„Ich fühlte mich wie ein Schulkind!“ Interview: Parkway Drive

Am 26. Januar 2019 kommt Parkway Drive-Sänger Winston McCall mit seinem selbsternannten Quartett aus „australischen Surfer-Dudes“ nach Leipzig. Wie er mit Kritik und dem „nagenden Zahn der Zeit“ nach 15 Jahre Bandgeschichte umgeht, hat er uns im Interview erzählt.

Immer nur Rumschreien ist langweilig! Für das neue Parkway Drive Album „Reverence“ hat Sänger Winston McCall deswegen Gesangsunterricht genommen. Wie er mit Kritik und dem „nagenden Zahn der Zeit“ nach 15 Jahre Bandgeschichte umgeht, hat er uns im Interview erzählt. Am 26. Januar 2019 kommt Winston mit seinem selbsternannten Quartett aus „australischen Surfer-Dudes“ dann auch nach Leipzig.

© Kene Hibbert
 

Nicht alle unserer urbanite-Leser sind Metalfans. Wie würdest du ihnen Parkway Drive und das neue Album erklären?

Parkway Drive sind fünf Surfer-Dudes aus Australien, die Heavy Metal machen. So ganz allgemein (lacht). Ich glaube, die Leute mögen unsere Shows, wir sind immer bemüht, dass sie unsere Fans an einen ganz anderen Ort mitnehmen. Und „Reverence“ ist unser neues Album. Es reicht von ganz zart zu ganz hart. Wir sind nun 15 Jahre in dieser Band und wollten was Neues schaffen. Heraus kam unser diversestes Album. Es ist außerdem sehr persönlich, weil wir es geschrieben haben, als wir alle gerade ein paar tragische Momente und Schicksalsschläge verarbeiten mussten. Vielleicht auch ein bisschen düster …

Egal ob bei Parkway Drive, Bring Me The Horizon oder anderen Bands: Die Fans sind immer erst mal skeptisch, wenn ein neues Album erscheint. Vor allem, wenn sich der Sound auch nur minimal vom letzten Album unterscheidet. Warum ist das so?

Ach, die Leute hassen Veränderungen. Obwohl Veränderungen ja das einzige sind, worauf man sich verlassen kann. Wenn es um Musik geht, hat jeder eine persönliche Verbindung dazu; Erinnerungen, Gefühle, die sie mit dem Sound der Band verbinden. Wenn man dann eine neue Soundrichtung einschlägt, haben die Leute das Gefühl, man nimmt ihnen irgendetwas weg. Das ist aber nicht so! Wir hätte jetzt einfach so weitermachen können wie zuvor. Aber wir sind lieber ein Risiko eingegangen und haben etwas Neues gewagt. Unsere alten Alben hat ja sozusagen eine andere Band geschrieben. Da waren wir noch 15 Jahre jünger und dümmer (lacht).

Ändert sich das, wenn man die Songs dann live spielt?

Am skeptischsten waren unsere Fans, als die neuen Single-Auskopplungen erschienen sind. „Wishing Wells“ und „Prey“ sind ja zwei sehr unterschiedliche Songs. Da war das Geschrei groß. Wenn wir die Songs aber dann auf der Bühne spielen, können die Leute wieder eine Verbindung schaffen. Und das klappt. Ich glaube, erst wenn die Konzerthallen leer bleiben, dann haben wir es richtig verkackt.

  

Du hast schon erwähnt: dieses Album ist anders. Ich hab das sofort bei dem Song „Chronos“ bemerkt. Da singst du vom „Götterhammer“, der „auf die Menschheit niederschlägt“. Klingt nach Wikingern und ziemlich episch, so gar nicht nach Parkway Drive.

Epische Themen brauchen epische Texte (lacht). In dem Song geht es um das große Thema Zeit. Chronos ist ja ein alter Gott der Griechen. Zeit beeinflusst uns alle in jedem Bereich unseres Lebens. Darum sollte es gehen. Wir alle haben nur eine bestimmte Menge an Zeit hier auf der Welt und sollten diese möglichst gut nutzen. Der Song ist auch der längste auf dem ganzen Album. Er nimmt also auch viel „Zeit in Anspruch“.

Mein Liebling auf dem Album ist „I Hope You Rot“. Kannst du mal erklären, wie es dazu kam? Ist das auch dein Favorit?

Normalerweise ist das bei uns so, dass wir erst den Song komponieren und dann schreibe ich den Text dazu. Wir hatten also diesen relativ langsamen Song, der in einem krachenden Chorus mündet. Dazu passte der chorale Gesang sehr gut. Für den Text inspiriert wurde ich von einem Gerichtsprozess, den ich zu dieser Zeit im Radio mitverfolgte. Dabei ging es um einige Missbrauchsfälle in der australischen Kirche. Geistliche, die sich an Kindern vergangen haben, quasi dem „schwächsten Lamm“. Das hat mich sehr wütend gemacht und ich wandelte es in die Lyrics um. Ich finde den Song auch ziemlich gut. Auf diesem Album könnte ich dir aber keinen Lieblingssong von mir nennen, weil sie alle so unterschiedlich sind. Zu jeder Stimmung passt ein anderer Song.

Ich hab gehört, dass du für das neue Album Gesangsunterricht genommen hast. Wie kann man sich das vorstellen?

Ich hab vor „Reverence“ nie wirklich gesungen. Auf „Ire“ hab ich ein bisschen damit angefangen, aber ich wollte das noch mehr ausarbeiten. Weißt du, vor 15 Jahren bin ich zu dieser Metalband gekommen und habe einfach angefangen, zu schreien (lacht). Das hat sich auch auf meine Stimme ausgewirkt, nach der letzten Tour bin ich zu einem Arzt. Der meinte, ich solle vielleicht ein bisschen langsamer machen … Also wollte ich lernen, wie ich den Sound meiner Stimme variieren kann, wie ich mehr Charakter und Gefühl in die Songs legen kann.

Muss ein komisches Gefühl sein, als gestandener Sänger dann nochmal bei Null anzufangen!

Auf jeden Fall! Ich fühlte mich wie ein Schulkind. Mein Lehrer ist sehr beliebt, auch bei jüngeren Gesangsschülern. Also saß ich manchmal vor seiner Tür, bevor meine Stunde losging und dann kamen da etwa 12-jährige Kids raus! Ich bekam auch Hausaufgaben auf. Das hat mich sehr geerdet.

Nochmal zurück zu eurem Album. Ihr habt immer klare Statements gesetzt, was Fremdenhass, Homophobie etc. angeht, viele eurer Songs sind politisch. Was denkst du persönlich, wenn du hörst, was zum Beispiel gerade hier in Deutschland, zum Beispiel in Chemnitz abgeht?

Ich hab davon gehört und das tut mir im Herzen weh. Die Welt heutzutage ist allgemein sehr kalt und schrecklich zur Zeit. Vorfälle wie diese haben wir auch in Australien zuhauf. Menschen werden wegen ihrer Abstammung, Sexualität oder Einstellung zum Leben generell diskriminiert und ihnen werden schreckliche Dinge angetan. Diese Diskriminierung wird sogar gesellschaftlich akzeptiert; unter einen Deckmantel gepackt. Musiker müssen sich meiner Meinung nach positionieren. Das Benefizkonzert war eine tolle Idee. Und auch wir freuen uns darauf, in Deutschland zu spielen und ein klares Statement zu setzen.

Ein Fun-Fact über dich ist ja, dass du früher professionell gesurft bist und ein Meister im „Bodyboarden“ warst. Kommst du noch dazu, dieses Hobby öfter auszuüben?

Das ist ein fantastischer Sport, den ich jedem empfehlen kann! Du bist ganz im Einklang mit dem Wasser und kannst all deine Gedanken loslassen. Wenn ich zuhause bin, versuche ich, so oft auf dem Wasser zu sein wie möglich. Aber viel Zeit dafür bleibt leider nicht mehr.

Was können die Fans in Leipzig erwarten?

Wir versprechen euch eine Show, die ihr nie vergessen werdet! Ihr werdet nach Hause gehen und sagen: „Yep, ich bin froh, diesen Abend mit Parkway Drive verbracht zu haben.“

Über Parkway Drive:

Gegründet wurde die Band im australischen Byron Bay in 2002 und kurze Zeit später erschien bereits ihre erste Split-CD mit I killed the Prom Queen. Der Metalcore-Stil der Band wird gepaart mit zahlreichen harten Breakdowns und durch ihre stetige Präsenz auf Festivals und Support Slots für u.a. Hatebreed oder In Flames, konnten sie sich schnell eine große Fanbase aufbauen.

PARKWAY DRIVE Reverence Tour 2019: 26. Januar 2019, 19 Uhr | Arena Leipzig | Tickets im VVK ca. 52,75 €