Bitte mehr Reggae Leipziger Bands im Fokus: Small Town Artists

Zwei der Mitglieder der Ska- und Reggae-Band Small Town Artists verraten uns im Interview, warum Reggae nicht nur Rastas, bestimmtes Rauchwerk und Runterkommen bedeutet.

© Presse STA
Länger stand unser Treffen mit der Ska- und Reggaecombo Small Town Artists auf der Kippe, denn Frontmann Björns Diagnose lautete: Kehlkopfentzündung und striktes Sprechverbot! Noch etwas wackelig auf den Stimmbändern konnte er uns jetzt, nach gut einmonatiger Schweigepause, aber mit Bandkollege Johannes Rede und Antwort stehen.

Wir treffen uns bei Björn zu Hause und pflanzen uns, vorbei am unglaublich entspannten (Reggae-)Häschen Bommel, auf den grün wuchernden Balkon. Und wer bei Reggae jetzt nur an Rastas, bestimmtes Rauchwerk und Runterkommen denkt, irrt: Das ist nicht das Ende vom Lied! Als Sänger und eigentlich geselliger Mensch ist so ein Schweigebefehl natürlich Folter pur. Björn ist überglücklich, dass es jetzt wieder losgehen kann. „Als es zwischendurch plötzlich wieder schlechter wurde, wollte ich heulen. Und was ich wohl nie vergessen werde: Eine Woche Rock im Park, ohne Sprechen, ohne Alkohol. Ich habe dieses Jahr wieder dort gearbeitet, und während sich alle abends angeregt unterhalten und getrunken haben, musste ich schweigend daneben sitzen und habe mich in eine Ecke zurück gezogen, um meine logopädischen Übungen zu machen.“

Vom Hip Hop zum Reggae

Der einzige, bei dem man vom Aussehen her das Klischee Reggaetyp auspacken könnte, ist Sänger, Songschreiber und einzig gebliebenes Gründungsmitglied Björn. Er liebt und lebt schon lange für die Reggaemusik. Allerdings kommt er ursprünglich aus dem Hip Hop. „Über 20 Jahre war ich da unterwegs, mit 13 habe ich angefangen, Rap zu machen. Unsere Crew hieß Small Town Artists, unter dem wir auch einige Tapes veröffentlicht haben. Den Namen habe ich mitgenommen, die Szene nicht. Wurde mir irgendwann zu stressig und posermäßig.“ 2007 hat er angefangen, Reggae- und Skasongs zu schreiben. Von den ersten Akustiksessions zu zweit mit Gitarre, Gesang und Perkussion bis zur jetzigen, frisch-fünfköpfigen Formation sind einige Spielerwechsel vonstattengegangen. „Es ist eben nicht leicht, bei unterschiedlichen Lebensweisen, Projekten, Vorstellungen und gleichzeitig steigendem Anspruch zusammenzubleiben. Seit Jahren hätte ich gerne noch Bläser in der Band, aber schon mit fünf Leuten ist es ja schwer, Probentermine zu finden und mal ein konstantes Team zu bleiben.“

Die vier anderen, Johannes (git, voc, perc), Maurice (org, voc) Bodo (kb) und Tony (dr, voc), bringen alle ihren eigenen musikalischen Wind in die Combo, sprich kommen aus anderen Richtungen. Björn gesteht: „Ich bin manchmal schon ein bisschen zu festgefahren. Wenn man die Musik selbst tagtäglich hört, hat man ziemlich genaue Vorstellungen, wie z.B. die Tasten klingen müssen. Neuer Einfluss ist gut, aber er darf nicht das Grundfeeling nehmen. Aber ich bin super zufrieden gerade, und ich will ja auch neuen Input.“

Das richtige Feeling trotz deutscher Texte

Die Band mag den traditionellen Reggae und Ska, verpackt aber deutsche Texte darin. „Das sehen wir als das Besondere in unserer Band, aber es ist auch ziemlich schwierig, mit deutschen Songs das Feeling beizubehalten. Bei vielen klingt es wie gewollt und nicht gekonnt.“ Warum macht ihr es euch dann schwerer, Jungs? „Mein Anspruch ist es, Reggae und Ska durch deutsche Texte zugänglicher zu machen. Klar, manchmal muss ein einfacher, englischer Text her, der sich immer wiederholt und den Zuhörern das absolute Chillfeeling gibt. Aber manchmal will ich auch wichtige Aussagen rüberbringen.“ Tja, Reggae ist zwar keinem ein Fremdwort, aber anscheinend muss man so ein bisschen hingeführt werden. Schon einige sind dadurch schon unerwartet zu Fans geworden „Leider habe ich auch eher das Gefühl, dass es hier eine kleine, rückläufige Szene ist. Wenn tolle Bands aus Jamaica nach Leipzig kommen, sind da vielleicht 100, 200 Leute beim Konzert. Freunde, die mit mir früher zu solchen Gigs gegangen sind, hängen heute auf diesem sch… Elektro.“ Tja, handgemachte Musik wird verdrängt von abstrahiertem Minimalismus durch moderne Schnelllebigkeit. Irgendwie kennen wir das auch aus anderen Lebensbereichen … Doch optimistisch schmunzelnd heißt es zum Schluss: „Umso wichtiger ist es, wieder smoothen Reggae zu hören.“, und, den Finger philosophisch gen Himmel gestreckt, „da kann man auch sich selbst wieder ein Stück zurückgewinnen.“ Deswegen lautet das letzte Wort: Bitte mehr Reggae!

ALSO MEHR REGGAE:

Schon mal vormerken: 18. November 2016 – STA als Support vom Yellow Umbrella Record Release Gig im Werk 2

Zusatzaufgabe: Vervollständigt folgende Sätze!

Leipzig ist für mich …

J: … eine grüne, interessante, neue Stadt.

B: … die Stadt, aus der ich nicht so schnell weg will.

Für einen Tag wäre ich gern mal …

B: … komplett frei.

J: … ne Frau.

Wenn ich nicht Musik mache, …

B: … denke ich ans Musik machen.

J: … geh ich spazieren.

Mein absoluter wieder-aufbau- Song ist …

J: Ich hör eher keine Musik, wenn ich traurig bin. Ich geh dann spazieren.

B: … ein Cover-Song von uns. Justin Hints & The Dominos „Travel with love“

Ich kann überhaupt nicht …

J: … mit Stress umgehen.

B: … ohne Stress leben, obwohl es mich fertig macht.

Das letzte Wort …

J: … hab immer ich!

B: … ist manchmal auch ein neuer Anfang.

Reinhören: