„Wir haben keine Ahnung von Kunst!“ Ausstellungsrezension: Monumenta

Seit 1. September 2019 sind die Tore der Monumenta in den Pittlerwerken geöffnet; ein Ausstellungsprojekt, das euch neben originellen Kunstwerke auch urbane Club- und Bar-Atmosphäre bietet.

Mit der Monumenta hat im Leipziger Norden Anfang September ein Kunstfestival der besonderen Art begonnen, denn neben den gewohnten Werken der klassischen Malerei gibt es aufregende Graffitis, Marx und Engels aus Pappmaché und sogar eine Basketballhalle.

In den ehemaligen Pittlerwerken in Leipzig Wahren wurde die Tristesse der Industrieruine durch farbenfrohe und fesselnde Kunst in ein neues Licht gerückt. Die Monumenta, die ca 7.000 m2 des weitläufigen Fabrikgeländes, das seit 1997 nicht mehr in Betrieb ist, bespielt, lädt zum kreativen Rundgang ein, bei dem die aktive Teilnahme ausdrücklich erwünscht ist.

 

© Sebastian Adam und Michael Bombke

Die Ausstellungshallen, die alle Spitznamen haben, damit sich die Besuchenden schneller wieder finden können – sind nicht nur durch ihre massive Architektur eindrucksvoll. Gerade im Zusammenspiel mit der inszenierten Kunst, stellen sich die Gebäude in einem neuen Kontext dar. Dies wird gleich beim Betreten der ersten Halle, der sogenannten „Kirche“, verdeutlicht. Mitten im Raum befindet sich eine riesige, rote Treppe, auf deren unterster Stufe ein gigantisches, schlecht gelauntes Baby steht. Der „Angry Boy“ von Viktor Frešo zeigt somit auf plakative Art und Weise, weshalb das Kunstfestival den Namen „Monumenta“ trägt. Das Konzept der beiden Kuratoren Jan Gustav Fiedler und Denis Leo Hegic zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Ausstellung und soll die Besuchenden in eine Hemmschwellen abbauende Interaktion mit der Kunst setzen. Der spielerische Umgang mit Maßstab und Größenverhältnis war ihnen nicht nur bei der Auswahl der Kunstwerke sehr wichtig, sondern auch bei der Platzierung und Inszenierung der verschiedenen Exponate. So befinden sich überlebensgroße Statuen von Marx und Engels im Rundgang, deren wichtigstes Ikonisierungsmerkmal aufgehoben wurde. Die Statuen sind zwar riesig groß, doch aus kunterbuntem Pappmaché hergestellt. Somit wurde eine der Eigenarten von Monumenten, nämlich die erschlagende, fast erdrückende Massivität, aufgehoben und durch einen Werkstoff ersetzt, der es sogar erlauben würde, die überdimensional großen Figuren hochzuheben.

 

© Sebastian Adam und Michael Bombke

Immer wieder können während des Rundgangs diese körperlichen Erfahrungen mit den verschiedenen Wirkungen des Maßstabs gemacht werden. So auch in der Halle der „Goldgerahmten“, in der sich fast ausschließlich zweidimensionale Werke befinden. Diese sind, wider des Namens zu erwarten, ungerahmt an trapezförmigen Wände angebracht, die auf einer Seite extrem hoch und fast erschlagend wirken. Auf der anderen Seite sind die Stellwände so niedrig, dass sie zum entspannten anlehnen und Betrachten einladen. Und auch in der Auswahl und Positionierung der Bilder findet sich das Spiel mit der Größe wieder, denn neben Hans Peter Adamski, der einer der bedeutendsten, deutschen Maler des späten 20. Jahrhunderts war, hängen Werke von 1UP, einer der größten Graffiti Crews der Welt.

Den Kuratoren ist es ein Anliegen, den Besuchenden durch die Ausstellung, Kunst auf einer authentischen und unvoreingenommenen Ebene zugänglich zu machen. Dies erklärt auch ihren Leitspruch „Wir haben keine Ahnung von Kunst“, da ihnen der neutrale Umgang mit den Exponaten als elementarer Bestandteil des Konzepts dient. Sie wollen den naiven, kindlichen Spieltrieb der Gäste erwecken, um dadurch viele, verschiedene Gesellschaftsschichten auf einen intelligenten, kreativen Nenner zu bringen, was auch den Subtitel „Intelligence of Many“ erklärt. 

Monumenta: Intelligence of Many

Ausstellung noch bis 13. Oktober 2018 | geöffnet Do & So 12 - 20 Uhr, Fr & Sa 12 - 22 Uhr | Tagesticket 5 €

Club: Fr & Sa ab 22 Uhr