"Das Leben ist keine Generalprobe" Comedian Matze Knop im Interview

Matze Knop über seine neue Live-Show, falsche Bescheidenheiten, seine Begegnung mit Rudi Carrell, Erfahrungen in Leipzig und beim Fußball-WM-Finale in Rio.

© Stephan Pick

In den 90ern ist er als „Supa Richie“ bekannt geworden. Mittlerweile umfasst sein Repertoire parodierter Prominenter zahlreiche Berühmtheiten. Nach „Operation Testosteron“ und „Platzhirsche – Männer, Machos, Muttersöhnchen“ tritt Matze Knop nun mit seiner dritten Live-Bühnenshow auf: „Diagnose Dicke Hose“.  

Du startest am 20. November 2015 deine neue Tour. Wie viel Stress bringen die letzten Vorbereitungen noch mit sich, bevor es richtig losgeht?

Ich bin auf gar keinen Fall schon fertig mit den Vorbereitungen. Es soll ja natürlich auch so aktuell wie möglich sein. Am Programm wird immer noch gearbeitet, gefeilt und gedreht. Auf der anderen Seite bin ich mittlerweile eigentlich auch relativ relaxt, wenn ich auf der Bühne stehe und es wirklich mit der neuen Tour losgeht. Ich bin auch einer, der immer sehr gerne so ein bisschen improvisiert. Nichtsdestotrotz braucht man natürlich ein schon feststehendes Programm. Aber schon in der Schule war ich so ein Druckarbeiter. Wenn der Lehrer gesagt hat: ‚Matze, du musst dich wirklich ein bisschen mehr anstrengen‘, dann habe ich auch erst angefangen. Wenn die Zeugnisse langsam kamen, dann habe ich richtig Gas gegeben (lacht). Früher habe ich mich langsam gehen lassen. Das hat sich bis heute nicht geändert.

Die beiden ersten Programme, die du gespielt hast, hießen ‚Operation Testosteron‘ und ‚Platzhirsche – Männer, Machos, Muttersöhnchen‘. Jetzt trittst du mit dem Titel ‚Diagnose Dicke Hose‘ auf. Sind die Stereotypen rund um die Männerthematik nicht irgendwann erschöpft? Oder besser gefragt: Inwiefern hebt sich die neue Tour von den alten ab? Was ist das Neue?

Also die neue Tour ist auf gar keinen Fall eine Tour nur für Männer, sondern es ist eine multisexuelle Show-Therapie für Männer. Dabei geht es aber auch ganz deutlich um Frauen. Und auch so ein bisschen darum, wie man sich persönlich als Mensch und Person weiterentwickeln kann, dass man eben die falsche Bescheidenheit auch ein wenig ablegen soll. Manchmal ist es richtig, bescheiden zu sein, aber es gibt auch Punkte, wo man einfach mal auf den Putz hauen und sagen muss: ‚Yo, jetzt stehe ich zu meinen Wünschen, Vorstellungen und Ideen‘, und ziehe die auch gnadenlos durch. Dann ist es eigentlich auch egal, ob es jetzt nun um Fußball geht oder um Autos. Oder bei Frauen um Schuhe und um Ernährung oder meinetwegen um die Partnerschaftswahl. Das ist jetzt der etwas ‚ernstere‘ Hintergrund, aber es ist natürlich in erster Linie eine Stand-Up-Comedy-Show. Die Leute sollen kommen, zwei Stunden Spaß haben, lachen, ein bisschen vom Alltag abschalten, dann nach Hause gehen und sagen: ‚Das hat mir mega Spaß gemacht‘. Ansonsten wird es von der technischen Seite noch ein bisschen aufwendiger. Wir haben natürlich wieder tolle Einspielfilmchen. Jürgen Drews wird sozusagen per Video dabei sein. Eko Fresh wird mit Supa Richie eine heiße Sohle aufs Parkett legen. Es ist also einiges los.

Supa Richie kommt also wieder zurück – in modernisierter Form?

Also es ist natürlich erstmal der alte Supa Richie, den man kennt und lieben gelernt hat. Es wäre ja schlecht, wenn der komplett anders wäre. Aber er hat sich ein bisschen weiterentwickelt. Zum Beispiel hat er jetzt auch einen neuen Superhelden-Anzug. Denn auch da muss er mit der Mode und der Zeit gehen. Und die Themen sind natürlich etwas angepasster, das heißt: Supa-Richie wohnt jetzt nicht mehr bei der Mama, sondern hat mittlerweile seine eigene Bude. Das ist ja klar. Und er macht jetzt auch in Unternehmensberatung, er kümmert sich um Finanzen und hat auch mal eine politische Meinung, die allerdings nicht ganz ernst zu nehmen ist. Nichtsdestotrotz versucht er, sich sozusagen ins Erwachsenenleben vorzutasten.

Ein gutes Stichwort … Die Kernaussage deines Programms ist, dass man Gelegenheiten ergreifen soll, bevor es zu spät ist. Gibt es etwas aus deinem Leben, eine Situation, auf die du wehmütig zurückblickst und sagst: ‚Hätte ich es doch einfach mal gemacht‘?

Da gibt es bestimmt ganz viele Sachen. Beruflich natürlich sowieso, wo man dann zögert. Oder man kennt das ja auch, wenn es um Finanzen geht. Du denkst dir ‚Das wäre das Richtige‘. Und du traust dich nicht so richtig und nachher ärgert man sich dann. Aber auf der anderen Seite sind manchmal diese verpassten Chancen oder auch diese kleinen Fehler, die man da macht, gar nicht so unwichtig, weil man daran ja auch wächst und sich ein bisschen weiterentwickelt. Nun ist das Leben aber auch keine Generalprobe. Deswegen sollte man nicht allzu viele Chancen liegen lassen. Von daher betone ich ja: ‚Diagnose Dicke Hose‘! Jetzt ist es soweit. Und wenn man schon immer Ferrari fahren wollte, dann ist jetzt genau der richtige Tag dafür, sich so ein Ding zu bestellen. Wenn’s geht, eine alte Mühle. Es gibt ja auch ganz alte Ferraris, die jetzt nicht so einen wahnsinnig hohen Marktwert haben, aber es ist halt ein Pferdchen drauf. Oder man kauft sich so einen Aufkleber, klebt ihn vorne auf den alten Trabi, den Golf oder wo auch immer drauf und zeigt dem Nachbarn den Stinkefinger. Das ist so ein bisschen das, worum es geht.

Hast du etwas in der Art schon gemacht?

Ich bin einer, der früher immer mit Matchbox-Autos gespielt hat. Als Kind (lacht) – auf jeden Fall! Natürlich fand ich da auch die Sportautos schon immer ganz geil. Und gerade jetzt bin ich auf der Suche, ob ich wirklich nicht so einen alten Porsche auf irgendeiner Kaufbörse bekomme. Die Dinger gibt’s – zumindest wenn man nicht so sehr Wert darauf legt, dass die den neuesten modischen Schnick-Schnack haben – ja auch schon sogar relativ günstig. Also jedenfalls günstiger, als die aktuellen Autos (lacht). Dann musst du dran rumschrauben oder jemanden kennen, der dran rumschraubt. Oder meinetwegen einfach mal vom alten Fiat Cinquecento das Dach absägen und Cabrio fahren. Es ist ja einiges möglich, man muss es nur einfach mal machen!

In Deutschland muss man dabei aber leider auch immer die Frage stellen, was erlaubt ist.

Genau das meine ich ja. Was das angeht, sollte einfach mal mehr erlaubt sein. Nicht wegen des Anderen, sondern für einen selbst muss man einfach mal sagen: ‚So, jetzt habe ich auch lange genug Rücksicht genommen und auch immer nur das gemacht, was die Nachbarn von mir erwartet haben oder was die Arbeitskollegen auch ja nicht blöd finden‘. Da sag ich: ‚Jetzt ist Schluss und ich bin an der Reihe‘. Man wartet damit immer viel zu lange.

Als Kind war dein Berufswunsch „Rudi Carrell“. Das hat nun nicht ganz geklappt. Aber inwiefern hat er dich inspiriert? Und gibt es andere, die dich auch geprägt haben?

Ja, auf jeden Fall. Rudi Carrell war immer ein Vorbild. Auf der einen Seite war er Komiker, auf der anderen Moderator, auf der dritten Seite Schauspieler, Showtalent. Das sind viele Sachen, die ich jetzt mache und die ich auch gerne mache. Rudi Carrell habe ich auch persönlich noch kennengelernt, das war sehr lustig. Ich habe mit ihm in einem Kölner Hotel ein Interview gemacht. Als ich dort im Hotel war, habe ich an der Tür geklopft. Dann hat Rudi Carrell die Tür aufgemacht – mit relativ gelbem Haar, wahrscheinlich von den vielen Zigaretten. Dann hat er irgendetwas mit so einem komischen Dialekt genuschelt. Ich habe nichts verstanden, und er hat die Tür wieder zu gemacht. Ich habe nochmal geklopft, er hat aufgemacht, dasselbe nochmal genuschelt, die Tür zu gemacht. Dann habe ich ein drittes Mal geklopft. Und er hat gesagt: (imitiert Rudi Carrell) ‚Ich habe doch extra eine Klingel anbringen lassen, warum klopfen Sie denn? Klingeln sie doch.‘ Erst dann hat er mir die Tür aufgemacht, und ich bin reingekommen. Das war meine Begegnung mit Rudi Carrell. Ansonsten Otto Waalkes, Didi Hallervorden … da sind auf jeden Fall schon einige dabei.

Insgesamt stehen 36 Städte auf dem Tourplan. Was motiviert dich, besonders zum Ende hin, dein Publikum fortwährend mit Spritzigkeit zu begeistern? Wie bewahrst du dir den Spaß auf der Bühne?

Meine Motivation ist natürlich schon einmal die Bühne an sich. Da fühle ich mich doch relativ zu Hause, muss ich sagen. Dann bin ich jemand, der sehr gerne mit Menschen zu tun hat. Von daher genieße ich das auch, wenn dann einfach viele Leute kommen und dem zuschauen, was ich da mache. Aber ich erfreue mich auch daran, wenn sie Spaß haben, wenn die Leute also auch wirklich zufrieden sind. Das ist ja in dem Moment auch meine Aufgabe. Deswegen komme ich dahin, deswegen zahlen die Leute Eintritt. Und es ist natürlich so: ein solches Programm vorzubereiten, das dauert immer etwa ein Jahr. Und wenn ich dann nur zehn Termine spielen würde, dann wäre das auch immer viel Aufwand (lacht). Deshalb muss man dann einfach schon viele Termine spielen. Und das mache ich auch gerne. Im Laufe der Zeit muss man so ein Programm auch immer wieder weiter entwickeln und verändern. Nach 20 Auftritten ist es ganz anders als etwa nach drei oder vier. Und natürlich tut zwischendurch auch immer eine Pause gut. Wenn man so einen Block von fünf, sechs Shows gespielt hat, dann braucht man manchmal so ein paar Tage Auszeit, damit man wieder mit frischem Elan ans Werk geht. Und dann freue ich mich auch immer wieder, wenn die Pause wieder vorbei ist. Andererseits ist auch das Publikum jeden Tag ein bisschen anders. Dann gestalte ich das Programm so, wie es mir gerade in den Kopf kommt und wie ich Lust dazu habe. Das ist für mich dann der spannendste Teil.

Gibt es ein besonderes Ereignis, das du mit Leipzig verbindest?

Ich war seinerzeit mit Waldemar Hartmann öfter in Leipzig, als er mit Waldis Club von dort ein Jahr lang gesendet hat (Anm. d. Red.: 2011 bis 2012 im Bayerischen Bahnhof). Damals habe ich die Stadt kennen- und sehr schätzen gelernt. Und ich muss sagen, Leipzig ist eine tolle Stadt mit sehr freundlichen, sympathischen Menschen; und man kann dort echt eine Menge machen. Da war ich sehr überrascht. Ich wohne ja in Lippstadt, eine eher nicht so große Stadt. Und dann kommt man nach Leipzig und stellt fest: ‚Mann, die haben tolle Geschäfte, die haben das Barfußgässchen, tolle Kneipen, Diskotheken und alte Bausubstanz‘. Ich finde Leipzig wirklich toll und bin immer wieder gerne dort.

Du spielst aktiv Fußball bei Rot-Weiß Horn. Wie passen die Tour und dein Hobby zusammen? 

Das ist natürlich ein bisschen schwierig. Es wird etwas eng werden. Aber ich versuche in der Regel, den Tourplan immer so zu legen, dass ich dann sonntagabends irgendwo auftrete, wohin ich nach einem Spiel hinfahren könnte. Es sollte dann aber nicht mehr als zwei Stunden entfernt liegen. Wenn das Spiel dann um 17.15 Uhr zu Ende ist, dann bin ich theoretisch um halb acht spätestens in der Halle und um 20 Uhr kann es losgehen (lacht). Aber das klappt natürlich nicht immer. Abgesehen davon bin ich im Moment verletzt. Ich habe mir zu Anfang des Sommers die Achillessehne gerissen. Es wird also noch eine Weile dauern, bis ich wieder loslegen kann. In diesem Halbjahr wird es wohl mit dem Spielen eher nichts mehr werden, aber dann im neuen – hoffe ich zumindest.

Hast du für die aktuelle Saison der Fußball-Bundesliga einen Meistertipp – Bayern oder Dortmund, wer macht das Rennen?

Am Anfang der Saison hätte ich schon auf Bayern München getippt. Das tue ich auch mehr oder weniger immer noch, weil die einfach den breitesten Kader haben. Was die Bayern da einkaufen, ist natürlich auch ‚Diagnose Dicke Hose‘. Aber Dortmund ist auch nicht schlecht gestartet. Und der Druck bei Guardiola ist auch nicht so klein – eigentlich müsste er jetzt mal das Triple holen. Aber man stelle sich mal vor, der holt noch nicht mal die Meisterschaft. Dann brennt in München auf jeden Fall der Baum und deswegen bin ich mal gespannt. 

Ist Jürgen Klopp, eine deiner Paraderollen, ein potenzieller Kandidat für den Trainerposten beim FC Bayern?

Man würde jetzt erstmal sagen: ‚Der passt da nicht so hin, weil er ein eher erdiger Typ ist.‘ Ich glaube aber, dass er dem FC Bayern imagemäßig enorm gut tun würde. Gerade, weil er eben so etwas Erdiges, Volksnahes und Greifbares vermittelt, was denen im Moment – finde ich – fehlt. Es ist zwar alles ganz toll, was die bei Bayern so machen, und die holen auch tolle Spieler. Aber es ist im Moment nicht so ein Verein zum Liebhaben.

Der Klub polarisiert ja schon seit geraumer Zeit …

Ja, aber ich fand zum Beispiel Luca Toni toll. Den habe ich ja auch parodiert. Er hat dem Verein auf jeden Fall etwas sehr Sympathisches und Fröhliches gegeben. Dann waren da noch Miro Klose und Frank Ribéry, als er noch neu war. Das war schon eine Zeit, in der mir die Bayern gut gefallen haben, muss ich sagen. Und im Moment sind sie zwar top besetzt mit Douglas Costa und Kingsley Coman. Aber man denkt sich so: ‚Naja, die gewinnen sowieso‘. Meine Haltung gegenüber dem FC Bayern ist im Moment etwas leidenschaftslos. Die brauchen wieder was Erdiges! Das ‚Mia San Mia‘ und die entsprechenden Protagonisten fehlen im Moment ein bisschen: Uli Hoeneß ist seit einiger Zeit nicht mehr dabei, dann ist Schweinsteiger weg, Beckenbauer äußert sich auch nicht mehr so wahnsinnig. Noch ein bis zwei bayrische Spieler oder welche, die sich mit Bayern identifizieren, würden dem Verein gut tun. Und obwohl ein Luca Toni zwar aus Italien kam, hatte man immer das Gefühl, dass er sich in München sauwohl fühlt. Und das hat er auch auf dem Platz vermittelt. Die Bayern bräuchten mehr Freude. Das wirkt manchmal sehr mechanisch.

Welchem Fußballverein drückst du im Privaten die Daumen?

Ich habe jetzt keine Lieblingsmannschaft in dem Sinne. In der letzten Saison war ich ganz klar für Paderborn, weil der Ort 25 km von mir entfernt liegt und weil ich mit einem von dort mein Rückentraining mache. Der macht dort für Paderborn einiges. Ansonsten bin ich natürlich immer für die deutsche Nationalmannschaft. Da freue ich mich jedes Mal, wenn sie gewinnen, und bin auch entsprechend nervös, wenn sie spielen. Da fieber‘ ich auch mit und guck‘ mir so Kackspiele an wie gegen Luxemburg oder gegen Liechtenstein (lacht). Manchmal stehe ich mir auch selber als Fan im Weg. Ich mache viel mit meinem Bruder zusammen – und dann gibt es solche Tage, an denen wir überlegen, dass es super wäre, wenn Bayern und Dortmund verlieren, dann können wir nämlich einen Auftritt als Clemens Tönnies von Schalke 04 machen. Und beim nächsten Mal ist es dann umgekehrt. Da hoffe ich, dass die Schalker 0:2 verlieren. Denn dann könnten wir den Dante machen, der ja jetzt zu Wolfsburg gewechselt ist. Da denke ich hin und wieder zu beruflich. Rein privat ist meine Haltung aber immer: ‚Nun gut. Wenn die eine klasse Saison gespielt haben, haben sie es am Ende auch verdient, Meister zu werden‘.

Du warst beim WM-Finale 2014 in Rio im Stadion, als die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft Weltmeister geworden ist. Was war das für ein Gefühl?

Unabhängig von dem, was ich beruflich mache – so als Fußballfan, der ich ja am Ende des Tages auch bin (lacht) – war das natürlich so das Geilste, was man sich vorstellen kann. Man ist beim Finale, in Rio, und dann gewinnt unsere Mannschaft noch in der Verlängerung durch so ein Tor … Sensationell! Anschließend waren wir noch mit der Mannschaft an der Copacabana und danach im Hotel. Da waren 300 Leute und ich war einer davon. Was will man da mehr? Das ist ein Erlebnis, was man nicht vergisst.

Matze Knop könnt ihr am 24. November 2015 um 20 Uhr im Haus Leipzig live erleben! 

Für die Veranstaltung verlosen wir 3×2 Freikarten.