Streetwork in der Kälte Christlicher Verein Junger Menschen e.V.

Leipzig-Schönefeld. Die Streetworker des Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM) kümmern sich um Jugendliche und Kinder, die eine besondere Aufmerksamkeit benötigen.

Leipzig-Schönefeld. Die Streetworker des Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM) kümmern sich um Jugendliche und Kinder, die eine besondere Aufmerksamkeit benötigen. Ihren Sitz hat die Mobile Jugendarbeit des CVJM direkt im Grünen. Im Mariannenpark, zwischen Ahorn- und Lindenbäumen ist das mehrstöckige Haus zu finden. Hier treffen sich die Jugendlichen täglich.

© Jörg Pfauder Peacock Design

Am Eingang des CVJM steht ein 10-jähriger Junge, er schaut etwas neugierig, antwortet nicht auf die Frage, ob er hinein gehen wolle. Mit einem Blick ist ersichtlich: alle Büros sind verschlossen, zum Eintritt in die Büroräume wird jedes Zimmer auf- und zugeschlossen. Es hat den Anschein, dass die Sozialarbeiter damit rechnen, bestohlen zu werden. Bälle sind zu hören. Bälle, die auf Tischplatten schlagen. Eifrig rennen fünf Jugendliche um die Tischtennisplatte, nebenan steht ein 16-jähriger an einer großen Bar. Man schenkt sich gegenseitig Getränke aus, zehn Kinder sitzen in einer gemütlichen Ecke zum Entspannen. Draußen ist es Herbst geworden. Die kalte Jahreshälfte beginnt. Auch Sozialarbeiterin Dorit Roth und Streetworker Danilo Hutt müssen sich nun wärmer bekleiden, wenn sie Jugendliche im Bezirk Schönefeld auf der Straße und im Mariannenpark besuchen. Bedächtig spazieren sie durch die Alleen.

Im Sommer nutzen die Streetworker Fahrradanhänger voller Spielsachen, um in die Hinterhöfe zu fahren und die Kinder genau dort abzuholen, wo sie sind: in ihrer gewohnten Umgebung. Doch heute ist es zu kalt dafür, sie streifen den Park nach Schäden ab: Zerbrochene Bierflaschen liegen im Park. Fußspuren von Kindern, die auf dem Weg spielten, sind zu erkennen. Ein Betreuer vom Grünflächenamt kehrt behutsam die Glasscherben auf eine Schaufel. Schon von Weitem sieht man vereinzelte Haufen Hundekot auf der Wiese. Im gepflasterten Boden des Parks sind Löcher. Sie sind die letzten Symbole eines mutwillig abgesägten Holz-Pavillons. Die Konsequenzen dieser Vandale waren unbedacht, denn seit der Demontage des Pavillons können die Jugendlichen sich bei Regen nicht mehr unterstellen. In der mobilen Jugendarbeit habe sich ohnehin sehr viel verändert, berichtet Roth, die seit 12 Jahren beim CJM tätig ist: „Früher sah ich die Jugendlichen häufig an Stellen, an denen sie sich regelmäßig verabredeten. Heute haben wir es da schon schwerer, sie zu finden, weil sie keine festen Treffpunkte mehr haben und sich per Handy und Facebook verabreden.“ Gerade im Winter seien die Streetworker deshalb oft durchgefroren und etwas frustriert.

Roth ist besorgt um die Zukunft der Streetworker: „Wenn es so weiter geht mit der Finanzierung, werden wir ab 2016 nur noch Pappfiguren als Kollegen einsetzen können.“ Auch die Arbeitsgemeinschaft der Freien Träger der Jugendhilfe Leipzig spricht von einer „gefährlichen Entwicklung“. Durch die finanziellen Kürzungen von knapp 4 Prozent und den Mangel an Förderbeiträgen seien dieses Jahr schon knapp 2000 Stunden Arbeitszeit gekürzt worden. Insgesamt fehlen 27.000 Euro, wenn man das Jahr 2011 mit dem Finanztopf von 2009 vergleicht. Unter dem Motto „Streetwork 2016 – Nicht von Pappe!“ demonstrierten bereits vergangenen Juli und September alle freien Träger der Mobilen Jugendarbeit mit symbolischen Pappfiguren. Die Pappkameraden dienten jeweils als Geschenke für die politischen Fraktionen, die zur Stadtratssitzung in Leipzig erschienen. Es sind Symbole, die vor einem fatalen Qualitätsverlust, vor der Sozialarbeit zum Schnäppchenpreis, warnen. „Dass sich die Arbeit lohnt, zeigen viele dankbare Geschenke und Besuche von Ehemaligen.“, fügt Roth an. Wie die Geschichte eines 20-jährigen jungen Mannes, der nach sechs Jahren wieder im CVJM vorbei schaute und erzählte, dass seine Gerichtsakte wegen unerlaubtem Drogenbesitz gelöscht worden sei und er eine Ausbildung zum Altenpfleger erfolgreich abgeschlossen habe.

Infos:

Schönefelder Allee 23a

04347 Leipzig

Öffnungszeiten: Mo-Fr: 7.30 – 20 Uhr; 2x im Monat auch samstags

Telefon: 0341 – 26 67 554 0