„Leipzig ist für mich das Gallien Sachsens“ Feine Sahne Fischfilet im Interview

Wir sprachen mit dem Sänger der sechsköpfigen Band, Monchi, u.a. über Militanz, Rassismus und Fußball. Außerdem erklärt er uns, warum Leipzig Sachsens Gallien ist.

© Owieole

Feine Sahne Fischfilet heißt deutscher Punkrock, heißt Pöbeln und Provozieren, heißt klare Ansagen und heißt allem voran, unangenehme Wahrheiten nicht zu scheuen. Heißt aber auch viel Herz und Verstand. Wir sprachen mit dem Sänger der sechsköpfigen Band, Monchi, u.a. über Militanz, Rassismus und Fußball. Außerdem erklärt er uns, warum Leipzig Sachsens Gallien ist. 

Was wollt ihr mit eurem aktuellen Album „Bleiben und Gehen“ sagen?
Wenn ich Klassentreffen habe und nur noch sechs Leute aus der ganzen Klassenstufe in Mecklenburg-Vorpommern leben, spricht das wohl für sich. So bleibt dann irgendwie auch viel Abschaum über. Damit meine ich rechte Parallelgesellschaften. Das liegt natürlich auch daran, dass viele halbwegs coolen Leute wegziehen. Es gibt einfach eine Landflucht. Es nicht unbedingt ein Vorwurf, dass die Leute gehen, sondern eher die Aussage, dass es schön ist, wenn auch ein paar coole Leute bleiben würden – in den Provinzen.

Ihr habt als Schülerband begonnen und oftmals in ländlichen Gegenden gespielt. Dabei kamt ihr mit Rassismus und Faschismus in Kontakt. War das auch der Ursprung eurer Antihaltung?
Klar. Ich glaube nicht, dass wir heute an dem Punkt wären, wenn wir nicht dort aufgewachsen wären, wo wir aufgewachsen sind. Wir haben uns jedoch nicht aus politischer Motivation gegründet. Man wollte einfach Musik machen. Ich habe früher so mit 13, 14 Jahren zum Beispiel auch Nazi-Mucke gehört. Die Nazis standen vor der Schule und haben eben diese Musik verschenkt – das war einfach Normalität. Mit der Zeit kommt es dann, dass man das Gefühl hat, sich positionieren zu müssen und ganz klar von sich weiß: „Darauf habe ich keinen Bock!“.

Begünstigt „die Provinz“ rechtes Gedankengut?
Das kann ich nicht beantworten – das wäre auch zu einfach. Ich habe noch nie in einer Großstadt gelebt und kann es daher nicht genau sagen. Was für mich seit jeher mehr zählt, sind die geilen Leute bei uns, die hier was reißen und bewegen. Es reicht nämlich nicht, einfach in seinem Wohlfühlkiez abzuhängen, Latte Macchiato zu trinken und große Reden zu schwingen. Oftmals wäre es einfach schöner, wenn die Leute nicht so ein großes Maul hätten, aber den Mund dann aufmachen, wenn es drauf ankommt.

Du sagtest mal, man müsse „Rechtsradikalismus auf allen Ebenen und in allen Punkten etwas entgegensetzen“. Wie genau realisiert sich das?
Naja, das ist die Standardphrase, wenn man sagen will, dass man kein Problem mit Militanz hat (lacht). Ich habe beispielsweise kein Problem damit, wenn Naziaufmärsche blockiert werden. Da rede ich jetzt nicht von 14-jährigen Thor-Steinar-Kiddies, sondern von überzeugten Nationalsozialisten. Leute in MeckPom, die seit Jahrzehnten zum Beispiel ihre nationalsozialistische Politik betreiben und im Landtag sitzen. Leute, die rechte Parallelwelten aufbauen – ja, wenn die mal ’ne Backpfeife bekommen, bin ich nicht traurig. Und mit dem „auf allen Ebenen“ meine ich, dass sich alle Menschen aus den verschiedensten Gesellschaftsschichten dagegen gerademachen sollen und opponieren – jeder kann das! Das gibt es in tausend Sparten. Das muss auch nicht immer hochrevolutionär sein … Manchmal sind es einfach Oma und Opa, die den Flüchtlingskids einen Deutschkurs geben. Diese menschliche Hilfe – nämlich zu helfen, wenn geholfen werden muss – finde ich oftmals sympathischer als ideologisch getrieben zu sein.

Wie sieht es mit dir und der Fanszene von Hansa Rostock aus? Es hieß, du hättest dich der Szene mal abgewandt und bist seit 2012 wieder dabei.
Ich bin Fan, seit ich klein bin. Es gab auch nie einen Bruch. Ich wollte mich einfach nicht mehr der Ultra-Subkultur hingeben. Nach wie vor finde ich das trotzdem interessant und sympathisiere mit vielen Sachen. Ich habe allerdings keinen Bock mehr, irgendwelche anderen Leute nicht leiden zu können, nur weil die in einem anderen Verein sind. 

Ist dir Chemie Leipzig ein Begriff?
Ja klar, ich war letztens erst zu einem Spiel und habe sogar eine Stadionführung im Alfred-Kunze-Sportpark bekommen. Sehr beeindruckend, was der Verein da macht. Chemie Leipzig hat sich getraut, seinen Weg zu gehen und von ganz unten so einen Verein aufzubauen – von eigenem Merch bis sozialen Projekten. Es ist vor allem die Konsequenz und das Herzblut, was ich so feiere!

Was ist mit RB Leipzig?
Das ist mir Latte. Zu wenig Herzblut … (lacht).

Weitere Assoziationen mit Leipzig?
Leipzig ist für mich das Gallien Sachsens. Weil in Sachsen schon viel Scheiße passiert und es in Leipzig immer noch einen Widerstand gegen Rassismus und Faschismus gibt.

 Infos: Feine Sahne Fischfilet laden am 23. Juli 2016 ein zum Wasted in Leipzig Open Air im Täubchenthal • mit dabei: Kaput Krauts, MCE,  Aktenzeichen • ab 19€ im VVK