Slowflowerpower Grünes Leipzig: Erna Primula – Blumen Studio

Mit Blumen aus Ernas Garten könnt ihr nachhaltiges Gärtnern vorantreiben – ganz ohne Pestizide, Herbizide und anderem Gedöns.

Wer einen grünen Lebensstil anstrebt, weiß, dass wir durch unser eigenes Konsumverhalten viel bewirken können. Doch manchmal verstecken sich Umweltsünden auch hinter vermeintlich harmlosen Produkten, wie etwa einem bunten Strauß Blumen. Hier setzt Erna Primula an und will u. a. auf die mangelnde Transparenz in der Floristik-Branche aufmerksam machen sowie nachhaltiges Gärtnern deutschlandweit vorantreiben. Seit 2018 steht das Blumen Studio im Leipziger Osten daher für den ökologischen, saisonalen und regionalen Anbau und Verkauf von Blumen – ganz ohne Pestizide, Herbizide und anderem Gedöns.    

© Theresa Schmidt
Empfangen werde ich an diesem Nachmittag freudig bellend und schwanzwedelnd von keiner anderen als der Namensgeberin des Blumen Studios: Hündin Erna. Wenig später öffnet mir Chantal Remmert, Gründerin und alleinige Geschäftsführerin von Erna Primula, das dunkelgrüne Gartentor in der Oststraße. Bei diesem strahlenden September-Wetter verlagern wir unser Treffen nach draußen auf eine Gartenbank mit grandiosem Blick auf die üppigen Blumenbeete – dazu noch eine Tasse Kaffee und ich fühle mich rundum wohl und angekommen. Seit Februar 2018 bewirtschaftet die studierte Landschaftsarchitektin in einem Kooperationsprojekt mit der ANNALINDE gGmbH die insgesamt zwei Hektar große Nutzfläche und kümmert sich bei Wind und Wetter und einer extra Portion Geduld um etwa 300 verschiedene Blumenarten. „Ich liebe jede einzelne Blume und baue auch nur die an, die mir selbst gefallen. Mir ist es wichtig, dass ich die Arbeit mit meinen eigenen moralischen Werten in Einklang bringen kann. Nur so kann ich komplett hinter meinen Produkten stehen“, erklärt sie.

Deshalb werden die Pflanzen frei von Pestiziden, Herbiziden oder mineralischen Düngermitteln in einer Mischkultur angebaut. Schädlinge und Unkraut werden noch mit der Hand beseitigt und auch beim Verpackungsmaterial setzt Chantal Remmert auf biologisch abbaubare oder wiederverwendbare Produkte.

  

„Wir haben eigentlich jeden Tag Blumenladen gespielt“

In der sonst sehr kommerziell geprägten Floristik-Branche stieß sie mit dieser Einstellung jedoch zunächst auf Gegenwind. So gebe es z. B. kaum Bio-Blumen oder regionale Schnittblumen auf dem Markt. „Doch wenn die Blumen aus dem Ausland kommen, kann man sich nie sicher sein, mit welchen Spritzmitteln sie belastet sind. Die Richtlinien variieren hier einfach sehr stark“, erklärt sie. Auch die langen Transportwege und die damit einhergehende Umweltbelastung bewegten Chantal Remmert schließlich dazu, die Blumen für ihre Arrangements in der eigenen Gärtnerei anzubauen. Dabei verrät sie mir, dass sie diesen Berufswunsch schon lange in sich trägt: „Eine gute alte Freundin hat mich neulich daran erinnert, wie viel Zeit wir als Kinder im Garten meiner Eltern verbracht haben. Wir haben eigentlich jeden Tag Blumenladen gespielt.“

Aus dem Blumenladen wurde schließlich ein Blumen Studio mit eigener Gärtnerei. Ihre Blumenarrangements fertigt sie vor allem für Firmenkunden und Hochzeiten an, aber auch Privatpersonen können mit einer Vorlaufzeit von drei bis vier Tagen einen Blumenstrauß bestellen oder über ihre Website ein Slowflower Abo abschließen. Dabei wird einem wöchentlich ein Blumenstrauß in Wunschgröße (ab 15€) mit dem Fahrrad wahlweise zu den Unverpacktläden LIEBER LOSE (Leipzig West) oder LOCKER und LOSE (Leipzig Ost) geliefert.

© Theresa Schmidt

Bio ist Prio

Die umweltfreundliche Farmerfloristin sehnte sich bald nach Austausch mit anderen nachhaltig arbeitenden Gärtner*innen und Florist*innen. So gründete Chantal Remmert zusammen mit sechs Gleichgesinnten im März 2019 die Slowflower Bewegung, der mittlerweile 30 Mitglieder aus ganz Deutschland angehören. Gemeinsam wollen sie auf die mangelnde Transparenz in der Floristik-Branche aufmerksam machen und u. a. über die in Deutschland fehlende Herkunftskennzeichnungspflicht bei Schnittblumen aufklären. Anstelle des Bio-Siegels sollen die Leitlinien der Slowflower Bewegung, denen sich alle Mitglieder verschrieben haben, für mehr Transparenz und Vertrauen bei den Kunden sorgen. Eine BioZertifizierung wünschen sich dennoch die meisten und erhoffen sich eine bessere Lösung für kleinere Betriebe mit großer Artenvielfalt. „Wer viele Blumensorten anbaut, steht beim Bewerbungsprozess um das Bio-Siegel derzeit noch vor einem logistischen Dilemma“, erklärt sie. Es gibt also noch viele Baustellen, doch der Ruf nach nachhaltigen Alternativen wird in der Bevölkerung (zum Glück) immer lauter.

Mal durch die Blume gesagt …

So trifft sie auch den Zeitgeist vieler Leipziger*innen: „Ich habe festgestellt, dass die Menschen um mich herum wieder einen großen Bedarf danach haben, ihre Hände in die Erde zu stecken. Doch viele wissen gar nicht, wie sie Blumen im eigenen Garten oder auf dem Balkon anbauen können.“ Neben ihren Slowflower Abos bietet Chantal Remmert auch Workshops rund um die Themen Blumenbinden und nachhaltiges Gärtnern an – die aufgrund vom bösen C derzeit leider pausieren – und erhofft sich, dadurch nach und nach ein grundlegendes Verständnis für Jahreszeiten und natürliche Formen wiederzuerwecken. „Anders als auf dem Großmarkt sind unsere Blumen auch mal geschwungen oder haben zwei Blüten statt nur einer. Die besondere und individuelle Gestalt jeder einzelnen Pflanze bestärkt mich auch in meinem Design“, erklärt sie.

© Theresa Schmidt

Ganz aufgeregt eröffnet sie mir außerdem zwei große Neuigkeiten: Im Herbst startet Erna Primula einen Online-Shop, in dem u. a. Saatgut aus eigener Erzeugung verkauft werden soll. Weiterhin soll im nächsten Jahr ein Buch erscheinen, in dem sie wertvolle Tipps rund ums nachhaltige (Balkon-)Gärtnern teilt. Der Buchtitel darf an dieser Stelle noch nicht verraten werden, doch wer sich mehr dafür interessiert, dem/der sei der Online-Newsletter wärmstens ans Herz gelegt.

Erna Primula – Blumen Studio | Oststraße 115, 04299

www.erna-primula.de | www.slowflower-bewegung.de