Von A nach B mit Körperkraft und mentaler Stärke Ausprobiert: Parkour

Trendsport, Straftat oder Fitnesstraining? Wir fühlten der umstrittenen Sportart auf den Zahn und trafen die Mitglieder des Parkour-Vereins Twio-X.

Trendsportart, Straftat oder Fitnesstraining? Parkour hat als Sportart einen umstrittenen Ruf. Wir lassen uns davon nicht beirren und fühlen der Sache auf den Zahn. Mit Jewgenij und Merlin, den Trainern des Leipziger Parkour-Vereins Twio-X, treffen wir uns am Sportforum, um mehr über Parkour zu erfahren und die Sportart am eigenen Leib kennenzulernen.

© Anna Heinze
Die meisten Personen kennen Parkour aus Youtube-Videos, Filmen oder Computerspielen, doch die urbane Sportart hat auch im Leipziger Stadtleben Einzug gehalten. 2006 gründete sich der Verein Twio-X. Bis heute ist er der einzige Parkour-Verein in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Jewgenij und Merlin trainieren mehrmals in der Woche Kinder, Jugendliche und Erwachsene und bringen ihnen Schritt für Schritt die Techniken des Parkours bei. „Alex Lorenz gründete Twio-X, um eine offizielle Struktur in die Leipziger Parkourgemeinschaft zu bringen“, erzählt uns Jewgenij, als wir uns mit ihm vor der Festwiese treffen: „Mittlerweile können wir ca. 120 Mitglieder vorweisen, die regelmäßig gemeinsam trainieren.“ Der 28-jährige Jurist kam 2010 auf den Geschmack des Sports. „Ich habe schon viele Sportarten ausprobiert. Tennis, Handball und verschiedene Kampfsportarten gehörten dazu. Beim Parkour bin ich geblieben. Mit einer losen Sportgruppe begann unser Projekt. Mit Twio-X als gemeinnützigen Verein wollen wir jedem die Möglichkeit geben, Parkour als angesehene Sportart zu betreiben.“ Der Begriff „Twio“ stammt übrigens aus dem Koreanischen und bedeutet soviel wie „Springen“. Das „X“ steht  für „Extreme“. Um Profit geht es Merlin und Jewgenij bei ihrer Trainertätigkeit nicht. Als Biologiestudent opfert auch Merlin seine Freizeit, um den Verein zu unterstützen: „Als großes Ziel sehen wir eine eigene Parkourhalle. Im Winter trainieren wir zur Zeit noch in verschiedenen Locations. Für die Kindergruppe mieten wir beispielsweise eine kleine Sporthalle. Im Sommer findet das Training selbstverständlich draußen statt.“

Und so soll es auch heute sein! Nach und nach stoßen immer mehr Traceure (Parkourläufer) zu uns. „Trainiert wird normalerweise in einer Gruppe, die aus 15 bis 20 Personen besteht. Bei der Konstellation kommt es weniger auf das Alter, eher auf das Trainingslevel an“, erzählen uns die beiden. Und tatsächlich scheint die Altersspanne in unserer Trainingsgruppe sehr weit zu sein. Trotzdem wird jeder freundschaftlich mit Handschlag begrüßt. Die lockere, entspannte Stimmung wird das gesamte Training über anhalten. Die Spannung steigt und unser erstes Parkourtraining beginnt.

© Anna Heinze

Dein einziger Gegner bist Du selbst

Wir starten wie bei jeder Sporteinheit mit einer Aufwärmphase. Eine kleine Laufrunde um den Platz, Fitnessübungen und ein Gemeinschaftsspiel gehören dazu. Auch hier stehen gute Laune und Gemeinschaft im Vordergrund. „Parkourläufer haben keinen Wettbewerbsgedanken“, erzählt Jewgenij: „Du misst dich mit dir selbst, deinem eigenen Körper und deiner mentalen Stärke. Die Gemeinschaft unterstützt dich dabei. Man lehrt sich gegenseitig Techniken und Turnelemente, tritt aber nicht gegeneinander an.“ Und das ist auch gut so. Jedenfalls für uns, denn jetzt geht es in die heiße Phase. „Beim Parkour geht es darum, so schnell wie möglich von A nach B zu gelangen. Dabei spielen Ästhetik und Turnelemente eine eher kleinere Rolle. Anders als beim Freerunning gibt es aus diesem Grund keine bzw. wenige Wettbewerbe in der Parkourdisziplin“, erklären Merlin und Jewgenij, als wir unsere ersten Präzisionssprünge üben. Das Training verlangt uns sehr viel ab. Das Überwinden einer unauffälligen Mauer wird zu einer unlösbaren Aufgabe. Merlin und Jewgenij zeigen kein Mitleid, obwohl wir selbst beim Balancieren und beim Katzensprung eine so schlechte Figur abgeben, dass man meinen könnte, wir würden uns das erste Mal in unserem Leben sportlich betätigen. Schnell verlässt uns die anfängliche Motivation. Unsere Hände schmerzen und jeder Muskel kündigt einen ungeheuren Kater an, der uns tatsächlich mehrere Tage nach dem Training begleiten wird. Unser Unmut trübt die gute Stimmung der Gruppe nicht. Hochmotiviert versuchen alle Teilnehmer an ihre Grenzen zu gehen. 

Unser Fazit

Nach zwei Stunden werden wir entlassen. Rückblickend betrachtet müssen wir sagen, dass es sich bei Parkour nicht um unsere Sportart handelt. Aber es ist ja auch, wie jeder weiß, noch kein Meister vom Himmel gefallen. Trotzdem werden wir unsere Karriere frühzeitig auf Eis legen. Für alle, die von Parkour angetan sind, gibt es unserer Meinung nach allerdings keine bessere Adresse als Twio-X. Die Herzlichkeit und Motivation der Trainer und Teilnehmer ist beeindruckend. Gegenseitige Unterstützung wird hier groß geschrieben und bei dem Können, welches uns während des Trainings präsentiert wurde, fragen wir uns nicht mehr, warum Parkour auch als „Kunst der effizienten Fortbewegung“ gefeiert wird.

LUST AUF EIN PROBETRAINING? Infos unter www.twio-x.com