„Säk’scher Glassiger”* Buchrezension: „Meine Lene” von Tom Pauls und Peter Ufer

Tom Pauls und Peter Ufer widmen sich in „Meine Lene“ der Mundartdichterin Lene Voigt und zeigen, wie sie ihr Leben meisterte, ohne den Humor zu verlieren.

Des Sächsischen mächtig solltet ihr in gewissem Maße sein, wenn ihr das neue Werk „Meine Lene” von Tom Pauls und Peter Ufer in den Händen haltet. Darin geht es um die Mundartdichterin Lene Voigt, die sich voller Mut ihrem Leben stellt und dabei nie den Humor verliert. Sie ist somit auch ein echter *sächsischer Klassiker.

© aufbau Verlag
Als Leipziger hat sicher jeder schon etwas von Lene Voigt gehört. Zumindest sind hier mindestens ein Park, eine Schule und eine Straße nach ihr benannt. Und das aus gutem Grunde. Die in der Messestadt geborene Dichterin lebte von 1891 bis 1962 und prägte die Verbreitung und Beliebtheit der sächsischen Mundart entscheidend. Lene, die gebürtig übrigens Helene Wagner hieß, nutzte die Vielfalt des Sächsischen, um Klassiker umzudichten, pointierte Humoresken zu schreiben und übte auf diese Art immer wieder auch Gesellschaftskritik. 

Eine Ode an die Mundartdichterin schrieb Tom Pauls gemeinsam mit Peter Ufer im Werk „Meine Lene“. Das Buch zeigt die besondere Verbindung zwischen  Pauls und Voigt. Sie war es nämlich, die Tom Pauls die Idee für seine Kunstfigur Ilse Bähnert gab, mit der er seit Jahren erfolgreich auf den Bühnen Ostdeutschlands und im Fernsehen zu sehen ist und dabei u.a. die Texte Voigts rezitiert. Als eine Nachbarin von Lene lieferte sie dieser viele Geschichten, die sie genauso aufschrieb, wie sie den sächsischen Mund verließen. Angelegt als eine Biografie, überzeugt „Meine Lene“ doch mit einer romanähnlichen Struktur.

Versteckter Witz und entartete Kunst

Die Lebensgeschichte wird teils biografisch korrekt, teils fantastisch erzählt. Als Quelle dienten ihre Dichtungen, Briefe und Fotos, die auch teilweise im Buch zu finden sind sowie Biografien. Etwas schade ist nur, dass der Leser nicht genau weiß, was Fiktion ist und was reell geschehen ist. Der Alltag der Dichterin wird kurzweilig dargestellt, zwischendurch werden Kostproben ihrer Werke eingebunden, die den Lesefluss auflockern. Diese sind meist im tiefsten Sächsisch aufgeschrieben. Beim Lesen heißt es also, sich zu konzentrieren. Meist sind die Texte erst verständlich, wenn man sie leise vor sich hinmurmelt. Denn für die sächsische Sprache gibt es keine Schreibnorm, auch wenn sie Lene Voigt im Laufe ihrer Karriere für sich festlegte. „De Gogosbalme“, „Dr Algohol“ oder „Ahmschdimmunk in Leippzsch-Reidnitz“ und die vielen anderen mundartlichen Dichtungen sprühen vor verstecktem Witz und bringen den Leser zum Lachen. 

Das Werk entführt in eine Welt der Künstler Bormann, Kästner, Ringelnatz u.w., denen Lene Voigt begegnet. Auch den politischen Umschwung in den 30ern mitsamt Zensur und Bezichtigung der entarteten Kunst bekommt die Dichterin am eigenen Leib zu spüren. Gespannt kann der Leser die Entwicklung der steigenden Bekanntheit Lene Voigts in den 20er Jahren bis hin zu ihren letzten Jahren in einer Anstalt in DDR-Zeiten mitverfolgen. Gleichzeitig gewinnt man einen guten Einblick von der Gesellschaft dieser Zeit. 

Fazit: Auch wenn Biografie erstmal trocken klingt: lasst euch von diesem Exemplar überraschen und lernt die kämpferische Dichterin von einer persönlichen Seite kennen. Allerdings nur für die geeignet, die des Sächsischen mächtig sind.                    

 INFOS:  20 €, Aufbau Verlag, ISBN: 978-3-351-03689-8

© Amac Garbe

Über die Herausgeber:

Tom Pauls (links), *1959 in Leipzig, ist Schauspieler und Kabarettist, der v.a. mit sächsischem Dialekt auf der Bühne verschiedener Kabaretts und seines Pirnaer Theaters steht. 

Peter Ufer, *1964 in Dresden, ist freischaffender Journalist der Sächsischen Zeitung und u.a. Dramaturg des Tom Pauls Theaters in Pirna.

Cover: Aufbau Verlag Foto: Amac Garbe