Blick hinter die Kulissen Distillery: Leipzig housiert nicht nur mit der Tille

„Die Distillery steht für Lebensgefühl und so einfach es klingen mag: Feiern! Seinen Alltag an der Tür abzugeben, in die Musik einzutauchen und sich unter Freunden fallen zu lassen. Wir sind wie ein zweites Wohnzimmer“, erklärt Martin Driemel, der Presseverantwortliche der Distillery.

„Die Distillery steht für Lebensgefühl und so einfach es klingen mag: Feiern! Seinen Alltag an der Tür abzugeben, in die Musik einzutauchen und sich unter Freunden fallen zu lassen. Wir sind wie ein zweites Wohnzimmer“, erklärt Martin Driemel, der Presseverantwortliche der Distillery.

Dass Martins Worte auf klatschend-nickende Zustimmung stoßen dürften, wundert nicht. Blickt man auf 22 Jahre Clubgeschichte zurück, läuft die Diashow wie von selbst. Der älteste House- und Technotempel Ostdeutschlands ist ein fester Leipzig-Anker. „Wir sind ein ’Bastelladen’ mit einer riesigen unterstützenden Familie im Rücken. Wir werkeln alles selber und wenn es hält, gibt’s ne Gisela. So was verbindet“, erzählt Martin.

© Carolin Schreier
Die Tille gehört zu Leipzig!
© Tom Schulze

 

1992 auf dem Gelände einer alten Brauerei entstanden, trägt die Distillery seitdem nicht nur ihren Namen, sondern auch ihr großes Stück zum Herzschlag Leipzigs bei. Kaum ein Leipziger schrieb nicht die eigens geprägte Geschichte in der Tille – ob der Himmel pink war oder die Wolken schon wieder lila – die Distillery gehört zu Leipzig wie Leipzig eben auch zur Tille gehört und schafft uns Abende, die der Freude beim Entdecken des „Hidden Bonus Tracks“ gleichen. Das hat sich glücklicherweise auch zur Stadtratssitzung am 22. Januar mit folgendem Ergebnis geäußert: „Die Stadt Leipzig bekennt sich zum Erhalt der Distillery am derzeitigen Standort und setzt sich dafür gegenüber dem Eigentümer des Geländes (Stadtbau AG) ein. Insbesondere soll im laufenden Planungsverfahren gesichert werden, dass ein Weiterbetrieb am Standort durch die angestrebte Umfeldbebauung ermöglicht wird.“ 

© Carolin Schreier
„Leipzig hausiert nicht nur mit der Szene“

 

Doch was heißt das nun im Klartext? Martin erklärt: „Alle Planungen müssen nun dahingehend abgeändert werden, dass die Distillery am jetzigen Standort weiterbestehen kann. Aber am Ende liegt es in den Händen der Stadtbau AG, da sie schließlich der Eigner des Grundstückes, auf dem sich die Distillery befindet, ist. Unser Ziel ist es, den Standort zu sichern. Klar, es kann immer noch alles passieren, aber wir sind mehr als positiv eingestellt, denn die Entscheidung im Stadtrat zeigt, dass die Stadt Leipzig mit der Szene nicht nur hausieren geht, sondern durchaus in der Lage ist, sie ernst zu nehmen, zu begreifen und zumindest ein Stück weit zu fördern.“ 

© Tom Schulze
„Wo buchen die Acts, wo uns einer abgeht“

 

Hausiert die Stadt glücklicherweise nicht bloß mit dem Hip-Image einer festen Institution wie der Distillery, so durften und dürfen, ebenfalls glücklichweise, etliche namhafte DJs in der Tille hausieren und ihre Platten drehen. Was aus einem elektronischen Keim entsprang, beherbergt die letzten Jahre vielerlei Musik aller Nischen und Teller. „Wir haben uns neben der elektronischen Musik in den letzten Jahren auch anderen Genres geöffnet. Zunächst mit dem Fridayclub, dann mit Fenster zum Hof. Das Potenzial in dieser Stadt war (und ist) einfach zu groß, um dem nicht Beachtung zu schenken. Aber ob House, Techno oder sonst was – wir machen nach wie vor das, worauf wir Bock haben, was wir gut finden und buchen die Acts, wo uns einer abgeht. Musik kommt von Musik!“ Das Konzept geht auf! 

DJ Koze, DJ Krush, Laurent Garnier u.v.m.

 

Nicht zuletzt, weil es ehrlich ist und tatsächlich mit offenen Armen ein Zuhause bietet. Und das nicht nur für Residents wie Daniel Stefanik, Feenstaub, Matthias Tanzmann und Co., sondern auch für Poetry Slammer, Trödelmärktler und die bunte Vielfalt an Nachtschwärmern. Der beste Club Leipzigs 2013, wie es die Abstimmungen der „Goldenen Yvonne“ ergaben, faszinierte nicht zuletzt auch durch internationale Größen wie Jeff Mills, Laurent Garnier, DJ Krush, Sven Väth, DJ Koze, Paul Kalkbrenner, Kool Keith u.v.m. „Es gibt Acts, die bei uns gespielt haben, als sie noch recht unbekannt waren und heute weltweit vor Tausenden von Menschen spielen, wir diejenigen aufgrund ihrer musikalischen Veränderung aber entweder gar nicht mehr buchen wollen oder aber durch ihren jetzigen Bekanntheitsgrad gar nicht mehr bezahlen können oder wollen. Und dann gibt es die Acts, die bis heute gern bei uns sind und die wir gern bei uns haben. Solche, die ihre Wurzeln nicht vergessen und/oder die Atmosphäre in kleineren Clubs wie der Distillery mögen.“ 

In puncto Wurzeln sind sich die meisten Leipziger zum Glück auch einig: Die Distillery ist fester Bestandteil unserer Stadt und vor allem ihrer Menschen. Ein Leipzig ohne Distillery ist und bleibt nämlich leider nur eines: Ein Leipzig ohne Tille!