Kavka über süße Boys, das hedonistische Musikbusiness und angewiderte Zuschauer Interview mit Musikjournalist Markus Kavka

Das letzte aufwendig produzierte Musikformat Number One! wurde nun eingestampft. urbanite sprach mit Markus Kavka über die Zukunft des Musikfernsehens und wen er schon alles auf seinen Schoß sitzen hatte.

Markus Kavka steht für Musikfernsehen. Doch auch das letzte aufwendig produzierte Musikformat Number One! wurde nun eingestampft. Wir sprachen mit dem oft bezeichneten Berufsjugendlichen über die Zukunft des Musikfernsehens, wen er schon alles auf seinen Schoß sitzen hatte und warum er oft denkt, er sei doof.


© Marcus Höhn

Mit Number One! ist so ziemlich das letzte Musikformat aus dem TV verschwunden. Meinst du Musik im Fernsehen ist tot?
Sieht so aus. Ich würde gerne weiterhin daran glauben, dass dem nicht so ist. Es ist natürlich ein Problem, dass ZDFkultur eingestampft wird. Die haben ja noch die letzten Musikfähnchen hochgehalten. Da waren außer Number One! noch sehr viele andere gute Formate. Offenbar ist Musik aus dem TV raus, wenn es nicht ultrakommerziell ist. Anspruchsvolle Musik mit redaktioneller Aufbereitung verlagert sich mehr und mehr ins Netz. Die Generation, die mit Musikfernsehen aufgewachsen ist, muss sich definitiv von dem Gedanken verabschieden, dass man den Fernseher anmacht und eine gute Musiksendung kommt.

Was denkst du, woran das liegt?
Heute hat man einen ganz anderen Umgang mit Musik: wie man sie beschafft oder sich darüber informiert. Außerdem kann man damit nicht mega Quote machen. Je spezieller die Musik und je hochwertiger die Aufmachung ist, desto schwieriger ist es, ein breites Publikum anzusprechen. Und Sendungen wie Number One! mit Bands wie Depeche Mode, U2 und Metallica sind aufwendig und teuer. Da ist Musik, wenn man nicht Florian Silbereisen oder Oliver Geissen heißt, nicht so der Quotenrenner. Im Endeffekt ist das so ein Aufwand-Nutzen-Ding. Die Sendung kostet so und so viel und so und so viele Leute gucken zu. Es wäre schon sehr romantisch zu sagen, das sei anders. Da sind wir wieder beim Ausgangspunkt: anspruchsvolle Musik hat tatsächlich nicht mehr so den ganzen großen Platz im Fernsehen. Aber ich habe die Hoffnung noch nicht komplett aufgegeben.

Du hast sehr viele Künstler interviewt – bei wem warst du richtig aufgeregt?
In erster Linie bei den Leuten, von denen ich auch Fan bin. Allen voran natürlich Depeche Mode, Nick Cave und Metallica. Das sind alles Leute, die ich in meiner Jugend verehrt habe und immer noch überaus schätze. Wenn man dann zu so einem Interview geht, gibt es mehrere Sachen, die schieflaufen können. Zum einen, geht man ja schon ein bisschen als Fan hin, was auch gefährlich sein kann, weil es eine journalistische Distanz gibt, die man wahren muss. Man sollte das Interview nicht zu nerdy und zu sehr aus der Fanwarte führen, weil man damit auch eine Menge Leute ausschließt, die nicht dieses Fan-Grundwissen haben. Zum anderen, hat man während seines Fandaseins so ein romantisiertes Idealbild von seinen Lieblingskünstlern entworfen. Wenn das jetzt nicht der Realität entspricht und sie eben doch nicht diese mega coolen Typen sind, für die man sie immer gehalten hat, dann zerstört es im Nachhinein dieses Fan-sein und man bekommt dann irgendwie ein Problem damit, die alten Platten zu hören.

Ist das schon mal passiert?
Gott sei Dank nicht, eher im Gegenteil. Weder bei den eben genannten oder bei anderen wie The Smiths, New Order, Stone Roses oder Oasis. Das sind Bands, die ich zu einer Zeit im meinem Leben richtig verehrt habe. Und das waren alles genau die coolen Typen, für die ich sie auch gehalten habe.

Wer ist dein Traum-Interviewpartner, den du gerne noch treffen möchtest?
Die Leute, die ich unbedingt mal treffen wollte und vor allem die, die noch leben, habe ich tatsächlich alle mal getroffen. Ich hätte gerne mal Johnny Cash interviewt oder aus reiner Neugier auch Michael Jackson. Von den Lebenden fehlen mir jetzt noch Leute, die mir musikalisch nicht so wahnsinnig bedeuten, die ich aber als Menschen spannend finde wie z.B. Elton John, Paul McCartney oder die Rolling Stones, aber ansonsten hatte ich die schon alle bei mir auf den Schoß sitzen.

Aber bei den dreien musst du dich dann auch langsam mal beeilen.
Ja, das geht auch nicht mehr ewig …

Du bist schon lange im Musik- und Medien-Business – was ist das Wichtigste, um zu überleben?
In dem Business gibt es schon Wahnsinn und da muss man aufpassen, nicht die Bodenhaftung zu verlieren. Es gibt ein paar Leute in dem Bereich, die nicht mehr so ganz wissen, woher sie kommen. Dann denkt man sich oft: ‚Och man ey, dieses verlogene, unehrliche, hedonistische Business.’ Da ist es ganz gut, wenn man einen Freundeskreis und familiären Background hat, der am besten damit überhaupt nichts zu tun hat. Das Zweite ist, dass man sich treu bleibt und nicht anfängt, sich zu verbiegen nur weil dann mehr Kohle dabei rausspringt.

Du sagtest mal, du wärst kein Typ, der wahnsinnig gerne in der Öffentlichkeit steht. Wie geht das?
Ja ich weiß, das ist ein bisschen schizophren (lacht). Aber das kommt auch daher, dass ich nicht im Fernsehen gelandet bin, weil ich so ein süßer Boy bin, der zum Casting rannte, um sich unbedingt im Fernsehen zu sehen. Ich bin eher ein moderierender Redakteur anstatt nur ein Präsentator, der vom Prompter abliest. Ich habe auch immer noch ein Problem damit, wenn ich auf der Bühne stehe und moderiere. Ich schaffe es immer, mir im Publikum die eine Person herauszupicken, die offenbar von meiner Präsentation gelangweilt oder angewidert ist. Die gucken doof, und ich denke mir, ich bin doof. Ich wünschte mir tatsächlich, ich wäre ein bisschen cooler (lacht). Es gibt ja auch so Tricks, dass man sich die Leute nackt oder im Strampler vorstellen soll. Aber das hilft alles nichts. Ich bin halt nicht die Rampensau.

Du hast in Leipzig schon oft aufgelegt. Was sind deine Lieblingsclubs?
Ich habe angefangen im Velvet aufzulegen, da war ich jetzt aber schon länger nicht mehr. Ich war ein paar Mal in der Distillery – das ist schon so der legendärste elektronische Laden in Leipzig und Umgebung. Da fand ich es immer toll, hinzugehen. Grundsätzlich finde ich Leipzig aber eh Bombe, egal in welchem Laden ich auflege. Ich komme super mit den Sachsen aus und bin auch wahnsinnig gerne in Leipzig – ich mag die Stadt saugerne und suche eigentlich immer irgendeine Gelegenheit, von Berlin aus dahin zu gurken. Egal, was ich da mache, es ist immer lustig.

Was sagst du zum Leipzig-Hype?
Gibt’s einen Leipzig Hype? (lacht)

Es sei das bessere Berlin, sagt man seit drei Jahren …
Ach, das habe ich vor 10 Jahren schon gesagt. Es gibt so Städte, die sind ein gutes Destillat von viel größeren Städten. Und da ist schon was dran, dass Leipzig die komprimierte Ausgabe von Berlin ist, ohne das Generve, das man in Berlin hat, weil es so groß und alles so überlaufen ist. Tatsächlich ist es ja so, ich könnte mir außer in Berlin nur zwei weitere Städte vorstellen, zu wohnen: das ist Hamburg und Leipzig. Wobei Leipzig da doch eher in Frage kommt. In Leipzig habe ich fast alles, was ich in Berlin auch habe, es sieht eigentlich auch hübscher aus. Und ist natürlich auch deutlich entspannter. 

Infos:

Markus Kavka legt am 15. März 2014 auf der Sputnik LitPop im Neuen Rathaus auf.
Das Programm der LitPop findet ihr hier.

Mehr über Markus Kavka findet ihr unter www.markuskavka.de

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