ins Wochenende oder auf langen Autofahrten einen vinylwürdigen Platz im Kallax-Regal oder der Spotify-Playlist verdienen. Es heißt also aufatmen: Denn Olli Schulz’ Musik ist auch dieses Mal, wie erhofft, von der industriell frittierten Popmische verschont geblieben. Zugegeben: Die größere Aufmerksamkeit wird er im Vergleich zu seiner Karriere als Musiker wohl auch weiterhin seiner Rolle als Entertainer zuschreiben müssen und es ist auch nicht ganz abzustreiten, dass die ausverkauften Konzerte für dieses Jahr viel mehr von seinem medialen Publikumszuspruch herrühren – ob durch das aktuelle Erfolgsformat Fest & Flauschig mit Jan Böhmermann oder frühere Auftritte im NeoParadise sowie Schulz & Böhmermann.

Gerade deswegen ist es vielleicht aber auch so spannend, die Lauscher für eine breitere Frequenz des Gaudibringers zu spitzen: Denn im Gegensatz zum üblichen Kameraprogramm, zeigt  Schulz in seiner Musik eine ausbalancierte, einfühlsame und nostalgische „Saite“, die er durchaus zu spielen weiß. Gemeinsam mit bekannten Kollegen wie Ali As, Gisbert zu Knyphausen, Olli Dittrich, Max Schröder und vielen weiteren, ist Schulz’ siebtes Album mit 10 Tracks entstanden, mit Titeln wie „Schockst nicht mehr”, „Die ganz große Freiheit” oder „Junge Frau sucht …”, die das Leben retrospektivisch und auf eine ironische Weise beleuchten. Ob dabei vielleicht auch ein bisschen hängengebliebener Herzschmerz eine Rolle spielt oder einfach nur Erinnerungen musikalisch wiederbelebt wurden, sei mal dahingestellt. Olli Schulz kann dennoch stolz darauf sein, die großen und kleinen Lebenshürden in soulige Musik zwischen empathischen,
teils humorigen Versen und persönlichen Anekdoten zu verpacken, ohne dabei Adel-Tawil-mäßig in Selbstmitleid zu versinken. Olli Schulz ist kein Entweder-Oder: Der Humor begleitet ihn sowohl vor die Kamera als auch auf die Bühne. So anyway – the Stage is yours, Olli.

Plattenrelease: 2.2. // Konzert: 24.3 // Alter Schlachthof

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