„Die Kunst ist, auch wenige Menschen zum Tanzen zu bringen“ Leipziger Musiker im Fokus: Pretty Pink

Von Leipzig in die ganze Welt: Die DJane ist mittlerweile gut unterwegs mit ihrer Musik. Fazit unseres Plauschs: Frauen an die Turntables!

Vor zwölf Jahren und mit einem Sprung ins kalte Wasser begann Pretty Pinks – bürgerlich Anne Karolczak – Karriere als Musikkünstlerin. Aufgewachsen im Harz, verschlug es sie nach der Schule zunächst für ein Studium nach Ravensburg, wo sie ihre Liebe zu Schallplatten, Turntables und Deep House vertiefte.

© Anne Karolczak
Freitagmorgen und trotzdem empfängt uns die junge Musikerin mit einem wunderschönen Lächeln auf den Lippen in der Franz Morish Kaffeerösterei, ihrem Lieblingscafé. Mit dabei ihre treue und süße Begleiterin, Hündin Mimi, ein Bolonka Zwetna. Wir trinken Chai Latte und essen vegane Energiebällchen aus Datteln, Feigen und Nüssen, während es sich Mimi auf dem Stuhl neben Pretty Pink gemütlich noch einmal zur Ruhe legt.

„Ich war damals so stolz auf meinen ersten eigenen Plattenkoffer – bis mir bewusst wurde, dass ich früher oder später von Vinyl auf CD und USB umsteigen muss. Sonst hätte ich nie meine eigenen Songs spielen können.“ Vom Musikfieber gepackt, flossen ihre ersten Gagen zu Beginn ihrer Karriere meist direkt in neue Platten. „Anfangs hatte ich absolut keine Ahnung, war völlig überfordert und hab mir die Basics größtenteils selbst angeeignet.“ Für den Masterabschluss in Mediendesign zieht es Pretty Pink nach Halle, zurück in ihre Heimat Sachsen Anhalt. Nebenher produziert sie eigene Songs, finanziert über Gigs ihr Studium und spielt zunehmend mit dem Gedanken, sich ganz auf das Musikmachen zu konzentrieren.

Klicks sind wichtig, echte Freude ist unverzichtbar

© Anne Karolczak
Den Kopf voller kreativer Ideen verschlägt es die DJane nach Leipzig. Sie wird immer häufiger gebucht und steht zwischen Mitternacht und 3 Uhr morgens regelmäßig in Clubs, um ihr Publikum in Feierlaune zu versetzen. „Ich bin wahrscheinlich die unnormalste DJane, die es gibt“, lacht sie und gesteht: „Privat bin ich eher ruhig und liebe es zu schlafen. Ich schlafe vor Gigs und oftmals auch direkt danach. Sobald ich aber das erste Lied anspiele und die tanzenden Leute um mich herum sehe, bin ich wach. Wie ein Schalter, der sich plötzlich umlegt.“ Ihr Motto: Die Leute, die da sind, egal ob sie Pretty Pink kennen oder nicht, sollen richtig Spaß haben an diesem Abend. Dieses unbeschreibliche Gefühl ist die größte Freude, das beste Feedback, das man der Künstlerin bei einem Auftritt geben kann. Zwar schätzt die junge Musikerin jeden Klick, jeden Like bei Facebook, Instagram und Co., doch die Atmosphäre während der Gigs liegt ihr persönlich mehr am Herzen. „Ich kann auch mit fünf Leuten im Publikum arbeiten, solange die richtig Lust haben. Die Kunst ist, auch wenige Menschen zum Tanzen zu bringen.“ Trotzdem sind die sozialen Netzwerke für Pretty Pink ein wesentlicher Faktor für ihren Erfolg als Musikerin. Fast alles, erklärt sie uns, läuft heutzutage online ab. Sei es der Kontakt zu anderen Künstlern, die Arbeit an gemeinsamen Songs oder die Verbreitung ihrer Sets über SoundCloud, Spotify und YouTube. 40 Stück hat sie allein die letzten zwei Jahre über die unterschiedlichen Kanäle veröffentlicht.

Ein Jet-Set-DJ-Leben 

© Anne Karolczak
International ist Pretty Pinks Musik in den USA und den arabischen Emiraten sehr gefragt. Ende Oktober war die DJane erneut für zwei Gigs in Dubai und Abu Dhabi. „Ich mag das! Toller Strand, es ist warm; was will man mehr.“ Leider hat die Musikerin aufgrund der vielen Termine kaum Zeit um Auszuspannen – allein diesen Sommer war sie auf über 30 Festivals zu Gast. Während zu Beginn ihrer Karriere Club-Bookings überwiegten, verbringt sie ihre Sommer mittlerweile auf Festivalbühnen. In ihrer aktuellen Single „Supermann“ wird sie vom finnischen Sänger Axel Ehnström mit englischen Texten unterstützt. Weltweite Kontakte und Auftritte sowie die Eindrücke der Reisen ist Inspiration für Pretty Pink. „Ich liebe es, fremde Städte zu erkunden, neue Leute kennen zu lernen und möchte meine internationale Bekanntheit in Zukunft noch mehr ausbauen. Geplant sind u.a. zwei Songs mit eigenem Sprechgesang.“ Ansonsten bevorzugt Pretty Pink für ihre Sets die Mischung aus Altem und Neuem. „Aktuell habe ich beispielsweise alte Funky Disko Classics ausgekramt und neu gemixt“. Und auch wenn sie lange Zeit viel mit Vokals gearbeitet hat, nimmt sie gerne auch Tracks komplett ohne Texte auf. „Grundsätzlich sehe ich Musik weniger gradlinig. Viele DJs sagen, sie machen nur Techno. Ich spiele das, was mir gefällt und was für mich an diesem Abend zur Stimmung passt.“

Zu Hause in Leipzig arbeitet sie von ihrer Wohnung aus. Lange Zeit in einem Raum: Die Hälfte gefüllt mit Kleiderständern und in der Ecke ein kleiner Schreibtisch, an dem sie produzierte. Irgendwann hat die Musikerin diese Enge nicht mehr ausgehalten. „Jetzt habe ich endlich eine Wohnung mit eigenem Studio und DJ-Pult, ohne Kleiderschrank im Rücken.“ Seit kurzem erhält sie Unterstützung beim Videoschneiden, Hilfe bei den Aufnahmen und hat sogar einen Managementvertrag unterzeichnet. „Früher hab ich das alles allein gemacht, aber das ist inzwischen nicht mehr zu schaffen.“ In den Wintermonaten ist ihr Terminkalender voll mit Clubtouren, Indoor-Festivals, DJ-Messen und auch eine Merchandise-Seite ist in Planung. Bleibt bei all diesen Terminen doch mal ein Abend frei, entspannt die DJane am liebsten zusammen mit ihrer Hündin Mimi Bolonka auf der Couch. Muss auch mal sein!

Pretty Pink LIVE am 25.11.17 im Club L1