Vereint in Verschiedenheit Ausstellungsrezension: „Im Osten nichts Neues“

Die G2 Kunsthalle zeigt mit „Im Osten nichts Neues“ die Werke von zwei in Ostdeutschland geborenen und aufgewachsenen Künstlern, die sich in ihren Arbeiten mit Herkunft, Dystopien und dem Diskurs von Gegensätzen beschäftigen. Wir durften vorab schon einmal die Exponate betrachten.

Die G2 Kunsthalle zeigt mit „Im Osten nichts Neues“ die Werke von zwei in Ostdeutschland geborenen undaufgewachsenen Künstlern, die sich in ihren Arbeitenmit Herkunft, Dystopien und dem Diskurs von Gegen-sätzen beschäftigen. Wir durften vorab schon einmal die Exponate betrachten und uns von der morbiden Schönheit begeistern lassen.

© links: Andreas Mühe / VG Bild-Kunst, Bonn 2018 | rechts: Uwe Walter, Courtesy Galerie Kleindienst © Sebastian Nebe

Der Titel „Im Osten nichts Neues“ löst zunächst erst einmal einen eher bitteren Beigeschmack aus, ist aber angelehnt an das Buch „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque. In diesem Buch schildert Remarque die Schrecken des Ersten Weltkrieges aus der Sicht eines jungen Soldaten, der im Widerspruch steht zwischen dem Überlebt-Haben und dem Innerlich-Zerstörten. Bemerkenswert an diesem Werk ist die innere Erfahrung des Protagonisten, die durch die Perspektive zum Ausdruck kommt. Eben diese Erfahrungen und Perspektiven bilden die Künstler Andreas Mühe und Sebastian Nebe, die beide in Ostdeutschland aufgewachsen sind, mit ihren Werken ab. Es geht um die Verarbeitung der Geschichte und Aufarbeitung der Herkunft. Dies geschieht in ihren Arbeiten auf teils sehr subjektive Art und Weise, teilweise aber auch sehr plakativ und eindeutig.

Andreas Mühe, der 1979 in Karl-Marx-Stadt geboren ist, verarbeitet in seinen Fotografien seine eigene Geschichte und Herkunft, wie etwa in dem Wandtableau „Weihnachtsbäume“, bei dem er die Weihnachtsbäume seiner Familie seit seiner Geburt nachgestellt hat. Die hochinszenierten Fotografien zeigen 38 unterschiedliche Weihnachtsbäume, die mal mehr, mal weniger geschmückt sind und zugleich einen Einblick in das Privatleben der Familie geben, in dem sie unterschwellig die Harmonie und Hingabe innerhalb des sozialen Konstrukts der Familie aufzeigen. Der Anblick ist einerseits überwältigend, da man sich ansatzweise die harte, feinteilige Arbeit der Rekonstruktion der Bäume vorstellen kann, andererseits lösen die Bilder auch eine Art Unbehagen aus.

Die Arbeiten von Andreas Mühe ermöglichen den Betrachtenden eine Interaktion mit den dargestellten Subjekten, da durch die Inszenierung der Bilder das Gefühl vermittelt wird, als wäre man aktiv teilhabend am Geschehen und somit entsteht eine innere Diskussion. Diese wird aufs Äußerste ausgereizt, wie etwa in dem Bild „Die Hugenotten“, in dem Mühe 1.200 Ultras von Dynamo Dresden in der Semperoper abgebildet hat.

 

© Sebastian Nebe, Sand, Salt and Hair, 2016

Im Kontrast der figürlichen Abbildungen von Andreas Mühe stehen die großformatigen Malereien von Sebastian Nebe, die zwar allesamt menschenleer sind, doch die brachiale Zerstörungsgewalt des Menschen deutlich erkennen lassen. Verwaiste Schrottplätze, dunkle, von der Forstwirtschaft demolierte Wälder und pastellfarbene Hintergründe erzeugen eine Art Endzeitstimmung. Die Gemälde, die mit Ölfarben auf Papier gezeichnet wurden, sind in vielerlei Hinsicht besonders; zum Einen sind sie alle ungerahmt, was eine authentische, zerbrechliche Wirkung hervorruft und die Pinselführung sowie die leichten Unregelmäßigkeiten in den Farbtönen hervorragend unterstreicht. Zum Anderen inszeniert Nebe, der 1982 in Blankenburg im Harz geboren wurde und Meisterschüler bei Astrid Klein in der Klasse für Malerei an der HGB Leipzig war, die morbide Schönheit der Natur auf eine farblich reduzierte und feinfühlige Art und Weise.

Zwar wirken die Arbeiten der Künstler auf den ersten Blick extrem unterschiedlich, doch trotzdem teilen sie nicht nur ihre Herkunft in Ostdeutschland, sondern auch ihre Hingabe und aufwendige, detailverliebte Arbeitsweise. Durch die intime Atmosphäre in der Ausstellung können sich die Besuchenden voll und ganz auf die teilweise verstörenden Werke einlassen und ihrem innerlichen Diskurs nachgehen.

Die Ausstellung ist noch bis 20. Januar 2019 zu sehen | Besuch ohne Anmeldung mittwochs 15 - 20 Uhr möglich | Eintritt: 5 €, ermäßigt 3 € | Web: www.g2-leipzig.de