Avocadokerne, Analfissur, Tampontausch und Co. Filmkritik: Feuchtgebiete

Wir waren zur Preview von „Feuchtgebiete“ im Kino. Wir sagen euch, was es zwischen Avocadokernen, Analfissuren und Tampontausch auf sich hat und ob sich der Film lohnt.


Um nicht schon mit hoch-rotem Kopf in die Filmkritik reinzustolpern, spricht erstmal Wikipedia: „Ein Feuchtgebiet oder Feuchtbiotop ist ein Gebiet, das im Übergangsbereich von trockenen zu dauerhaft feuchten Ökosystemen liegt. Der Begriff des Feuchtgebiets umfasst verschiedene Lebensraumtypen wie Sumpf, Moor, Bruchwald, Feuchtwiese, Sumpfgraben, Aue oder Ried. Flora und Fauna sind an den ganzjährigen Überschuss von Wasser
angepasst.“
Los geht’s und guten Appetit.

 

Charlotte Roche. Punkt. Der ein oder andere treue VivaZwei-Fan kann sich sicherlich noch immer rege an die Moderatorin mit dem unkonventionellen Interviewstil erinnern.  Die „Queen of German Pop Television“, wie sie von Harald Schmidt bezeichnet wurde, brachte  2008 dann schließlich ihren ersten Roman heraus. Feuchtgebiete – Skandalroman und Kassenschlager – schafft es am 22. August 2013 nun auch filmisch in die Kinosäle unseres Vertrauens.

Drogen, Prostitution und Avocadokerne
© Screenshot Trailer

Helen (Carla Juri) hat viele Hobbys. Da Bergsteigen, Bungee-Jumping oder ein Triathlon viel zu konventionell und langweilig wären, schiebt sie sich lieber Avocadokerne in alle dafür-nicht-vorgesehenen Öffnungen. Man soll ihr aber keine Einfallslosigkeit vorwerfen. Es wird auch mit Karotten, Gurken und Zucchinis experimentiert. Neben ihren vegetarischen Präferenzen, Drogen und Prostituierten interessiert sie sich für jegliche Art von Körperflüssigkeiten: Das Sperma vierer Männer auf der Pizza, unidentifizierbare Ausflüsse auf öffentlichen Toiletten oder die, ihrer eigenen Analfissur.

Liebe und Trauma

Mit letzteren beginnt dann auch die ganze Geschichte. Helen war bei ihrer Intimrasur nämlich ein wenig hastig und muss somit verletzt ins Krankenhaus. Das Krankenhaus fungiert hierbei als Dreh-und Angelpunkt ihrer Verliebtheit in den Pfleger Robin (Christoph Letkowski), traumatischer Erlebnisse ihrer Kindheit und ihres tiefsten Sehnens nach einer intakten Familie. Da Helens Eltern (Meret Becker und Axel Milberg) geschieden sind, möchte sie ihren Krankenhausaufenthalt so lange hinzögern, bis die Eltern bei einem gemeinsamen Besuch des Krankenbettes ihrer Tochter wieder zusammenfinden. Hofft sie.

© Screenshot Trailers
Der ultimative Nicht-Erstes-Date-Film

Mit ungestümen Witz, wilder Rebellion, Gleichgültigkeit und ihrer erschreckenden Wahrhaftigkeit schockt sie nicht nur die Filmcharaktere sekündlich, sondern lässt auch den Kinobesucher verklemmt in den Sessel rutschen. Der ultimative Nicht-Erstes-Date-Film graut von einer Sequenz zur nächsten. Es wird kein Blatt vor den Mund genommen und Grenzen bewusst überschritten.

Letztlich kann man dem Film nicht viel abgewinnen! Er ist ekelhaft. Das will er natürlich auch sein, lässt aber darüber hinaus leider viel zu sehr das verletzte, labile und instabile kleine Mädchen beiseite, welche anstatt des Tamponaustausches mit ihrer Blutsschwester (Marlen Kruse) lieber den Gedankenaustausch mit einem Therapeuten in Erwägung ziehen hätte sollen.

Fuck the Pain away“ und „Come into my Mouth“

Musikalisch wird der Film durch Tracks von Peaches und Co. unterstützt. Mit „Fuck the Pain Away“ oder „Come into my Mouth“ bleibt der eigenen Vorstellungskraft gar nicht mehr viel Spielraum übrig. Die Musik spricht es aus, Helen spricht es aus und zu guter Letzt hält die Kamera immer noch unmittelbar auf’s Geschehen. Et voilà: Der Film ist fertig und lässt ähnliche Gefühle wie beim Zuklappen des Romans aufkommen. „Was zur Hölle?“

Fazit: Für Neugierige ein MUSS! Für alle anderen: Bye bye Guacamole, Pizzabestellung und öffentliches Klo! Habt ihr euch nicht schon längst vorgenommen, den Film zu schauen, solltet ihr es vermeiden.

Lieblingszitat: „Jeder Mensch braucht Hobbys. Bei mir ist es neben Ficken, Avocadobäume züchten.“

Filmstart: 22. August 2013