Blick Hinter Die Kulissen Neues Schauspiel mit Tante Manfred, Markus, Kafka & Co.

Die übliche Formel: Langeweile plus Sehnsucht nach etwas Neuem macht gleich eine geborene Schnapsidee. Was das Neue Schauspiel im Leipziger Westen beherbergt, erfahrt ihr bei unserem Blick Hinter die Kulissen.

Die übliche Formel: Langeweile plus Sehnsucht nach etwas Neuem macht gleich eine geborene Schnapsidee. So oder so ähnlich könnte man die Entstehungsgeschichte des Neuen Schauspiels im Leipziger Westen in wenigen Worten beschreiben. Doch die Location, die einen Konzertkeller, eine Kneipe namens Tante Manfred und einen Theaterraum beherbergt, verdient einige Worte mehr. 

© Geli Megyesi

Welcher Schatz sich hinter der Hausnummer 29 verbirgt, erkennt man erst, wenn man durch eine Unterführung läuft und auf einem kleinem Hof landet. Steigt man dann ein paar Treppen hinauf, begrüßt einen schon – wie könnte es bei Theaterleuten anders sein – Kafka. Kafka ist der hauseigene Theaterhund, dessen Aufgabenbereiche wie folgt beschrieben werden: dramatisches Kuscheln, lyrisches Kuscheln und pädagogisches Kuscheln.

Nachdem diese Aufgabe von Gast und Hund erledigt ist, steht man inmitten der Tante Manfred – der Kneipe des Neuen Schauspiels. Dort gibt es die üblichen Getränke, Störtebeker Bier und russische Snacks. Warum Tante Manfred? „Ein Freund hat ein Stück geschrieben namens ‚Stützstrümpfe für Tante Manfred’. Dann haben wir überlegt, dass es ja auch ein Ilses Erika und eine Frau Krause gibt – so ist die Idee zu Tante Manfred geboren“, erzählt Inhaber Markus Czygan.
Der gelernte Schreiner und die Mitinhaberin Claudia Rath kommen ursprünglich aus Würzburg und haben dort viele Jahre Theater gemacht. Und
„wie das halt so ist, irgendwann wird es einem ein bisschen langweilig“, erzählt Markus. „So kam dann 2008 die Schnapsidee zu einem neuen Laden.“ Dabei sei die favorisierte Stadt schnell klar gewesen: „Leipzig hat sich aufgedrängt – speziell der Leipziger Westen. Hier gibt es Entwicklungspotenzial und es sind nicht schon alle Plätze belegt.“
Aber es war dann doch nicht so einfach, eine geeignete Räumlichkeit zu finden wie anfangs gedacht. „Es gab zwar komplette Fabrikkomplexe, aber die zu sanieren, wäre utopisch gewesen“, so Markus. Nach gut einem Jahr entdeckten die beiden dann per Zufall das Gebäude in der Lützner 29.

In einer Hauruckaktion wurde der Keller für Konzerte ausgebaut

© Geli Megyesi
Markus war eigentlich auf der Suche nach einer Werkstatt. „Ich habe das Objekt gesehen und gedacht: eine Werkstatt hieraus zu machen, wäre Quatsch – es ist perfekt für ein Theater. Damit war die Sache geritzt.“
Nach einem Jahr Sanierung (es wurden 450 kg Farbe von den Wänden gekratzt und Toiletten eingebaut) öffnete das Neue Schauspiel im Oktober 2010 seine Pforten – erst einmal nur als Theater. „Das erste Jahr lief ziemlich bescheiden.“ 2011 wurde dann der Förderverein Neues Schauspiel e.V. gegründet, um neben Eigenproduktionen, freie künstlerische Gruppen oder Künstler, aber auch den künstlerischen Nachwuchs zu unterstützen. Ziel: Mehr (Frei-)Raum für künstlerische Kreativität schaffen.

„Nach einem Jahr wurde klar, dass es schwierig werden würde, wenn wir nur Theater anbieten. Deswegen wurde Mitte 2012 in einer Hauruckaktion der Keller für Konzerte ausgebaut.“ Der für etwa 200 Leute ausgebaute Konzertkeller wurde auch sehr gut angenommen – besonders viele Anfragen gibt es aus dem lokalen Bereich. „Es hat die ideale Größe, das gibt es nicht so oft in Leipzig“, sagt Markus. Allerdings gab es immer wieder Ärger mit dem Ordnungsamt. Das Problem: zu viel Lärm. Und da die meisten Konzerte nicht vor 22 Uhr enden, finden derzeit weniger statt als es möglich wäre. „Der Umbau für mehr Dämmung soll noch diesen Sommer geschehen.“ 

Verwirrung um Centraltheater, Schauspiel Leipzig und Neues Schauspiel

© Geli Megyesi
Gibt es viel Verwirrung, seitdem das Centraltheater wieder Schauspiel Leipzig heißt? Markus kommt bei der Frage aus dem Schmunzeln nicht mehr raus: „Klar sind einige seitdem verwirrt. Wir bekommen viele Anrufe, die Karten für das Schauspiel Leipzig bestellen wollen und dann bei uns rauskommen.“ Das sei aber gar nicht so übel, denn viele kommen dann auch in das Neue Schauspiel, um zu gucken, wo sie angerufen haben. Besonders die Presse hat es Markus und Claudia leicht gemacht. „Viele schrieben bei der Umbenennung ‚Das neue Schauspiel öffnet seine Pforten …’. Das ist kostenlose zusätzliche Werbung“, amüsiert er sich.

Insgesamt läuft es für das Neue Schauspiel sehr gut. „Bei einer neuen Location ist es normalerweise sehr schwierig, anfangs Publikum zu finden, denn jeder hat ja schon so seine typischen Weggehstrukturen. Aber nun, nach drei Jahren, können wir uns nicht beklagen. Wir sind ganz erfolgreich.“ Dabei ist sich Markus sicher, dass dem Neuen Schauspiel auch die blühende Begeisterung des Leipziger Westens zugute kommt. 

Infos Neues Schauspiel

Theater, Konzerte, Kneipe (Raucher), Workshops

Kneipe: geöffnet ab 19 Uhr

Lützner Straße 29, 04177 Leipzig

www.neues-schauspiel-leipzig.de