Unruhe in Lissabon Buchrezension: „Inquietudo“ von Alexander Suckel

Wir haben uns das Buch „Inquietudo“ von Alexander Suckel genauer angesehen. Ob sich das Lesen lohnt, erfahrt ihr hier.

© mitteldeutscher verlag
Im Werk „Inquietudo“ treffen zwei Geschichten aufeinander. Beide führen nach Lissabon, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Zwei unerfüllte Liebesgeschichten, Selbstgespräche mit Toten und der Versuch, der Vergangenheit zu entkommen.

Kruse, ein Ende 20-Jähriger, flieht in die portugiesische Hauptstadt, um seiner Trauer um den Tod der Geliebten zu entkommen und die mysteriösen Umstände des Unfalls zu verarbeiten. Dabei spricht er mit der literarischen Gestalt Bernardo Soares, der Hauptfigur aus Fernando Pessoas „Buch der Unruhe“. Dieser wird zum geistigen Begleiter seines Aufenthalts. Der große Einfluss dieses Werkes in Suckels Buch zeigt sich auch im Titel, der ebenfalls Unruhe bedeutet. Von eben dieser sind alle Charaktere des Romans getrieben.

Für Kruse scheinen die Grenzen zwischen lebenden und toten Personen zu verschwimmen, immer wieder tauchen längst verstorbene Menschen auf, mit denen er Gespräche führt. Auf der anderen Seite ist der Jugendliche Vince, der von zu Hause abhaut und sich in Lissabon versteckt. Dort trifft er auf Julia, die ebenfalls rastlos umherirrt. Ineinander finden sie Gefährten und auch die erste Liebe. Vince und Kruse halten sich an denselben Orten auf, ohne sich zu begegnen. Erst am Ende des Buches treffen sie aufeinander. 

Kreative Wortschöpfungen und Geheimnisse

Alle Personen birgen gewisse Geheimnisse, die immer wieder im Laufe der Geschichte angedeutet werden, und sich zum Schluss aufklären. Das hält die Spannung aufrecht, die aber erst in der zweiten Hälfte des Romans so richtig entstehen will. Man erkennt an der Wortwahl und den Hintergründen, dass der Autor ein studierter Musikwissenschaftler mit Literaturinteresse ist, denn er nimmt auch Bezug auf andere Werke von bspw. Baudelaire und Ingeborg Bachmann. Die Sprache des Autors ist gehoben, manchmal stellt die Ausdrucksweise jedoch einen Bruch zu diesem Eindruck dar. Kreative Wortschöpfungen wie „elysische Kifferwolken“ oder „Tastenzuchtmeisterin“ (Klavierlehrerin) schaffen einen gewissen Witz. Für den Leser ist es jedoch teilweise schwer zu unterscheiden, was real und was im Inneren der Protagonisten geschieht, auch weil die Dialoge nicht gekennzeichnet werden. Trotzdem ist das Buch gut geschrieben und lässt sich angenehm lesen.

© Anna Kolata
 

 INFOS:  mitteldeutscher verlag  ·  208 Seiten  ·  12,95€, ISBN: 978-3-95462-914-5  ·  mehr unter www.mitteldeutscherverlag.de

ÜBER DEN AUTOR:  Alexander Suckel (*1969) lebt in Halle und Leipzig, ist an Theatern tätig und unterrichtet u.a. an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig.