„Wir machen das Radio, worauf wir Bock haben“ Ein Tag mit: dem Onlineradio detektor.fm

In unserer neuen Reihe „Ein Tag mit …“ haben wir uns dieses Mal an die Fersen vom Onlineradio detektor.fm geheftet, besser gesagt, wir haben die Ohren gespitzt.

In unserer neuen Reihe „Ein Tag mit …“ haben wir uns dieses Mal an die Fersen von detektor.fm geheftet, besser gesagt, wir haben die Ohren gespitzt. Das mehrfach preisgekrönte Onlineradio mit Sitz im Leipziger Westen Plagwitz feiert im Dezember seinen 5. Geburtstag. Und dass ist überhaupt nicht selbstverständlich. Denn das Konzept von detektor ist in der deutschen Radiolandschaft eher unüblich. Aber fangen wir von vorn an.

© Geli Megyesi

UKW abschalten! Das ist die erste Botschaft, die uns auf einem Plakat erwartet, als wir die 260 qm große Redaktion im Leipziger Westen betreten. Der Musikredaktionsleiter Gregor Schenk empfängt uns und führt uns durch die heiligen Hallen des Onlineradios. Er gehört zu den insgesamt vier festangestellten Mitarbeitern bei detektor und sagt von sich: 

Robbie Williams und Helene Fischer haben keine Chance

Da er quasi die Musikredaktion ist, stellt er die Podcasts zusammen, sucht neue Musik und Künstler raus und organisiert die Live-Sessions. Zu eben jenen kommen wir später. Auf die Frage, wie er detektor beschreiben würde, sagt er: „Wir machen das Radio, worauf wir Bock haben!“ Wobei es aber auch kein Ego-Radio sei, schließlich lerne man als Musikredakteur auch abseits des persönlichen Geschmackes Künstler und Musik als gut zu befinden. Was aber definitiv nicht gespielt wird, ist Helene Fischer, sondern Musik, die eher abseits des Mainstreams stattfindet. Und was ist mit Robbie Williams? Schließlich überreichte der Superstar ihnen den Deutschen Radiopreis 2012 in der Kategorie „Beste Innovation“. Gregor lacht und sagt: „Deswegen spielen wir ihn trotzdem nicht.“

© Geli Megyesi
Es ist 9:45 Uhr und damit Zeit für die tägliche Redaktionssitzung. Max, ein freier Mitarbeiter, leitet die Sitzung, die etwa eine halbe Stunde dauert. Es wird besprochen, was der Tag so bringt, wer welche Ideen und Vorschläge hat und es werden Termine koordiniert. Beispielsweise steht 13 Uhr ein Interview mit jemanden an, der über das Thema „Psychotherapeuten, die sich über ihre Ausbildung beschweren“ an, außerdem wird die heutige Musiksession vorbereitet. Es kommt die Band Woods of Birnam. Nachdem alle Aufgaben verteilt sind, macht sich jeder an seine Arbeit. Auch Leef (29) ist heute hier und guckt jeden in der Redaktion über die Schulter. Der Medienkommunikationsstudent aus Halle möchte in den Radiojournalismus schnuppern und eventuell dann als Freier Journalist bei detektor arbeiten. Beim Durchschlendern kommen wir auch an dem Journalistenbüro vorbei. Dort sitzen mehrere Freie, die hier Beiträge für detektor und verschiedene Medien produzieren. 

„Keine Sorge, wir machen garantiert keine böse Morningshow!“

© Geli Megyesi
Bevor das Herzstück und die Hauptsendung des Radiosenders „Der Tag“ beginnt, eine durchmoderierte Livesendung von 16 bis 19 Uhr, haben wir die Gelegenheit, mit Mitarbeitern zu sprechen, und eines wird uns sofort klar: Hier geht es um Leidenschaft. Und das gefällt den Hörern. Laut Medienanalyse gibt es 75.000 Hörerkontakte im Monat und die Zahl steigt stetig. Messbar ist im Internet ja bekanntlich alles. Eine Tendenz ist beispielsweise, dass die Nutzerzahlen morgens steigen. Doch Kati Zubek, verantwortlich für Marketing & PR, beruhigt: „Keine Sorge, wir machen garantiert keine böse Morningshow!“
Und das ist auch gut so, denn detektor hat sich deutschlandweit einen Namen gemacht, weil es ein neues und mutiges Radio ist, „was niemanden auf den Keks geht, aber auch niemanden etwas schenkt – wir strengen schon an“, so Redaktionsleiter Marcus Engert, einer der Gründer. Detektor mache keinen Dudelfunk, außerdem sprengen Interviews schon mal die 10 Minuten-Marke. Christian Bollert, Geschäftsführer und ebenfalls Gründer, entwickelte zusammen mit Marcus die Idee eines Onlineradios, was auf Qualitätsjournalismus und anspruchsvolle Musik setzt. „Wir dachten uns damals, Onlineradio ist ja keine Raketenwissenschaft.“

Es gab zwei Städte, die für das Projekt infrage kamen: Berlin oder Leipzig. Schlussendlich wurde es Leipzig, da die Stadt laut Christian viele Standortvorteile habe. So stelle man sich bei Interviewanfragen für Künstler und Politiker in Berlin ganz hinten an, weil es Unmengen an Medien in der Hauptstadt gibt. In Leipzig hingegen hält sich das Medienangebot bekanntermaßen in Grenzen. Da sage dann der eine oder andere auch mal eher zu. Außerdem: „Innovation entsteht nicht in Ballungszentren, sondern aus der Peripherie heraus!“. Dabei trifft es sich natürlich auch gut, dass sie alle gerne in Leipzig leben, weil es „eine lebenswerte Stadt“ ist. 

Klassischer Journalismus, kein Wetterbericht, Live-Sessions

Was unterscheidet detektor.fm von anderen Radiosendern? „Wir spielen andere Musik und haben andere Themen. Im Grunde sind wir ein einfaches Magazinradio – ein klassisches Format aus den 70ern. Wir praktizieren den klassischen Journalismus.“ Das beinhaltet aussortieren, gewichten und einen Fokus setzen. „Wir machen die Dinge, die wir können – dazu gehört weder das Wetter, noch der Verkehr“, so Christian und ergänzt: „Beruflich ist das die beste Idee unseres Lebens!“

Langsam trudelt nun auch die Band Woods Of Birnam in die Redaktion ein. Die Live-Sessions, etwa eine in der Woche, sind bei den Hörern besonders beliebt. Woods Of Birnam besteht aus dem Sänger und Schauspieler Christian Friedel, der im Film „Das weiße Band“ mitspielte sowie aus Mitgliedern von Polarkreis 18. Nachdem die Jungs eine halbe Stunde geprobt haben, wird die Session aufgenommen. Die Band spielt „I´ll Call Thee Hamlet“ und „Down“. Das Aufnahmestudio findet mit ach und krach Platz für die fünf Bandmitglieder samt Instrumenten, Gregor, der am Mischpult sitzt, Kati, die die Kamera hält und der Moderator Christoph, der anschließend das Interview mit Sänger Christian und Gitarrist Philippe führt. Wenn alles im Kasten ist, wird noch eine Runde geschnackt und ein Foto der Band gemacht, um sie an der detektor Wall of Fame zu verewigen, wo schon Bands und Künstler wie Heymoonshaker, The Boxer Rebellion oder auch Helge Schneider ihren Platz haben.
In fünf Jahren hat sich da so einiges angesammelt. Um das zu feiern, verlässt detektor am 6. Dezember 2014 das Studio und feiert im UT Connewitz eine Geburtstagssause mit Hörern, Partnern, der Crew sowie Parasite Single, Say Yes Dog und RSS Disco ab 20 Uhr. 

Übrigens:
Gefeiert werden nicht nur fünf erfolgreiche Jahre, sondern auch der Release einer Smart-TV-App. Als dritter deutscher Radiosender schafft das Independent-Radio damit den Sprung auf die Mattscheibe – ins internetfähige Fernsehen.

Die Eckdaten des 5. Geburtstags von detektor.fm im Überblick:

Wann: 6. Dezember 2014 ab 20 Uhr
Wo: UT Connewitz
Tickets: 9€ (+VVK-Gebühren) 

Mehr Infos zum Sender, zum Stream und zur Sause kenommt ihr unter detektor.fm

Weitere Live-Sessions: