Gedanken, die gehört werden wollen Leipziger Bands im Fokus: voxpop

Indie-Pop aus Leipzig – Paula, Sebastian, Martin, Stefan und Markus von voxpop verrieten uns im Interview, warum kleine Streitigkeiten die Kreativität fördern und warum es sich lohnt, über das zu singen, was sonst keiner laut sagen will.


Alles fing an mit zwei Leipzigern, die sich zusammentaten, um Tocotronic-Songs zu covern. Heute sind voxpop eine fünfköpfige Indie-Pop Band, die in ihrer einjährigen Live-Karriere schon mit Vergleichen von Element of Crime bis Wir sind Helden konfrontiert wurde. Mit uns sprachen sie über die kreative Kraft von Meinungsverschiedenheiten, den Leipzig-Hype und Gedanken, die es verdienen, gehört zu werden.

© Johannes Amm
Sicher teilt bei euch nicht jeder die Leidenschaft für Tocotronic. Kommt es bandintern auch mal zu musikstilistischen Streitigkeiten? 

SEBASTIAN: Ich glaube, es ist unvermeidbar, dass es das gibt. Für den Schaffensprozess ist es meines Erachtens auch extrem wichtig, dass unterschiedliche und konträre Meinungen aufeinandertreffen. 

MARTIN: Aber Streitigkeiten würde ich nicht sagen. 

STEFAN: Unsere Musik macht ja gerade auch aus, dass jeder seine Einflüsse mit hineinbringt.

MARTIN: Wir sind sehr basisdemokratisch und zur Not wird abgestimmt.

voxpop leitet sich ab von „vox populi“ – die „Stimme des Volkes“. Inwiefern trifft das auf euch zu? 

MARTIN: Naja, das hat bei uns weniger mit politischen Ansichten zu tun. In unseren Songs geht es um kleinere Sachen beziehungsweise Befindlichkeiten, die dem Zeitgeist entsprechen. 

SEBASTIAN: Zum Großteil natürlich um Gefühle und Emotionen. Wir zeichnen uns am meisten über unsere Texte aus, die dem Hörer auch Stoff zum Nachdenken geben. 

MARKUS: Viel geht es auch um Gedanken, die jeder mal hat und sich nicht traut, auszusprechen, weil es unpassend ist oder Ängste offenbart, die man mit sich rumträgt. 

MARTIN: Unsere Texte sind aktiv so gestaltet, dass jeder seine eigenen Befindlichkeiten in ihnen wiederfinden kann. Wir sind zwar nicht unbedingt ein Chartbreaker – das wollen wir auch gar nicht sein. Aber wir sind auf jeden Fall poppig.

STEFAN: Indie-Pop halt …

Seid ihr alle gebürtige Leipziger? 

MARTIN: Was die männliche Fraktion betrifft, sind alle Leipziger Ureinwohner. Aber die Paula als unsere Minderheit bringt das nordische Flair in die Band … (lachen)

PAULA: Ich komme aus Rostock. Punkt.

Ihr seid alle schon ein bisschen rumgekommen in Deutschland. Was ist das Besondere an Leipzig? 

Stefan: Ich finde, dass Leipzig eine Großstadt im kleinen Maßstab ist. Leipzig hat ein breites Kulturangebot, viele schöne Parks und die Menschen sind super nett. 

MARTIN: Man hat viel Leitkultur, aber auch viel Subkultur in den verschiedensten Facetten. Eben ein sehr buntes Spektrum, was mir persönlich sehr gefällt. Man hat hier alles was man braucht, um glücklich zu werden. 

MARKUS: Ich find’s schön, dass Leipzig immer noch relativ unfertig ist, sehr dynamisch und im Wandel begriffen. 

STEFAN: Und hier gibt es auch noch Räume für Kreativität. 

MARTIN: Ja, in vielen Großstädten wurde die Subkultur ja schon weitestgehend verdrängt. Mal sehen, wie es sich entwickelt mit „Hypezig“ … 

Wie steht ihr zum Hype? 

SEBASTIAN: Ganz ehrlich: Was ist so schlimm daran? Klar haben wir unter dem Zuwachs in Leipzig zu leiden. Die Wohnungen werden teurer aber das ist doch das einzige Problem, was wir hier haben. Die Stadt wird gefördert ohne Ende – und das, obwohl sie in Schulden versinkt. Und wie wir vorhin gesagt hatten, Leipzig ist so besonders, weil hier halt immer was passiert. Das wäre wiederum nicht möglich ohne den ganzen Hype, den Leipzig seit 10, 15 Jahren erfährt. 

MARTIN: Hm … Na gut …

STEFAN: Meines Erachtens ist es aber doch einfach nur peinlich, wenn das so nach außen getragen wird und sich am Ende zu einer Art Battle entwickelt. 

SEBASTIAN: Darum geht es doch gar nicht. Ich finde es schön, dass Leipzig mit einer Großstadt verglichen wird, die gerade an kulturellen Sachen ein riesiges Potenzial hat. Ich denke, darauf kann Leipzig stolz sein.

(Anm. d. Red.: An dieser Stelle ufert das Gespräch ein wenig aus)

Ich wollte mit der Frage keinen Streit provozieren … 

MARTIN: Nein nein, das sind die üblichen Diskussionen, die bei uns einfach dazu gehören. Wir befassen uns nicht nur mit Sex, Drugs and Rock’n’Roll, sondern wollen auch, dass die Scheuklappen abgelegt werden, sodass man sich und seine Umwelt klarer betrachten kann.

Ihr habt in wenigen Tagen wieder einen Auftritt. Ist die Probezeit vor den Konzerten für euch immer stressig oder geht ihr das alles ganz locker an? 

SEBASTIAN: Okay, jetzt müssen wir Sachen sagen, die cool klingen. (lachen) Nein, also wir sind eine kleine Band, die sehr viel auf die Musik gibt und darauf, das möglichst gut über die Bühne zu bringen. Ich glaube nicht, dass wir unter einer extremen Anspannung stehen, eher unter einem kreativen Gedankendruck. Der richtige Stress kommt dann meistens erst fünf Minuten vor dem Auftritt. 

MARTIN: Die Menschen sollen merken, dass das, was wir tun, nicht bloß aus Jux und Tollerei passiert, sondern dass …

SEBASTIAN: dass da Liebe und Leidenschaft dahinter steht. 

PAULA: Und schließlich macht es uns ja auch Spaß. Ich meine, ich mache ja keine Musik, um irgendwelche Preise dafür zu bekommen, sondern einfach, weil ich Spaß dran hab. Tatsächlich finde ich es doof, wenn sich Druck aufbaut, weil man sich immer mit anderen vergleicht. Mir geht es darum, das was ich mache zu genießen. 

Zu guter Letzt: Eure Pläne für die Zukunft bitte! 

MARTIN: Da kommen für mich die Auftritte an erster Stelle – in welchen Größenverhältnissen auch immer. Und natürlich, dass wir noch viele, viele Jahre in genau dieser Besetzung spielen können. 

SEBASTIAN: Ja, dass wir noch lange zusammen Musik machen können, ohne dass irgendwann private Probleme dazwischen kommen. Und dass uns der Spaßfaktor erhalten bleibt, der uns immer wieder antreibt.

STEFAN: Gerade versuchen wir, überhaupt erst mal von verschiedenen Veranstaltern als Leipziger Band wahrgenommen zu werden. Später möchten wir dann sicherlich auch überregional bekannt werden. 

MARTIN: Wir hoffen, dass dieses Interview dazu beitragen wird. Vielleicht ist ja auch auf der Titelseite noch ein wenig Platz? (lachen)

INFOS:

Am 21. Juni 2014 seht ihr voxpop live auf dem Leipziger Westbesuch.