(Was) Sollen nur die Nachbarn denken ... Influenced: Willy (,Dressed like Machines‘) im Interview

Willy Iffland wohnt seit zwei Jahren in Leipzig und ist hauptberuflich Influencer. Wir haben uns getraut und ihn trotz „Ansteckungsgefahr“ auf einen Plausch eingeladen.

Anfang 2012 erschien Instagram für Android und wurde kurz darauf von Facebook aufgekauft. Im September 2016 nutzen etwa 7 Millionen Deutsche Instagram – ein dreiviertel Jahr später waren es bereits 15 Millionen. Willy ist einer von ihnen – aber nicht irgendeiner. Der Jetzt-Leipziger hat schon 2013 begonnen, neben seinem Blog Dressed like Machines sein Potenzial auf dieser Plattform auszuschöpfen. Heute folgen seinem Account willy und seinen zahlreichen Modefotos sowie Kooperationen mit großen Marken über 89.000 Abonnenten – Tendenz stark steigend. urbanite hakte mal nach, wie es sich so lebt als sogeschimpfter Influencer. 

Willy, erinnerst du dich an eine Zeit vor dem Internet?

© Willy Iffland
Ja, tatsächlich, sehr gerne erinnere ich mich da dran! Es gab zwar Computer zum Zocken, aber viel mehr war da nicht. Da hat man zwangsweise viel an der frischen Luft gemacht. Auch mit den ersten 56k-Modems war es ja jetzt nicht unbedingt ein „Internet-Haben“… Manchmal vermiss ich die Zeit auch.

(Wir sprechen noch eine Weile über eine scheinbar weit entfernte Welt, in der man nicht telefonieren und im Internet gleichzeitig sein konnte und fühlen uns mit unseren 28 Jahren plötzlich uralt)

Du bist ja jetzt hauptberuflich Influencer. Hast du auch mal was Ordentliches gelernt?

Ich komme aus einer kleinen Stadt in der Nähe von Jena, war jetzt nicht der allerfleißigste Schüler und hatte ein 3er-Abi. Ich wollte dann schon studieren, aber nicht random irgendwas. Und da gab es nichts – jedenfalls nichts, was für mich bezahlbar war. Deswegen hab ich eine Ausbildung gemacht in der Lebensmittelbranche – Qualitätsmanagement bei Griesson. Parallel habe ich angefangen, den Blog zu schreiben. Ich hab jeden Tag Sachen gepostet, die ich halt cool fand, am Anfang viel Musik, dann mehr Kunst und alles, was mich selbst interessiert hat. Das hat sich relativ schnell entwickelt und nach meiner Ausbildung habe ich meinen einzigen Strohhalm gepackt und bin nach Berlin für ein Praktikum bei tape.tv. Dort habe ich viel in Sachen Social Media und Marketing gelernt. Später habe ich das Produkt- und Künstlermanagement bei einem Musiklabel gemacht, z.B. für Cro. Nach der Zeit, knapp fünf Jahre, habe ich gemerkt, dass es mit festem Job und dem Blog einfach zu viel wird. Es ging mir körperlich nicht so gut, Berlin ging mir auf den Sack und so habe ich mich für den Blog entschieden. Ein paar Monate später bin ich nach Leipzig, um einen Neuanfang zu machen. Das war vor etwa zwei Jahren. 

Wie ist das mit dem Blog ins Rollen gekommen?

Ich hab am Anfang keinen wirtschaftlichen Gedanken dahinter gelegt. Ich war der totale Musikfreak, hab auch selbst Mucke produziert und aufgelegt, aber alles nur lokal. Deswegen habe ich viel zu Musik gepostet, das wurde aber zu eintönig. Deswegen ging es weiter z.B. mit Fotoprojekten, lustigen Videos oder Shopping-Gimmicks. Und man hat schnell gemerkt, dass das viel mehr Leute gezogen hat. Das war thematisch alles bunt gemischt. Ich bin leider nicht so der Local Hero, der ich gern sein würde (lacht). Jetzt in Leipzig schon mehr als vorher, weil ich einiges mit lokalen Unternehmen mache oder wie hier mit euch quatsche.

Du hast sehr viele Kooperationen mit Klamottenmarken. Also bist du schon irgendwie ein Model geworden?

Also, es war wirklich immer mein Wunsch, ein „richtiges“ Model zu werden, aber das hab ich nie so richtig verfolgt. Ich bin jetzt vielleicht nicht hässlich, aber jetzt auch nicht so markant, wie ich finde. Ich hab durch den Blog dann auch zwei, drei Modeljobs gehabt und im Endeffekt steh ich jeden Tag Modell, vor allem für meine Instagram-Seite. Aber ich würde mich nicht als Model bezeichnen (lacht).

© Anne Gahlbeck

Du hast ja auch so ein paar Schuhe (genauer gesagt ein Schuhzimmer, Anm. d. Red.) Wie viele Sachen bekommst du so zugeschickt?

Das ist so Fluch und Segen zugleich. Gleich vornweg: 90 % der Sachen, die ich auf Instagram poste, sind halt selbst gekauft – außer es steht dran, es ist eine bezahlte Kooperation. Das will ich auch so beibehalten. Aber ich bekomme schon am Tag so drei, vier Pakete von verschiedensten Brands zugeschickt. Das Problem ist: Vieles braucht man nicht. Ich versuche immer, den Leuten auf den Weg zu geben, dass sie mir doch bitte vorher schreiben sollen und ich dann entscheide, ob das Sinn macht oder die nur Ressourcen verschwenden. Und es ist schon besser geworden! Außerdem denken die Nachbarn sich dann auch nur „Was los mit dem“, wenn die ständig Pakete für mich annehmen müssen (grinst). 

Hast du generell schon immer viele Modefotos und Styles von dir veröffentlicht?

Klar, du musst dir eine Grundlage schaffen. Auf dem Blog hab ich die ersten drei Jahre nix gerissen, habe sieben Tage die Woche jeden Tag 15 Posts rausgehauen und keinen Cent dafür verdient. Es war meine komplette Freizeit, die dafür draufging. Bei Instagram bekommst du auch erst ab einer gewissen Größe Aufmerksamkeit. Aber klar, ich habe das ursprünglich gemacht, nicht weil ich Geld damit verdienen wollte, sondern weil ich eben Bock darauf hatte. Dass es dann so gekommen ist, ist eine schöne Entwicklung.

Was hältst du von dem Begriff Influencer und bezeichnest du dich selbst so?

Ich bezeichne mich schon so. Ich merke es ja tagtäglich, wenn mir Leute schreiben, dass ich ein Vorbild für sie bin und dass sie mir folgen. Das ist schon ’ne Ehre! Ich bin ein Influencer und ich muss damit leben. Ich spreche es selbst nicht so gern aus, weil ich den Begriff nicht mag, aber es ist so. Ich bin ja auch Blogger, ich bin auch Influencer. Ich mach irgendwas mit Medien. (lacht) Dieses Influencer-Ding hat halt ein negatives Image, aber viele aus der Branche tun auch nichts dafür, dass sich das ändert. Viele machen halt für Geld alles. Gerade auf Instagram ist es sehr gefährlich. Wenn es ganz offensichtlich ist, z.B. wenn da ein Glätteisen aus der Hose guckt, kann ich nachvollziehen, dass sich Leute lustig machen und es nicht ernst nehmen. Du musst einen guten Mittelweg finden, dir trotz Werbung selbst treu und authentisch zu bleiben.

Was denkst du, warum du so gut ankommst?

© Willy Iffland
Was Instagram angeht, bekomme ich direkt Feedback: Viele Leute schreiben mir, dass sie es schön finden, dass zur Abwechslung mal jemand lächelt auf seinem Foto. Ich lache wohl unterbewusst auf jedem Bild, aber ich guck halt wie ich guck. Sie schreiben mir, ich wirke sympathisch und gehe das Thema Hype und Klamotten auf eine andere Art und Weise an. Ich bediene eine Sparte, auf die die Kids voll abfahren, Sneaker und so. Markenzeug. Das mache ich schon immer, und ich denke, dass mich das authentisch macht. Ich hab die Sachen schon getragen, als es noch kein Schwein interessiert hat. Auf dem Blog war mein Geheimrezept eher „Einfach machen“, also das posten, was du selbst lustig findest. Und entweder verstehen die Leute den Humor oder halt nicht. Aber viele fanden es gut. 

Wo liegen für dich die Grenzen des guten Geschmacks?

Ich bin schon offen für fast alles. Was aber gar nicht geht, ist wenn eine politische Richtung einschlägt, welche auch immer. Ich würde nie Wahlkampfwerbung machen. Und auch alles, wo man nachweislich Leuten auf den Schlips treten kann, geht gar nicht. Letztens habe ich Werbung für KitKat gemacht und wusste nicht, dass es auch von Nestlé ist. Es gibt Ausrutscher, wenn man sich nicht genügend mit dem Background befasst hat, aber daraus lernt man auch. Es muss zu mir passen, ich muss eine Idee haben, wie ich es thematisch umsetzen kann; dann funktioniert das auch.

Also keine Männer-Beauty-Creme bei Willy?

Nee, das kann ich nicht seriös rüberbringen und das will ich auch nicht. Das grenzwertigste, was ich jetzt mal zugesagt hab, ist so Superfood, also Nahrungsergänzungsmittel. Das probier ich jetzt mal aus, ist aber das maximalste der Gefühle.

Bewerkstelligst du online alles alleine?

Also den Blog mache ich nicht mehr selbst, da hab ich ein Team. Ich konzentriere mich komplett auf Instagram und zukünftig auch YouTube und das lastet schon gut aus. Es wirkt nach außen immer wie das leichte Leben, ständiges Reisen, immer top aussehen usw., aber Contentproduktion ist schon anstrengend. Ich brauche jeden Tag Content. Es wird also sicher nicht weniger. Solange ich noch interessant für Leute bin.

Was würdest du tun, wenn du drei Tage mal zwangsoffline wärst?

Zuerst würde ich mich mal massieren lassen. Ich bin das ganze Jahr dauerverspannt. Wenn dich das richtig belastet und dann sorgt jemand dafür, dass du dich wie neugeboren fühlst – geil. Also ich würde ‘nen kompletten Spa-Tag machen. Und den Rest der Zeit würd ich mit meiner Familie verbringen, weil das am allerkürzesten kommt zur Zeit. Sie wohnen an sich nicht weit weg, aber ich bin von 30 Tagen im Monat mindestens die Hälfte unterwegs. Dann hab ich auch ‘ne Freundin und du musst ja alles unter einen Hut kriegen. Aber hoffen wir nicht, dass es passiert. Denn drei Tage Ausfall wäre wirtschaftlicher Totalschaden.

So richtig Urlaub ist also nicht?

© Willy Iffland
Naja, könnte ich vielleicht, aber es ist eine Vertrauensfrage. Was mich auszeichnet, ist halt auch, dass ich immer meine Hand darüber hab, auch wenn ich mal offline bin. Ich bin ungern angewiesen auf andere Leute oder mache mich abhängig. 

Stichwort Generationskonflikt: Deine Familie kann sich sicher nicht so richtig vorstellen, was du machst.

Ja, also als ich die ersten größeren Beträge auf mein Konto überwiesen bekommen hab, hatte ich noch so ein Jugendgirokonto und da hatte meine Mutter noch Zugriff. Da hat sie mich auch angerufen und gemeint „Wenn du über etwas mit mir reden willst, wenn du Drogen verkaufst oder so … Wir können über alles reden, wir finden eine Lösung“. Ich hab gesagt: alles legal, alles entspannt. Aber ich glaube, sie haben es bis heute noch nicht so richtig verstanden. Allerdings kann man jetzt nicht pauschal sagen: Andere Generation mit Tunnelblick. Meine Oma kann nicht mal ein Handy bedienen, aber ich kenne auch einen 90-jährigen Fotografen, der Instagram perfekt benutzt.