„Rettungsrambos sind selten“ Ein Tag mit: DLRG-Rettungsschwimmern am Kulkwitzer See

Schauen sie den ganzen Tag entspannt aufs Wasser und haben kaum etwas zu tun? Oder trotzen sie im Minutentakt tosendem Sturm und Wellen, um Badende vor dem Ertrinken zu bewahren? Zur Badesaison hat urbanite bei den DLRG-Rettungsschwimmern am Kulkwitzer See mal hinter die Kulissen geblickt.

Schauen sie den ganzen Tag entspannt aufs Wasser und haben kaum etwas zu tun? Oder trotzen sie im Minutentakt tosendem Sturm und Wellen, um Badende vor dem Ertrinken zu bewahren? Manch einer erinnert sich noch an die Helden aus Baywatch und hat sofort romantische Vorstellungen im Kopf. Zur Badesaison hat urbanite bei den DLRG-Rettungsschwimmern am Kulkwitzer See mal hinter die Kulissen geblickt. 

© Lucas Böhme
„Das sind natürlich nette Klischees“, lächelt Thomas Ulrich bei der Frage, was er von der US-Kultserie Baywatch hält. „Aber ich habe es nie gesehen.“ Ulrich trägt als ehrenamtlicher Fachbereichsleiter der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) die Verantwortung für den Wasserrettungsdienst Leipzigs. Im Hauptberuf arbeitet er als Gesundheits- und Krankenpfleger, außerdem ist er gelernter Rettungsassistent. Wir treffen uns in der Wache der DLRG am Kulkwitzer See, wo er heute mit einem kleinen Team von Rettungsschwimmern Dienst tut. Dafür kassiert er diesmal die pauschale Aufwandsentschädigung von 21€, so wie seine Kollegen. „Aber alles was Planung, Organisation, Vorbereitung zuhause ist, das ist für lau.“ Routineaufgaben machen für die kleine Truppe einen Großteil des Tages aus: Morgendliches Aufschließen der Wache, Kontrollgänge, Checken der Ausrüstung, trailern des Bootes, Vorbereitung der Dokumentation. Ab Ende Mai ist der Posten am Kulki an Wochenenden besetzt, in den Sommerferien durchgehend. Je nach Aufkommen an Badegästen schauen dann mehrere Rettungsschwimmer mit dem Fernglas Richtung Wasser. Gerade zu den Stoßzeiten im Hochsommer ist dabei höchste Wachsamkeit gefragt: „Man muss immer darauf gefasst sein, dass etwas passieren könnte. Gerade wenn es voll ist, ist es schon sehr anstrengend“, sagt Ulrich. Idealismus und Spaß, nicht zuletzt durch die Kameradschaft untereinander, gehören in jedem Fall dazu.

Erste Hilfe bei kleineren und größeren Vorfällen

© Lucas Böhme
Kleinere Einsätze beanspruchen den Löwenanteil für die Rettungsschwimmer: Erste Hilfe bei Schürf -und Schnittwunden, Insektenstichen, Prellungen oder Übelkeit. Aber auch ernstere Sachen kamen schon vor. Ulrich erinnert sich: „Vor zwei Jahren waren hier mehrere betrunkene Kinder, die waren fast bewusstlos, da muss man dann auf Zack sein.“ Die nach seiner Schätzung 11 bis 12-Jährigen waren noch kein Fall für den Rettungsdienst, wurden daher in der Wache betreut, bis ihre Eltern sie abholten.

Muss man dagegen aufs Wasser hinaus, kann der Grund denkbar banal sein. Im Schilf verfangene Boote oder abgetriebene Wasserbälle sorgten schon oft für das ein oder andere Ausrücken. Schwärmerische Serienromantik hat da wenig Platz. Doch die gibt es ohnehin kaum, weiß Ulrich: „Es ist schon eher pragmatisch. Man weiß, dass weniger passiert, dass die Routine einen großen Teil ausmacht, es sind viele Kleinigkeiten, und die wirkliche Lebensrettung ist im Sommer ein, zweimal. Das möchte natürlich jeder mitmachen. Aber Rettungsrambos sind relativ selten. Wer Vorstellungen hat, man müsse jeden Tag ins Wasser: Das ist an der Ostsee vielleicht so, dass das häufiger passiert, aber hier ist es ruhiger. An der Ostsee sind es Strömungsverhältnisse und Starkwinde, die haben wir hier nicht in diesem Maße.“ 

Positives Feedback für die Arbeit?

© Lucas Böhme
Gefährlich wird es am See vor allem bei Gewittern – und dann können auch die härteren Fälle eintreten. Erst im vergangenen Jahr war ein Ruderer trotz Unwetter noch herausgefahren und musste von den Rettungsschwimmern per Boot zurückgeholt werden. Zum Glück ging alles gut aus. Doch gerade die klassischen Unbelehrbaren machen Ulrich sauer: „Da ist auch Wut dahinter. Man begibt sich selbst in Gefahr, ist hier für die Leute da, und wenn dann kein positives Feedback kommt, ist das natürlich unschön. Aber wir sind keine Polizei, können den Leuten nichts verbieten.“
Meist jedoch ist der Ruf der Rettungsschwimmer bei den Badegästen positiv, und auch im privaten Umfeld kommt die Tätigkeit gut an. „Aber was so an Arbeit dahintersteht, das sehen die meisten nicht“, hat Ulrich beobachtet. Dabei fordern Organisation, Logistik und Übungswochenenden jede Menge Zeit ein. Schwimmfähigkeit, Fitness, Ausdauer und Intelligenz sind für einen Rettungsschwimmer unabdingbar. Ab 16 Jahren darf man die fünfwöchige Grundausbildung für den See durchlaufen, an die sich zahlreiche weitere Speziallehrgänge anschließen.

Aufklärung beim Baden nach wie vor nötig

© Lucas Böhme
Der heikle Cocktail aus Unwissenheit, Selbstüberschätzung und Leichtsinn ist es, der immer wieder zur Gefahr wird. Dabei ließe sich mit richtiger Information und gesundem Menschenverstand viel verhindern, ist sich Ulrich sicher und erinnert sich an eine Leiche, die er mal am Bagger bergen musste. Der Mann war nachts betrunken geschwommen und dann untergegangen. Niemand konnte ihm mehr helfen. Kein Wunder, dass Ulrich da noch einige Grundregeln beim Baden mit auf den Weg gibt: Nicht alkoholisiert ins Wasser gehen, auf die Beflaggung am Ufer achten, nicht direkt nach dem Essen baden, bei Vorerkrankungen vorsichtiger sein. „Man muss sich vergegenwärtigen: Ich bin in der Natur. Wasser ist nicht der Lebensraum des Menschen, damit muss man umgehen.“ Bis zum Feierabend liegen jetzt noch ein paar Stunden Wachdienst vor Ulrich und seinem Team. 

Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft Leipzig e.V. 

Es werden übrigens noch Rettungsschwimmer gesucht! Alle Infos dazu auch auf der Homepage des DLRG.

Theresienstraße 2a, 04105 Leipzig

Tel.: 0341/ 200 81 88 

Web: www.bez-leipzig.dlrg.de

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