59. Internationales Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm DOK Leipzig 2016 – Ungehorsam auf der Leinwand

„Ungehorsam“ ist das Thema der diesjährigen DOK Leipzig, die vom 31. Oktober bis 6. November 2016 stattfindet.

© Filmszene Swarming / Joni Männistö
„Ungehorsam“ ist das Thema der diesjährigen DOK Leipzig. Vom 31. Oktober bis 6. November 2016 findet das 59. Internationale Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm statt.

1955 wurde DOK Leipzig gegründet und ist damit das älteste Dokumentarfilmfestival der Welt. Verschiedene internationale und nationale Künstler können hier ihre Filmprojekte vorstellen, sich treffen und austauschen. Die Filme werden dann von einer Jury in unterschiedlichen Kategorien bewertet: Es gibt internationale Wettbewerbe für lange und kurze Animations- und Dokumentarfilme, Wettbewerbe für deutsche Dokus, animierte Dokus und den Next-Masters-Wettbewerb. Die 125 zur Auswahl stehenden Filme des Begleitprogramms sind alle zwischen 1919 und 2016 entstanden. Das gesamte Filmprogramm setzt sich aus sieben Filmreihen und der offiziellen Auswahl zusammen, die am 10. Oktober 2016 veröffentlicht wurde. Insgesamt werden auf der Festivalwoche 309 Werke gezeigt. Die offizielle Auswahl präsentiert die Filme internationaler Filmgrößen wie Vitaly Mansky, Heidi Specogna oder Sergei Loznitsa, die schon öfter bei DOK Leipzig vertreten waren. Aber auch Arbeiten, die ihre weltweite bzw. internationale Premiere feiern, sind mit dabei.  

Widerstand und Überschreiten der Grenzen

Wir stellen euch die Filmreihen näher vor, die ein umfassendes begleitendes Programm darstellen. Unterschieden wird zwischen Länderfokus, Retrospektive, Hommage, „Disobedient Images“, Jugendprogramm, Sonderprogramm und 70 Jahre DEFA

Der Länderfokus liegt in diesem Jahr auf der Türkei. Hier werden in den Filmen aktuelle politische Themen aufgegriffen. Der Ungehorsam zeigt sich in den Werken, die beispielsweise Widerstandskämpfer gegen den IS begleiten wie Regisseurin Leyla Toprak in „Distant  . . .“ oder die aufgrund ihrer politischen Haltung in der Türkei zensiert wurden, wofür der Film „I Remember“ von Selim Yildiz ein Beispiel ist. 

Das polnische Dokumentarfilmschaffen wird dagegen zum Thema in der Retrospektive. Hier werden Genregrenzen ungehorsam überschritten, denn in diesen Dokus ist die Nähe zum Spielfilm oft erkennbar. Außerdem spielen die Themen Zensur, Religion und die politische Entwicklung Polens ebenfalls eine Rolle. 

DOK Leipzig widmet die Hommage der russischen Filmemacherin Marina Razbezhkina, die in Moskau eine Schule für Dokumentarfilm leitet. Ihre Werke werden in dieser Filmreihe präsentiert, dabei kann man auch bisher unveröffentlichte Filme sehen.

Provokation und Tabuthemen

Spannend klingt auch die Filmreihe „Disobedient Images“. Die Bildträger, die für die Animations- und Dokumentarfilme verwendet werden, wurden in den hier gezeigten Filmen durch Zerkratzen oder Bearbeiten mit Säuren manipuliert. So entstanden z.B. in „Removed“ von Naomi Uman Pornos, bei denen die Frauen durch Nagellackentferner wegretuschiert wurden. Damit wird eine paradoxe Ebene geschaffen und gleichzeitig provoziert. 

Hip Hop, eine Musikrichtung, die einst im Untergrund begann und durch politische und raue Texte auffiel, ist das Thema des Jugendprogramms. Die Bereiche Tanz, Musik und Streetart werden bei den Filmen von „We are Hip Hop“ aufgegriffen und es wird dabei um Meinungsfreiheit und künstlerische Selbstständigkeit gekämpft.

Da die SFD – die staatliche Filmdokumentation – in DDR-Zeiten hauptsächlich nur zu Archivierungszwecken arbeitete und demnach kaum der Kontrolle der Stasi unterlag, konnten auch Tabuthemen wie wohnungspolitische Schwierigkeiten, der Zerfall der Berliner Altbausubstanz oder alternative Lebensplanungen aufgezeichnet werden. Dieses bisher unveröffentlichte Bildmaterial aus der DDR ist jetzt im Sonderprogramm „Der andere Blick? Alltag in der DDR“ zu sehen. Außerdem werden 70 Jahre DEFA gefeiert und an Joris Ivens, den Regisseur und einen der Gründervater des Festivals, erinnert.

Die diesjährige DOK vereint also verschiedene Arten des Ungehorsams in politischem, kulturellem, gesellschaftlichem und religiösem Widerstand. Die Filmemacher beweisen Mut, widersetzen sich den von diversen Seiten auferlegten Konventionen und provozieren mit ihren Werken. 

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