Emilys Giant "The Golden Ticket Session" und Max Prosa "Keiner Kämpft Für Mehr" Hingehört – Plattenkritik: Emilys Giant & Max Prosa

Wir haben uns die neuen Platten von Emilys Giant und Max Prosa mal ganz genau angehört.

Hingehört I: Emily’s Giant – The Golden Ticket Session (VÖ 17. März 2017)

Small is beautiful 

© Florian Wenzel
Vier Jahre ist es her, dass Robert Groos-Albouts beginnt, als Songwriter durch das Land zu touren. Nach etwa 100 Konzerten entschließt er sich zu einem mutigen Schritt: Er kündigt seinen Call-Center-Job und bricht sein Studium ab. Zusammen mit Jörg Blumenstein, der Violine und zuckersüße Backgroundvocals beisteuert, bereichert er nun die Welt um ein musikalisches Kleinod. „The Golden Ticket Session“ ist schnell beschrieben und doch kaum zu erklären. Eine Gitarre, im Hintergrund tragende Geigenmelodien und eine rauchige Stimme, die nicht viel Text braucht, um etwas zu sagen.

Auf einzelne der acht Stücke des Albums einzugehen, ist nahezu überflüssig, sind sie sich doch alle recht ähnlich. Mal mehr Folk, mal mehr Blues und mal mehr Tarantino-Soundtrack – das Rezept ist immer das gleiche. Was profan klingt, ist tatsächlich eine ergreifende ästhetische Erfahrung. Die Produktion ist so, wie es sich für eine Live-Studio-Aufnahme gehört: Kleine Spielfehler, das vereinzelte Brechen der Stimme – nichts davon wurde glatt poliert. Das ist heute selten und wichtig, denn es sorgt für diese herzerwärmende, unwirkliche Nähe zur Musik. Man hört sie ihnen an, die langen Nächte bei Kerzenschein und Zigaretten. Und auch die Hingabe zur Musik. Das Album schafft es, einzufangen, was eigentlich vergänglich ist: Die intime Atmosphäre eines Pub-Konzertes, das uns oft mehr teilhaben lässt als eine 10.000-Menschen-Arena-Show.     

Hingehört II: Max Prosa – Keiner Kämpft Für Mehr (VÖ 31. März 2017)

Am Anfang war das Wort

© Marc Alexander Littler
Richtig, das Wort. Denn das ist es, was Max Prosa im Dschungel der Deutschpop-Acts seinen Platz garantiert. Wo andere Sänger Uh-Uhs und Ah-Ahs zu austauschbaren Refrains zusammenzimmern, nutzt der 27-jährige Berliner die Ausdrucksmöglichkeiten unserer poetischen Landessprache, um seine Lieder mit aufgeweckten Texten zu würzen. Das hat ihm nach seinem Debüt 2012 einen einflussreichen Fan beschert: Clueso verpflichtete ihn im folgenden Jahr als Support. Jetzt wartet Max Prosa mit seinem zweiten Silberling auf. Gleich der erste Track „Glücklich mit nichts“ zeigt die Stärken das Albums: universelle Botschaften, die einem ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. „Ich wollte immer nur singen“ oder „Die Phantasie wird siegen“ – es sind diese idealistischen Tagträume, die eine erfrischende Energie versprühen.

Aber auch die Songs selbst zeigen sich erfreulich facettenreich. „Glauben an“ etwa lässt ein vergessen geglaubtes Liedermacherflair à la Reinhard Mey wieder aufleben, während „Seiltanz“ gar mit funky Basslines aufwartet. Die größte Überraschung ist aber ganz klar „Der Boxer“, denn: Pop-Goethe rappt! Eine unerwartet aggressive Strophe mit dramatischen Pauken und Synthies trifft hier auf einen zahmeren Refrain. Nicht wirklich Rilke, aber eben auch nicht Rihanna – Max Prosa besinnt sich auf „Keiner kämpft für Mehr“ seines Namens und weiß mit cleveren Texten und abwechslungsreichen Songs zu überzeugen.

+++ INFO +++

Am 3. Oktober 2017 könnt ihr euch im Täubchenthal Leipzig live von Max Prosas neuem Album überzeugen.