Gerechtigkeit ist (kein) Hexenwerk Leipziger Musiker im Fokus #97: HeXer

Vom klassischen Gesang im Thomanerchor kam HeXer zum Battle-Rap, in dem es vor allem darum ging, den Gegner zu schlagen. Jetzt will der Leipziger gesellschaftskritische Musik mit Message machen.

Vom klassischen Gesang im Thomanerchor kam HeXer zum Battle-Rap, in dem es vor allem darum ging, den Gegner zu schlagen. Jetzt will der Leipziger gesellschaftskritische Musik mit Message machen.

 

„Wir verbrennen alles, wollen alles, doch das endet in ’ner Katastrophe ohne Klimaschutz

Wir als Menschen spiel‘n ne Rolle in dem Zyklus,

aber machen schonungslos mit jeder Tierart Schluss

Wir verbrennen an der Sonne,

denn wir sind zu abgehoben so wie Icarus“

 

Die Welt, die HeXer in dem Lied „Icarus“ zeichnet, ist düster und dystopisch, das Menschenbild eher negativ. Thematisch beschäftigt sich die EP „Metropolis“ mit der Klimakrise und sozialen Unterschieden zwischen Arm und Reich. Im echten Leben heißt HeXer Franz Martens und sieht nicht halb so düster aus, wie die Kunstfigur in seinen Videos.

Der 19-jährige Leipziger hat vor einem Jahr sein Abitur gemacht, ein bisschen gejobbt, will im nächsten Jahr ein Studium im Audio-Engineering beginnen. Bis dahin möchte er sich ganz auf die Musik konzentrieren. Als wir uns im Café treffen, spricht er offen und ist motiviert.

© Lisa Kuner

Vom Chorknaben zum Battle-Rapper

Obwohl HeXer so jung ist, macht er schon mehr als ein Jahrzehnt professionell Musik. Seit dem Kindesalter war er im Thomanerchor. Für Martens war das eine sehr intensive Zeit. Täglicher Gesangsunterricht und Chorproben prägten sein Leben.

In der Grundschule gab es am Ende jedes Jahres Prüfungen und später dann an jedem Wochenende mehrmals Auftritte. In der Pubertät dann störten ihn plötzlich die strengen Regeln und vielen Vorgaben im Internat, in dem die Sänger des Chors leben. „Wenn ich im Thomanerchor geblieben wäre, hätte ich nie mit Rap angefangen“, erzählt er. „Dafür war da einfach keine Zeit“. Mit 14 Jahren entschied sich Martens darum nicht nur, den Chor zu verlassen, sondern auch Rapper zu werden. Sein Künstlername war dabei ein spontaner Einfall: Er erinnerte sich an eine Hexenmaske zu Hause und fand das eine coole Idee. Die Maske war zwar nicht mehr aufzufinden, der Name blieb aber trotzdem. 

Den Plan Rapper zu werden versuchte er bei Battlerap-Turnieren im Internet umzusetzen. Mit einer billigen Kamera und einem Headset nahm er erste Videos auf und präsentierte auf kleinen Kanälen mit ein paar Hundert Abonnenten sein Können. „Beim Battle-Rap geht es hauptsächlich darum, den Gegner zu dissen“, sagt er. Der Inhalt der Songs sei eher zweitrangig, aber man bekomme immer viel hilfreiches Feedback.

Auch wenn Rap und klassischer Gesang beim Thomanerchor auf den ersten Blick zwei vollkommen verschiedene Welten sind, ist sich Martens sicher, dass seine musikalische Ausbildung ihm viel hilft: „Ich konnte von Anfang an richtig im Rhythmus rappen und meine Hooks selber einsingen“.

Mit der Zeit wurde Martens besser, er machte bei größeren Turnieren mit. Auch seine Musik veränderte sich, er begann echte Themen zu behandeln, statt nur über andere herzuziehen. Schließlich wird DJ Eule auf ihn aufmerksam. Mit ihm wächst die Idee einer eigenen EP. Meistens entstehen die Songs spät nachts nach seiner Arbeit in der Gastronomie. Wie lang er für ein Lied braucht, ist dabei sehr unterschiedlich. An „Icarus“ hat er allein sieben Nächte geschrieben. „Luxusprobleme“ und „Form der Angst“ entstanden in nur einer Nacht. „Das kommt ganz darauf an, wie ich drauf bin“, meint er. Am meisten berührt ihn selbst „Gespaltene Wesen“, weil soziale Ungerechtigkeit für ihn eins der wichtigsten Themen unserer Zeit ist.

© Olaf Martens

Rap auch für Mutti

Auf seiner EP verzichtet der Leipziger auf Fäkalsprache: Er will ein größeres Publikum erreichen, auch seine Mutter soll stolz darauf sein können, was er macht. Seine größte Fanbase sieht er aber nach wie vor in den Jungs vom Thomanerchor. „Sie kommen zu jedem Auftritt und haben mich von Anfang an unterstützt“.

Richtig daran geglaubt, dass Rap mal mehr als ein Hobby sein könnte, hatte Martens nicht. „Dass es jetzt klappt, ist Glück und Zufall“. Heute steht er jedenfalls beim Label Arjuna unter Vertrag. Er muss sich erstmal dran gewöhnen, dass jetzt alles ein bisschen professioneller ist: „Ich muss jetzt in den Rhythmus kommen, alle vier Wochen einen Song zu schreiben. Das ist jetzt ein Business“.

Seit dem Release am 15. November 2019 kann man hier in „Metropolis“ reinhören: hexer.lnk.to/Metropolis

Web: www.facebook.com/HeXerRap