Die Menschheit wächst, nutzbares Land schrumpft Filmkritik: Landraub – Die globale Jagd nach Ackerland

Wir schreiben das Jahr 2015 und schon jetzt werden unsere Ressourcen knapp. Land ist begehrtes Gut. Landraub ist eine Dokumentation, die zeigt, was im Moment auf dem Weltmarkt passiert und was noch passieren kann, wenn nicht eingegriffen wird. Kinostart ist der 8. Oktober 2015.

Immer mehr Menschen auf der Welt, und die Ressourcen schwinden – in Blockbuster-Manier à la „Interstellar“ oder der neuen amerikanischen Serie „The 100“ werden Endzeit-Szenarien quasi regelmäßig bis zur Spitze getrieben. Und damit oftmals auch reißerisch gezeigt, was passiert, wenn wir uns nicht langsam mal zusammenreißen. Und das mit ganz viel Action und Weltschmerz.
Es gibt aber auch Filme, die sich mit der Realsituation auseinandersetzen. So einer ist auch Landraub. Eine Dokumentation, die zeigt, wie sehr der Kampf um die Ressourcen schon vorangeschritten ist. Die Jagd auf Land ist schon seit Jahren eröffnet.

 

Worum geht’s genau?

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Es sind unwiderrufliche Fakten, auf denen die Dokumentation basiert. Jedes Jahr fallen etwa 12 Millionen Hektar dem Menschen und seiner Gier nach noch mehr Beton zum Opfer. Tendenz steigend. Bedeutet im Umkehrschluss immer weniger Fläche, um Nahrungsmittel anzubauen. Und genau deshalb ist der Besitz von Ackerfläche ein so attraktives Geschäftsfeld für Aktionäre und Investoren. So ziehen sie heute erbarmungslos und gierig über die Äcker, einem regelrechten „Landrausch“ verfallen, und dringen in den Lebensraum der Menschen ein.

Eine ernstzunehmende globale Bedrohung, zumal das Ganze über kurz oder lang zu einem erheblichen Ungleichgewicht auf der Welt führt. Und die Leidtragenden sind, wie so oft, die, die am wenigsten besitzen, aber am meisten zu verlieren haben. Spot an für die direkte und schmucklose Darstellung von Investoren und ihren Opfern.

Bilder, die bleiben

Bulldozer, die eiskalt vor den Augen der Einheimischen ihre Hütten zertrümmern und ihre Felder platt walzen. Langbein verzichtet dankbarerweise auf eine Überemotionalisierung durch zu viel Wort und Musik. Er lässt das Ereignis für sich stehen und fängt die Fassungslosigkeit der Einheimischen nur mit dem Bild ein. Da, wo einmal alles wuchs und gedieh, nichts weiter als abgebrochene Halme und Wellblech.

Auch eindrucksvoll: Die riesigen Zuckerrohr- und Palmöl-Plantagen in Afrika und Südamerika, die dicht gepflanzt ein Milliardengeschäft bringen. Angebaut für Lebensmittel, Kosmetik und Biosprit. Zwischendrin immer mal wieder Interviews mit stolzen Plantagenbesitzern, die über Nachhaltigkeit faseln und Ressourcenoptimierung. Auf der anderen Seite die Arbeit auf dem Feld, häufig entrichtet von den Kleinbauern, die zuvor ihr Land an die „Großen“ verloren haben.

Besonders bizarr: Die morgendlichen Motivationsparolen auf einer der vielen Palmöl-Plantagen. Minutenlanges Einschwören auf einen Arbeitsethos, der jede Schwäche und jedes Versehen geißelt. Die Frauen und Männer stehen, ähnlich wie beim Militär, aufgereiht und wiederholen lauthals, was ihnen entgegen gebrüllt wird.

Was macht „Landraub“ sehenswert?

Das Thema ist nicht neu. Schon häufig wurden wir mit Erhobenem-Zeigefinger-Dokumentationen konfrontiert, die uns zumindest für einen Moment deutlich machen: Alles hat seinen Preis und am Ende des Tages bezahlen wir ihn. „Landraub“ ist gut strukturiert und taucht systematisch in beide Lebenswelten ein, sowohl in die der Investoren als auch in die der Kleinbauern. Das ist auch seine Stärke! Er verurteilt nicht, sondern lässt Raum für eigene Rückschlüsse. Filmisch gut gelöst durch längere ungeschnittene Sequenzen, die einfach „laufen lassen“. An der einen oder anderen Stelle vielleicht zu langsam erzählt.

Fazit

Ein Film, der nachdenklich stimmt und wenig Hoffnung macht. Viele Baustellen, wenig Lösungen. Und das schlimmste: Ein Europa, das ohnmächtig wirkt und zusieht. Der Film hat gute Bilder und authentische Protagonisten. Dennoch kommt er manchmal nicht immer auf den Punkt. Alles in allem eine Dokumentation, die einem ein Kopfschütteln abringt und zeigt, wie stark die Gier nach Macht und Geld sein kann und wie wenig die Menschen geschützt werden können, die die Leidtragenden des Ganzen sind.

Ab 8. Oktober 2015 in den Kinos

Dokumentation Österreich 2015
Regisseur: Kurt Langbein, Autor: Christian Brüser
FSK: ohne Altersbeschränkung