Die Revolution aus dem Inneren Enter Shikari im Interview über Revolution, Major Labels und MySpace

Im Interview verraten Enter Shikari, warum eine Revolution dringend nötig ist, warum sie den Major Labels den Rücken kehrten und die Macht der Social Media Kanäle.

Enter Shikari vereint Post-Hardcore und Trancemusic und nennt das Ganze Transcore. Inhaltlich macht die Band einem Bob Geldof mächtig Konkurrenz, denn ihre Texte handelt u.a. von den teils katastrophalen Zuständen auf der Welt: Klimawandel, Rassismus, wirtschaftliche Ungerechtigkeiten … und das macht die Engländer ziemlich wütend. Am 7. Februar 2015 kommt Enter Shikari ins Hellraiser, präsentiert von urbanite. Im Gepäck: das neue Album „Mindsweep“ – allerdings ohne die berüchtigten Sniper Kondome. Bassist Chris erklärt im Interview u.a., warum eine Revolution dringend nötig ist und den immer geringer werdenden Einfluss von Major Labels.

© Veranstalter

Euch gibt es seit über 10 Jahren. Was ist das Coolste im Musikbusiness und was das Nervigste?
Das Coolste ist, Konzerte auf der ganzen Welt zu geben. Dass es tatsächlich mal dazu kommen würde, hätten wir damals, als wir mit Enter Shikari starteten, niemals erwartet. Es war mehr so ein Hobby. Das Härteste ist, von Zuhause solange weg zu sein. Obwohl wir unterwegs eine großartige Zeit haben, fehlt man auch bei vielen wichtigen Ereignissen Zuhause und verpasst viel.

Kannst du es dir erklären, warum Enter Shikari so viel kommerziellen Erfolg hat, obwohl ihr – sagen wir mal – eher einen eigenwilligen Style habt?
Wir haben wirklich lange Zeit versucht, genau das herauszufinden (lacht). Ich denke es liegt daran, dass wir tatsächlich die Musik machen, die wir auch gerne hören. Man merkt das und die Fans auch. Wir wollen aufregende Musik machen, also schreiben wir diese auch – und das scheint anzukommen.

Welche Geschichte erzählt „Mindsweep“?
Wenn wir anfangen, eine neue Platte zu machen, haben wir einen ungefähren Plan, wohin es gehen soll. Es entwickelt sich mit der Zeit dann ganz natürlich. Mit „Mindsweep“ war es dieses Mal anders. Wir saßen zusammen und haben unsere Ideen gesammelt und haben einfach geschaut, wohin das führt. Das ist schon ein wenig merkwürdig, wenn du erst mal keine Ahnung hast, wie das Album werden soll. Ich denke die Emotionen in der Musik kommen zu erst, dann geht’s an den Text, weil wir erst dann wissen, welche Lyrics dazu passen. Man kann nicht sagen, dass das ganze Album eine Geschichte erzählt. Weil jeder einzelne Song eine Art Thema oder eine eigene Bedeutung hat. Beim Album geht es insgesamt um Kommunikation, Zusammenhalt und um eine andere Denkweise. Es geht darum, neue Dinge zu entwickeln und neu zu überdenken.

Ein Thema des Albums ist, eine Revolution aus dem Inneren zu beginnen. Was meint ihr damit?
Es geht um die Art des Denkens. Das System – so wie es ist – ist eingerichtet, aber es macht so vielen Menschen auf der Welt Schwierigkeiten. Und es ist nicht richtig und nicht zu jedem gut. Wir alle können das sehen. Die Revolution ist nötig, um etwas zu ändern. Es ist wichtig, Menschen unterschiedlicher Levels zu involvieren. Die Möglichkeit, mitzumischen, etwas mit zu entwickeln und zu ändern, scheint so weit weg zu sein. Aber es ist wichtig, zu wissen, dass Menschen einen Schritt nach vorne machen können und eine Stimme haben.

Eine Idee, wie wir die Probleme lösen können?
Es gibt nicht DIE Lösung für den Moment. Es geht mehr darum, sich bewusst zu werden, was es für Probleme gibt. Zum Beispiel könnten sich die Menschen, besonders die in einem sogenannten entwickelten Land leben, über den Klimawandel bewusst werden und auch im Privaten handeln, anderen Menschen erklären, was es auf sich hat mit dem Verhalten jedes Einzelnen und auch der Regierung. Es ist schwierig, in diesem bestehenden System zu handeln – aber man kann es.

MySpace war euer Durchbruch – nun ist es mehr oder weniger tot. Kannst du dir erklären warum? Was ging schief?
Nicht wirklich (lacht). Vielleicht weil es so schnell ging. Es gab eine immense Entwicklung in der Hinsicht – wie Facebook und SoundCloud. Es war eine Zeitlang so groß, dass niemand gedacht hätte, dass es überhaupt irgendwann vorbei sein könnte. Aber offensichtlich hat sich das geändert.

Ist das nicht traurig für neue junge Bands? Wegen der fehlenden Plattform?
Ich denke, es gibt dafür viele andere Plattformen jetzt, um Musik zu publizieren. Es gibt immer noch genügend Möglichkeiten für Bands, ihre Musik zu zeigen.

Erst wart ihr bei einem Underground Label, dann bei einem Major und nun wieder bei einem Independent Label. Was ist der Unterschied?
Bei unserem ersten Album haben wir alles selbst gemacht: die Tour organisiert und die Fanbase aufgebaut. Beim zweiten Album sind wir gewachsen und dachten, wir müssten nun bei einem Major signen. Aber diesen Gedanken haben wir schnell wieder verworfen. Wir mögen es, unser Ding zu machen und selbst zu entscheiden. Bei einem Major ist alles bürokratisch. Du brauchst für alles eine Freigabe. Wir haben eigene Ideen und wollen die auch schnell umzusetzen.

Der große Einfluss von Majors in der Musikindustrie existiert nicht mehr. Warum?
Ich denke, dass Internet ist ein großer Faktor. Das ist ja das, was ein Label tut: Es bezahlt eine Platte, die die Band macht. Es bezahlt, sie zu releasen. Und das wird heute immer weniger wichtig. Ich meine, du kannst heute eine Platte Zuhause am Laptop machen. Außerdem hat der CD-Verkauf mehr und mehr nachgelassen.
Es ist eine große Entwicklung. Leute mögen immer noch Musik. Nur die Art und Weise, wie sie an ihre Musik rankommen, ist jetzt eine andere. Der klassische CD-Verkauf ist es nicht mehr.

Ihr tretet am 7. Februar 2015 im Hellraiser in Leipzig auf. Was können wir von eurem Konzert erwarten?
Wir sind sehr aufgeregt, das neue Album zu spielen, mit einem ganz neuen Look – so dass es gut funktioniert. Es wird eine Menge neuer Sachen geben – und Schweiß, davon gehen wir aus. 

Was: Enter Shikari live
Wann: 7. Februar 2015 um 20 Uhr
Wo: Hellraiser

Wir verlosen Tickets zum Konzert