Auf einen Plausch mit Monchi, Kai und Olaf Feine Sahne Fischfilet im Interview: „Wenn wir auf der Bühne sind, dann ist Rock‘n’Roll“

Wir trafen Sänger Monchi, Bassist Kai und Schlagzeuger Olaf auf einen Plausch am sprudelnden Nass vor der weltberühmten Silhouette der Dresdner Altstadt.

Sie leben da, wo niemals Ebbe ist und ihr Zuhause ist der Strand: das Sextett Feine Sahne Fischfilet. Das (Bengalo-)Feuer, das ihre Musik entfacht, leuchtet indes über die Ostsee und die Landesgrenzen Vorpommerns hinaus – trotz oder vielleicht gerade wegen des Gegenwinds, den die Band neben ihrem Zuspruch erfährt. Übrigens auch der Grund dafür, weshalb sie mittlerweile mehr Zeit im Bus verbringt als am geliebten Meer – beziehungsweise „Määähr“ wie die symphytischen Fischköppe sagen würden. Bevor ihre Trompeten im August auf dem Highfield ertönen, spielen die Fischfilets am 6. Juli aber erst einmal vor 12.000 Zuschauern ihr bislang größtes Sahnekonzert bei den Filmnächten am Elbufer. Vergessen, wo sie herkommen, könnten die Küstenkinder bei all dem Erfolg aber nie – ließe sich auch gar nicht leugnen bei den vielen breiten „Ä’s“ statt „E’s“ am Satz- bzw. Wortende (die wir aus Lesbarkeitsgründen im Interview weggelassen haben). Aber jetzt mal Butter bei die Fische: Wir trafen Sänger Monchi, Bassist Kai und Schlagzeuger Olaf auf einen Plausch am sprudelnden Nass vor der weltberühmten Silhouette der Dresdner Altstadt – eben da, wo niemals Ebbe ist. 

© Marie-Luise Reber

Ich muss euch unbedingt von meinem ersten Crowdsurfing-Moment berichten, den ich 2018 auf dem Taubertal-Festival bei einem eurer Konzerte erlebt habe … 

Monchi: Ja geil – das ist doch ein schönes Kompliment!

Erinnert ihr euch noch an euer „erstes Mal“? 

Olaf: Ich war Anfang/Mitte 20. Also auch relativ spät dran dafür, dass ich schon so lange in der Punkrock-Szene unterwegs bin. Es war aber kein Konzert, sondern so eine 90er Party in der Kiste (Studentenclub in Greifswald, Anm. d. Red.).

Kai: Ich war als Teenager auf Punkkonzerten immer am Crowdsurfen, daher kann ich nicht mehr sagen, wann das erste Mal war. (lacht)

Monchi: Ich glaub bei mir war es während eines Hansa-Auswärtsspiels im Block gegen 1860 München oder so.

Was? Im Fanblock geht das auch?

Monchi: Ja man kann alles da!

Olaf: Gesetzesfreie Zone.

Monchi: Auf jeden! Und Crowdsurfen ist schon doll. Die Leute sind halt einfach so krass teilweise. Ich falle dann ja irgendwann immer runter.

Und machst es trotzdem immer wieder, oder?

Monchi: Ja, oftmals. Aber man kann gar nicht sagen, ob das jetzt daran liegt, dass gute Stimmung ist oder schlechte. Manchmal mache ich es, weil das Konzert einfach geil ist und manchmal, weil es halt pusht. Das ist ganz verschieden. Die Leute denken sich dann: Ohhh, wir tragen den Dicken und drehen durch. Auf jeden Fall versuche ich immer solange wie möglich die Augen aufzuhalten, weil das Ganze halt einfach zu verrückt ist. Letztes Jahr hat mir einer auf dem Kosmonaut Festival beim Crowdsurfen ein Stück vom Daumen weggebissen – richtig doll! Ich hab natürlich weitergespielt, aber im Anschluss musste ich ins Krankenhaus und mich gegen alles Mögliche impfen lassen.

Schon verrückt dieses Crowdsurfen, erst Recht, wenn Pfeffi mitsurft.

Olaf und Kai: So ist es … (lachen)

Kommt es vor, dass ihr manchmal nüchtern auf und betrunken von der Bühne geht?

Monchi: Ist das jetzt schon Interview? (lacht)

Ja.

Monchi: Klar kommt das vor! Aber nicht ansatzweise so oft wie früher. Du kannst bei uns niemals nie sagen. Wenn man sich allein unseren letzten Auftritt anguckt (Rock’n’Roll Butterfahrt 2019 | Helgoland, Anm. d. Red.), da waren wir hammerhart teilweise.

Kai: Max Bobzin. (an der Trompete, Anm. d. Red.) Ja. Ja!

Olaf: Max schafft es auf jeden Fall immer, recht nüchtern auf die Bühne zu gehen und sie ziemlich besoffen wieder zu verlassen. Früher war das aber mehr. Ich glaube, ich fange meistens beim letzten Lied an zu trinken. Aber so richtig gerne macht das eigentlich nur noch Max. Mittlerweile ist es bei mir einfach so, dass ich mich ziemlich doll darüber ärgere, wenn ich mich verspiele. Deswegen ist das weniger geworden und das find ich auch gar nicht schlimm.

Monchi: Bei mir ist es echt situationsabhängig: Mal ja, manchmal nein. Ich würde nie so was sagen wie: Das mache ich nie wieder! Wenn es die Situation hergibt, dann mach ich’s und dann ist es halt einfach aus dem Bauch heraus. Auf jeden Fall wirst du nicht schreiben können, dass wir nie wieder betrunken auf die Bühne gehen. Genauso Quatsch ist aber auch, wenn Leute an das Klischee glauben, dass wir immer breit sind. Wenn ich jetzt zum Beispiel an das Konzert in Dresden am Elbufer denke, dann wird das definitiv ein Konzert sein – obwohl sag niemals nie –, ok sagen wir, es wird zu 99,99 % ein Konzert sein, auf dem ich nicht so besoffen sein werde, wie auf unserem letzten.

Olaf: Das wäre eine harte Ansage, ja.

Monchi: Zumal der Witz, dass der Dicke hammerhart ist, auch nur die erste viertel Stunde witzig ist. Danach wäre er auserzählt. Ich hatte vor der letzten Tour ein gutes Gespräch mit jemandem, der schon sehr lange tourt und Konzerte spielt – und ich lass mich gerne von guten Argumenten überzeugen. Er hat zu mir gesagt: Stell dir vor, da warten am nächsten Tag wieder 5.000-7.000 Leute auf dich und du musst denen erzählen: „Och Mensch ich war hammerhart, habe keine Stimme mehr und mir geht’s kacke.“ Das ist dann nicht mehr geil. Eins, zwei Mal kann man das schon machen, aber wenn wir ein Konzert spielen, dann wollen wir auch ein geiles Konzert spielen. 

© Andreas Hornoff

Woher nehmt ihr die Ausdauer, die es braucht, um so eine Tour plus Festivals durchzustehen – wir sind ja alle nur Menschen, mit Launen und körperlichen Wehwehchen?

Kai: Also erst mal ist jedes Konzert Antrieb genug: live zu spielen, die Leute durchdrehen zu sehen – das braucht keine extra Motivation.

Olaf: Wir spielen ja zum Beispiel auch immer „Komplett im Arsch“. Aber du hast immer andere Leute um dich herum und es passiert immer etwas anderes vor und hinter der Bühne – und deswegen ist das nie langweilig! Ich habe auch noch nie irgendwie gedacht: Ohhh puh, jetzt könnt‘s auch vorbei sein. Es ist immer eine Euphorie da, die auch von allen Mitgliedern der Band ausgeht. Man befruchtet sich da einfach gegenseitig.

Monchi: Also es gibt schon Konzerte bei mir, wo ich merke, auf einige habe ich mehr Bock und auf andere weniger. Aber wenn wir auf der Bühne sind, dann ist Rock ‘n’ Roll.

Kai: Klar ist man auch nur ein Mensch, der mal vorher durchhängt – das hat, glaube ich, jeder mal. Aber sobald es losgeht, ist da nur noch Adrenalin.

Inwieweit unterscheidet sich eure Zuhörerschaft auf Konzerten von dem Festivalpublikum?

Monchi: Wenn wir jetzt Dresden spielen werden, wird der größte Teil nur wegen uns dort sein – denke ich. Das ist auf jeden Fall etwas anderes! Auf Festivals musst du dir die Aufmerksamkeit erst erspielen. Die Leute kommen dazu, gehen weg. Aber wenn wir mal nach Sachsen gucken: Das letzte Highfield-Festival 2017 war einfach komplett verrückt! Da waren nachher 15 bis 20.000 Leute vor der Bühne – da kamen immer mehr, weil es einfach groovt so. Da gibt’s so Selbstläufer und das ist schon ein ganz klarer Unterschied.

Kai: Man kennt das ja von sich selbst. Auf Festivals nutzt du einfach die Gelegenheit, dir selber mal andere Bands anzugucken. Aber wenn ich mir für ein Konzert eine Karte kaufe, weil eine Band auf Tour ist, gehe ich natürlich nicht nur für 10 Minuten gucken. Auf Festivals musst du die Leute noch eher überzeugen.

Olaf: Genau das ist auch das Spannende: Du guckst auf den Timetable, siehst wer parallel spielt, wie das Wetter ist. Das wird dieses Jahr auch wieder so sein, dass wir sagen:Ok, es kommt keiner, es kommt keiner, guck mal DIE spielen – das ist anstrengend, aber auch total spannend!

Monchi: Klar weißt du, dass dich jetzt nicht 82 Millionen Leute kennen. Aber irgendwann machst du – ganz blöd gesagt – trotzdem den Fehler zu glauben, dass dich jetzt eh alle kennen, egal ob sie dich gut oder schlecht finden. Aber wenn ich auf Festivals rumlaufe, kommen bis heute Leute zu mir, die sagen: Ey, noch nie von euch gehört, aber ich fand’s richtig geil oder richtig scheiße – wie auch immer … Sozusagen total neue Leute, die noch nie deinen Bandnamen gehört haben. Das ist natürlich auch was Geiles! Und dass uns auf einmal Festivals eingeladen haben, war halt genial, weil wir gemerkt haben, wir spielen vor völlig neuen Leuten – nicht immer in der gleichen Blase! Und wenn du dann von Leuten hörst: Ich hab euch da und da gesehen und besuche euch jetzt auf eurer Tour – dann ist das was Geiles!

Kai: Gerade hier – also in Sachsen – hat man hammer oft, dass Leute sagen: Ey, ich habe euch damals das erste Mal auf dem Highfield gesehen. Das ist richtig krass so! Das ist unser erstes Highfield 2013 gewesen – so um 14 Uhr oder so. Aber davon erzählen einem so viele Leute, wenn man sie trifft.

Olaf: Ja das war richtig abgefahren!

Meine erste Feine-Sahne-Konzerterinnerung geht noch etwas weiter – ins Jahr 2007 – zurück: Da habt ihr ein Konzert im Greifswalder Jugendzentrum Klex gespielt – damals noch in etwas anderer Bandkonstellation … 

Olaf: Hatte Monchi da eine viel zu kleine Lederjacke an und oben ohne und ne Weihnachtsmütze auf?

Kai: Ja, müsste 2007 gewesen sein – unser letztes Konzert dort.

Olaf: Und mein erstes Konzert mit der Band. Joa, das war toll, ja. (lacht) Nach dem Konzert sind alle kopfschüttelnd von der Bühne gekommen – außer Monchi, der ist stehen geblieben. 

Vermisst ihr die „alten Zeiten“ manchmal?

Monchi: Verändern tun sich andauernd Sachen, aber das ist was total Gutes. Wäre nicht so cool, wenn wir jetzt noch auf unserem Modus von 18/19/20 Jahren wären – Backen bleiben ist nicht so geil. Aber klar, alle Zeiten haben ihre besonderen Momente.

Olaf: Zumal wir uns vieles aus der alten Zeit auch bewahrt haben. Wir spielen und organisieren nach wie vor kleine Konzerte – die großen sind halt nur dazu gekommen. Es ist ja nicht so, dass wir jetzt nur noch mit dem Taxi vorfahren um ein Konzert zu spielen. Die Zeit verändert gewisse Dinge, aber den Rahmen – die Stimmung auf den Konzerten – haben wir uns versucht zu bewahren. Etwas professioneller ist es geworden.

Kai: Und das was ich aus der Zeit vermisse, hat weniger mit der Band zu tun. Damals habe ich es geschafft mit 150€ eine Woche Urlaub in Europa zu machen. Und heute würde ich heulen, wenn ich da mit nur 150€ stehen würde. Das ist eigentlich geil gewesen, dass man sich keine Platte gemacht hat.

Olaf: Man hat sich auch vor den Konzerten weniger einen Kopf gemacht, aber ich finde es auch gar nicht so schlimm, wenn man das tut. Früher hab ich mich auch noch viel regelmäßiger und doller weggeschädelt. Das war manchmal echt hart am Limit. Heute passiert alles mit ein bisschen mehr Verstand.

Wo du gerade das liebe Geld ansprichst Kai: Mit dem Erfolg werden natürlich auch Stimmen laut, die beklagen, dass Feine Sahne Fischfielt immer kommerzieller wird. Wie geht ihr mit solchen Aussagen um?

Kai: Klar sind wir kommerziell. Wir haben eben das große Glück, dass wir von unserer Musik mittlerweile leben können und das geht selbstverständlich nicht, wenn alles unkommerziell läuft – ist ja ganz klar. Ich find das nicht verwerflich. Ich freu mich eher drüber.

Prallt aber auf die gesellschaftspolitischen Ansichten der Punk-Szene, die ihr ja irgendwie auch mit eurer Musik ansprecht, oder? 

Monchi: Jaaa – also Punk ist mir wirklich scheiß egal. Für mich ist auch nichts irrelevanter als der ganze Subkulturen-Kram. Wenn mich Leute mal ernsthaft mit solchen Vorwürfen vollquatschen, dann sind das irgendwelche BWL-Studenten oder die, die einen Bank-Job haben und mir erzählen, was ich jetzt für ein Spießer bin. Aber ich glaube in erster Linie ist das kein Vorwurf, sondern Neid. Das Tolle ist ja, dass wir von dem leben können, was uns Spaß macht. Wir sind ja alle keine Millionäre und ich würde mich auch nicht dafür schämen, wenn es so wäre, weil wir ja alle wissen, wie wir dafür rackern. Als wir vor fünf, sechs Jahren Diskussionen darüber geführt haben, was wir machen, war nicht abzusehen, dass wir jetzt Filmnächte am Elbufer spielen. Da war die Frage: Mache ich jetzt die Lehre, ja oder nein?! 95% der Leute, die mir jetzt sagen, dass wir kommerziell sind, haben diese Lehre gemacht. Aber wir haben gesagt: Ey, lass uns 40 Wochenenden touren. Und dann sind wir ausgetickt, wenn wir mal 400€ gekriegt haben. Wenn du wirtschaftlich denken würdest, haben wir da Minus gemacht – scheiß egal! Deswegen können das Leute so sehen, aber schlussendlich ist das egal, weil der Punkt ist: Die Leute labern. Wenn wir jetzt nur noch auf die Bühne gehen würden, um da unser Ding runterzuspielen und das überhaupt keinen Spaß mehr macht und wir sagen würden: Unter Rock am Ring geht es nicht mehr! – Ja dann würde ich verstehen, wenn die Leute sagen: Das ist aber Kacke! Aber ich weiß, dass ich letzte Woche an der Uni in Magdeburg gespielt habe, das wir bei Rock’n’Roll Butterfahrt gespielt haben, das wir unsere Release-Partys und unser eigenes Dorffest machen. Da wäre es doch schlauer, wir spielen irgendein geiles Festival in Vorpommern, nehmen für 60 Minuten eine richtig geile Gage mit und Zack – aus die Maus. Aber stattdessen machen wir unser eigenes Dorffest, auf dem wir einfach null Plus machen. Daher können das Leute von außen gerne so sehen, aber ihre Meinung ist relativ irrelevant – das erschüttert mich nicht! Und wenn wir nicht kommerziell sein wollen, dürfen wir nicht mit Medien reden oder mit Audiolith zusammenarbeiten. Die Leute werden das immer sagen, von Stufe zu Stufe. Und genauso gibt es Leute, die zu mir sagen: Alter bist du geistig minderbemittelt, warum nimmst du nicht 60€ für ein Konzert bei dir? Es gibt auch diese Leute, die an dir zerren und auch da musst du sagen: deine Meinung ist irrelevant. Wir zu sechst müssen wissen, was wir cool finden, was wir vertreten können und was wir toll finden – dann ist das schön … So, ja? Und so fühlt es sich auch an. Und wir diskutieren viel über sowas, auch mit unserem Booker Arthur. Und dann ist es auch okay, dann ist es, wie es ist – egal ob das Leute gut oder schlecht finden. Oder was sagt ihr?

Kai: Da muss man sich nicht groß rechtfertigen. Ich freu mich einfach, wenn Leute von dem leben können, was ihnen Spaß macht!

© Andreas Hornoff

Und was wäre aus euch geworden, wenn ihr euren Traum nicht zum Beruf gemacht hättet? 

Monchi: Bevor ich darüber nachgedacht habe bei den Filmnächten am Elbufer zu spielen, habe ich mich gefragt, ob ich eine Lehre zum Veranstaltungskaufmann machen soll.

Kai: Ich habe Erzieher gelernt.

Olaf: Und ich Krankenpfleger. Aber ob ich jemals in diesem Job gearbeitet hätte? Ich glaube ich hätte eher auf Veranstaltungstechniker umgeschult.

Die volle Ladung Fischfilet gibt es am 6. Juli 2019 live bei den Filmnächten am Elbufer & auf dem Highfield-Festival vom 16. – 18. August 2019 am Störmthaler See.

Das Konzert in Dresden bei den Filmnächten am Elbufer wird am 21.08.2019 nachgeholt!

Bereits gekaufte Tickets behalten natürlich ihre Gültigkeit. Wer an dem 21.08.2019 nicht nach Dresden kommen kann, hat die Möglichkeit seine Tickets an der Vorverkaufsstelle zurückzugegeben, an der sie erworben wurden.