Wenn heute und morgen verblassen ... Federico Albanese im Interview

Wenn die atmosphärischen Sounds von Federico Albanese erklingen, wird mit einem Mal alles Andere blass. 
Die minimalistischen Pianomelodien, untermalt mit Streicherarrangements und Elektronika, transportieren geradezu filmische Klangwelten, die für den Moment den Alltag aussetzen. Im April könnt ihr Federico live erleben. Wir haben vorab mit ihm über die Szene, die Motivation für seine Musik und über die Sternstunden seiner Karriere gesprochen.

© Bjørn Fehl
Wenn die atmosphärischen Sounds von Federico Albanese erklingen, wird mit einem Mal alles Andere blass. 
Die minimalistischen Pianomelodien, untermalt mit Streicherarrangements und Elektronika, transportieren geradezu filmische Klangwelten, die für den Moment den Alltag aussetzen. Im April könnt ihr Federico live erleben. Wir haben vorab mit ihm über die Szene, die Motivation für seine Musik und über die Sternstunden seiner Karriere gesprochen.

Viel Gutes beginnt in Berlin

Wie geht’s? Was machst du gerade?
Gerade bin ich in meinem Studio in Berlin am Arbeiten.

Wie viele Jahre wohnst du jetzt schon in Berlin?
Mittlerweile tatsächlich schon 6 Jahre. Eine ganze Weile.

Bevor du nach Berlin gezogen bist, hast du in Mailand gewohnt. Was waren deine Gründe, nach Berlin zu ziehen?
Italien ist ein Land mit vielen Vorzügen, vor allem mit hoher Lebensqualität. Aber hinsichtlich der Kultur geht in Italien nicht so viel. Da ist Italien eher konservativ. Es gab nicht viel Platz für die Art Musik, die ich mache, weil sie gewissermaßen auch ungewöhnlich ist. Es gab keine richtige Szene, dort ging wirklich nichts vor 6 Jahren. Daher war es sehr schwierig, meiner Beschäftigung 
nachzugehen. Ich kam dann mal nach Berlin, habe die Stadt gesehen, kam wieder, war mal für ein paar Wochen da, dann mal für einen Monat. Ich habe die Stadt und die Leute besser kennengelernt und neue Freundschaften geschlossen. Es war an einem gewissen Punkt eine natürliche Entscheidung. Es war letztlich ein Versuch, ohne Klarheit über den Ausgang. Ich wollte einen Tapetenwechsel. Aber wie du merkst, bin ich immer noch hier, also lief es wohl doch ganz gut. 

Würdest du sagen, deine persönliche musikalische Entwicklung hat in Deutschland frischen Wind bekommen?
Ja, absolut! Als ich hier ankam, hatte ich eine Handvoll Songs und viele Erwartungen. Der fundamentale Unterschied zwischen Berlin und Mailand war, dass ich auf offene Türen gestoßen bin. Es gab Möglichkeiten, von denen ich vorher nichts wusste. Ich habe sehr viele Leute getroffen, die wegen der gleichen Gründe in die Stadt gekommen sind. Und ja, im Grunde ging meine ganze Karriere hier erst richtig los. All diese Leute zu treffen und die Szene besser kennenzulernen und zu sehen, was hier schon alles abging, das hat mich dann nochmal ganz neu motiviert, viel zu arbeiten und meinen Weg zu finden. 

© Beniamino Barrese
Deine letzten drei Alben hast du alle in Deutschland aufgenommen?
Was aufnehmen angeht, kann ich das nicht so einfach sagen. Das ist bei mir immer sporadisch. Ich nehme nie alles an einem Ort auf. Das betrifft alle meine Alben, aber besonders das letzte. Ich bin letztes Jahr viel herum getourt und dabei habe ich aufgenommen. Dabei spiele ich auf verschiedenen Pianos in unterschiedlichen Räumen an diversen Orten. Verarbeitet, also gemischt und produziert, werden die Sounds dann immer in Berlin. Zum Teil in meinem eigenen Studio und teilweise in dem Studio eines italienischen Freundes, Francesco Donadello, der mittlerweile schon seit einigen Jahren mein Toningenieur ist. 


Verbringst du dann, wenn du auf Tour bist, deine Zeit vorrangig am Piano?
Ich verbringe schon viel Zeit am Piano, aber nicht die ganze Zeit. Letztes Jahr habe ich on Tour an den Aufnahmen für das neue Album gearbeitet. Das war eher eine Abfolge von Umständen. Ich kam zu dem Schluss, dass es am Besten wäre, wenn ich immer ein kleines mobiles Studio dabei habe. Ein sehr kleiner Aufbau, mit dem ich dann jederzeit neue Ideen aufnehmen kann. Wenn ich dann mal ein Konzert in einem tollen Raum mit einem wunderbaren Piano spiele, bleibe ich länger zum Soundcheck und nehme ein paar Stücke auf, die ich dann möglicherweise weiterverwende, um einen Song zu komponieren. Außerdem reise ich viel, auch immer mal wieder nach Italien, um Zeit mit der Familie zu verbringen. Dabei nehme ich auch hier und da etwas auf. Ich würde sagen, es ist ein konstanter, fortlaufender Prozess und ich versuche, jederzeit weiter zu arbeiten und aufzunehmen. Wenn ich toure, dann liegt der Fokus stark auf der Arbeit, deshalb habe ich das Piano tagtäglich in Gedanken. 

Jeder Schritt fügt einen Teil zum großen Ganzen hinzu

Du hast vor deinen Solo-Alben an anderen Projekten mitgewirkt und somit schon ein paar Stationen hinter dir. An welchem Punkt deiner musikalischen Entwicklung siehst du dich jetzt?
Also, um ehrlich zu sein, weiß ich es nicht. Ich denke, mein Weg ist noch sehr weit. Mit allem was ich versuche, jedem Projekt, das ich anfange, jedem Album, das ich aufnehme, füge ich einen Baustein zum großen Ganzen hinzu. Ich glaube, dass sich eine tiefe Befriedigung über die Jahre hinweg einstellen wird. Ich sehe es eher so, dass ich immer noch sehr viel lerne und wachse. Alles, was ich aktuell mache und gemacht habe ist mehr oder weniger eine Herausforderung. Ich fühle mich immer noch neu in der Branche. Ich habe zwar zwei Alben aufgenommen, bevor ich nach Berlin gezogen bin, aber das war mehr ein Pop-, bzw. Indie-Pop-Projekt. Das war eine ganz andere Sache. Ich war noch jung. Ich habe natürlich auch viel gelernt, aber mein Weg als Komponist ging erst los, als ich 2014 mein erstes Album „The Houseboat and the Moon” veröffentlicht habe. Ich bin also erst seit vier Jahren im Business und ich muss immer noch viel lernen, denn man hört nie auf zu lernen. 

Du hast neben deinen Alben auch schon an Filmprojekten mitgewirkt und dafür Soundtracks komponiert. Was sind die großen Ziele, die du noch erreichen willst? 
Ähm (überlegt kurz), natürlich gibt es wirklich viele Dinge, die ich gerne einmal tun würde. Aber im großen Ganzen liegt das nicht in meiner Entscheidungsmacht. Mein persönliches Ziel ist es erst einmal, durch Musik etwas zu kommunizieren. Das ist die Quelle meiner Zufriedenheit. Für mich ist es wichtig, dass ich es schaffe, die tieferen Regionen unserer Emotion zu erreichen. Wenn ich das schaffe, bin ich glücklich. Dann hab ich das Gefühl, dem großen Ganzen einen Baustein hinzugefügt zu haben.
Was das Business anbelangt, weiß ich es ehrlich gesagt nicht. Ich mag es wirklich, Soundtracks zu komponieren und für Filme und Theater zu arbeiten. Ich würde in Zukunft auch gerne mehr in der Richtung arbeiten, aber das ist auch etwas, das mit der Erfahrung kommt und ich bin ja wie gesagt noch dabei zu wachsen. So wie ich es jetzt sehe, merke ich, dass mit jedem Jahr und mit Allem, was ich mache, mehr passiert und sich neue Dinge entwickeln, vor allem musikalisch. Aber was noch vor mir liegt, kann ich wirklich nicht sagen. Die Entwicklung ist natürlich auch vom Zufall geprägt heutzutage. Es ist eine Mischung aus Dingen, die letztlich zusammen kommen müssen: ein bisschen Glück und die richtige Person im richtigen Moment. Das hängt von einer Menge Faktoren ab, die weder ich noch mein Team beeinflussen können. Aber mein persönliches Ziel ist es, gute Musik zu machen und dran zu bleiben.

© Bjørn Fehl
Du bist in den kommenden Monaten auf großer Tournee. Was gefällt dir am Touren am besten? Konzerte spielen, oder mit Fans zu interagieren oder das Gefühl nach einem Konzert? 
Das Gefühl nach einem Konzert ist wirklich genial. Die Stimmungen davor und danach sind wirklich schwierig zu beschreiben. Das ist eine sehr intensive Angelegenheit. Ich fühle mich so privilegiert, dass ich rausgehen kann und Konzerte spielen kann. Allein der Fakt, dass ich es tue ist eine Quelle der Freude für mich, das macht mich wirklich glücklich. Es ist ein großes Privileg, durch Europa zu touren und meine Musik auf den verschiedenen Bühnen zu spielen. Das ist wirklich unbezahlbar. Es sind schöne und auch weniger schöne Aspekte dabei, wenn man on Tour ist. Es ist sehr ermüdend, vor allem jeden Tag zu Fliegen macht sehr müde. Aber das schönste am Touren ist, dass wenn du auf die Bühne gehst, alles Andere verblasst. In diesem Moment bist du nicht mehr müde, du denkst nicht an morgen, du denkst nicht mehr an heute, du machst einfach dein Ding. Du eliminierst alles Andere aus deinem Kopf und du spielst einfach. Das mag ich wirklich am Meisten am Touren. Ich mag es außerdem, auf verschiedenen Pianos und in verschiedenen Locations zu spielen: Mal in einem Theater oder Club, mal in einem Museum, oder auch mal in einer Kirche. Es sind also auch sehr verschiedene Umgebungen, was ich wirklich mag. Das lässt mich als Person auch weiter wachsen, indem ich jederzeit bereit bin, die Herausforderung anzunehmen, mich an eine neue Situation anzupassen. Das ist wirklich aufregend. 

Nächsten Monat spielst du in Dresden. Warst du denn schon mal hier?
Ja, ich war schon zweimal da.

Dann verrate uns doch, was dir an Dresden gefällt.
Um ehrlich zu sein, hat man auf Tour meistens nicht so viel Zeit, um sich eine Stadt richtig anzusehen, weil der Zeitplan meistens sehr knapp ist. Ich komme an, mache Soundcheck, dann hab ich vielleicht noch Zeit für einen Nap und dann geht’s auch schon los.
Dresden ist vermutlich meine Lieblingsstadt in Deutschland, das Publikum war dort wirklich cool. Ehrlich gesagt mag ich ostdeutsche Städte sehr und ich liebe Dresden, Leipzig und Berlin natürlich. Aber in Dresden treffen meiner Meinung nach die meisten Gegensätze aufeinander. Ich denke, in Dresden gibt es eine gute Entwicklung, die Stadt entwickelt sich vor Allem kulturell weiter, es gibt viel Subkultur. Ich habe auch Freunde aus Dresden. Es ist wirklich eine coole Stadt, nach meinen Shows war ich in ein paar Bars, die wirklich mag. Die Stadt hat für mich einfach eine tolle Atmosphäre und ich freue mich, bald wieder da zu sein. 

TERMINE

DRESDEN 24.4.2018 – Jazzclub Tonne

LEIPZIG 22.4.2018 – Neues Schauspiel

BERLIN 18.4.2018 – Volksbühne