Hip Hop, Ostkultur und betrunken cyphern 7 Fragen an DJ derbystarr

Wir trafen uns mit Toby aka DJ derbystarr bei 57 Grad im Schatten und plauderten über Meeresrausch-Mixtapes, Ostkultur und Leipzigs Hip-Hop-Potenzial.

Toby führt entweder ein Leben mit Hilfe multipler Persönlichkeiten, oder aber ist mit einem gutem Zeitmanagement

© Carolin Schreier
ausgestattet. Multiple Persönlichkeiten haben wir bei ihm nicht entdeckt, dafür aber multiple Passionen! DJ, Fotograf, Veranstalter, Blog-Betreiber und bald Bachelor. Zwar nicht mit roten Rosen, aber sein Unwesen treibend als Kommunikations- und Medienwissenschaftler an der Uni Leipzig. Wir trafen uns mit ihm bei 57 Grad im Schatten und plauderten über Meeresrausch-Mixtapes, Ostkultur und Leipzigs Hip-Hop-Potenzial.

Steckbrief: Toby aka DJ derbystarr

GEBURTSORT Weimar
Ausbildung Mediengestalter, B.A. KMW
INFOS www.derbystarr.com
FACEBOOK: www.facebook.com/derbystarr

 

  1. Von Goethe zu Bach – wie fing’s in Leipzig an?



    Primär bin ich 2011 nach Leipzig gezogen, um zu studieren. Auch mit dem Anspruch, zu schauen, was hier so musikalisch noch geht. Und anfänglich dachte ich, dass hier ganz viel mit Hip Hop geschieht. Das war dann aber irgendwie gar nicht so wirklich. Zumindest war der Ruf der Electro-City präsenter. Doch während des Studiums habe ich dann viele Leute kennengelernt, ob DJs oder MCs, meine Crew Jahmica und Die Obskuriosen (HIER geht’s zum obskuriosen Interview), so dass ich dann auch anfangen konnte, in Leipzig etwas zu starten.

  2. © Presse
    Ist Leipzig Hip Hop?

    Als ich ankam, gab’s ein paar Veranstaltungen im 4rooms und BasaMo. Du weißt ja, was da jetzt geht. Im 4rooms, glaube ich, war zuletzt Money Boy. Also doch schon Hip Hop (lacht). Und nun haben wir die WORD! Cypher oder Hip Hop Jam im Conne Island, OverDubClub, We Got Soul, BROOKLYN ZOOOO! … Zudem lebt Hip Hop natürlich ganz viel in Subkulturen. Vor der Tür. Auf der Straße. Und das tut er auch in Leipzig. Hip Hop ist ja auch mehr als reines Musikmachen. Da geht’s ja um Austausch. Mal fernab von Facebook. Und so kann ich deine Frage nur folgendermaßen beantworten: Hip Hop ist in Leipzig.

  3. © Carolin Schreier
    Gibt’s neben eigenen Sounds auch ein paar verbale Klänge deinerseits am Mikro zu hören?

    Bei der letzten Cypher habe ich es tatsächlich das erste Mal gewagt. Das alkoholische Level war ebenfalls unterstützend und so schaffte ich es mit ‘nem Freestyle auch mal raus aus der Dusche (lacht). Das Schöne bei der WORD! Cypher ist ja auch gerade die Wohnzimmeratmosphäre. Keine Bühne, kein Mittschnitt, kein Eintritt – alles ganz unaufgeregt. Sonst traut sich ja am Ende keiner. Sobald ‘ne Kamera da ist, ziehen ja dann viele zurück. Im Allgemeinen kann ich das manchmal wiederum aber auch nicht verstehen. Weil, wenn ich‘s persönlich nicht vertretbar finde, was ich mache, dann gehe ich nicht auf eine Bühne. 

  4. Wie ist das, seinen Namen neben Größen der Szene auf Plakaten zu lesen? 

    (überlegt) Das eigentlich Schöne ist, mit bestimmten Acts backstage zu chillen. Da sitzt man nun ganz entspannt zusammen, befindet sich auf einer sehr persönlichen Ebene und kann sich einfach nur austauschen. Für mich persönlich ist so etwas viel wertvoller, als der ‘Fame‘. Nichtsdestotrotz ist es natürlich fett, neben großen Headlinern der Szene zu stehen. Klar. Das zu verneinen wäre auch Quatsch.

  5. © Presse
    Und alles begann mit deiner BROOKLYN ZOOOO! Veranstaltungsreihe …

    Ja, das ist ja eigentlich mein erstes richtiges Baby! Als sich die Möglichkeit im Absturz bot, war ich sofort dabei! Und so fand die erste “Hip Hop Party“ der Reihe 2012 statt. Mir war wichtig, dass es immer eine Art Protagonisten auf den Plakaten gibt. Einen Rapper, den ich feiern kann und der mir in den letzten 15 Jahren einiges bedeutet hat. Aber nicht nur das (nach 13 Jahren Plattendrehen) ausgelutschte 90-er–Jahre–Zeug, sondern auch Sachen, die jetzt produziert werden und klangästhetisch ähnlich sind. Das Ganze findet dann alle 2 Monate statt. Da stecke ich schon viel Liebe rein und bin, was das angeht, wirklich hardcore-detailverliebt. Auch schon als Kind. Die ersten Schritte in Richtung Musik begannen, als ich in jungen Jahren Naturgeräusche wie Meeresrauschen aufnahm. Später wurden diese Aufnahmen dann direkt in ein Summer-Mixtape gepackt. Die Skills waren zum Zeitpunkt der Aufnahmen noch nicht vorhanden (lacht).

  6. © Carolin Schreier
    Apropos Details – raputation.de – wie sieht’s mit deinem Ost-Blog aus? 

    Da steckt natürlich extrem viel Passion drin, kann aber immer noch mehr. Das ist auch so ‘ne Zeitsache. Da gibt’s dann eine Zitatendatenbank, Veranstaltungstipps, Beiträge über die Ostkultur in puncto Hip Hop, Musik und Mensch. Ja, im Grunde ein digitales Museum. Mal im Gegensatz zur Facebookhalbwertszeit von 2 Minuten. Bei mir fängt’s dann immer erst an Spaß zu machen, wenn man mit google nicht weiterkommt. Und da arbeite ich dann auch krass präzise. Bevor da nicht jede Jahreszahl exakt stimmt, wird der Beitrag nicht releast. Wenn das Ziel kein Sponsoring oder Quantität ist, dann wird der Beitrag einfach in sich wertvoller, finde ich.

  7. ‘I like it raw‘, heißt es bei dir. Auch i. d. Fotografie?

    Momentan bin ich mit einem Leipziger Buchbinder im Gespräch, um eine Selektion von ‚meiner Perspektive’ der Dinge – mit dem groben Thema Kultur Ost – in Form zu bringen. Ja, und in Sachen ‚roh‘ … Shootings sind zum Beispiel nicht so mein Ding. Weil’s einfach zu inszeniert ist. 90% meiner Bilder sind auch nicht nachbearbeitet. „Raw“ heißt ungeschönt. „Raw“ heißt: Es ist so, wie es ist. Nicht mehr.

 

Zeit für Entscheidungen:

Konzert oder Kino
Berge oder Meer
Sicherheit oder Wagemut
Deutschrap
oder US-Rap
Kneipe oder Club
Kamera oder Mixer
wild oder zahm