Vinylboom: Leipzig hat wieder gern 'ne Scheibe Plattenläden in Leipzig

Zweiter Frühling für die Schallplatte: Wir stellen euch Leipzigs Plattenläden vor und fragten nach, ob sie vom Plattenboom profitieren konnten.

Die Lust am analogen Musikgenuss erlebt einen zweiten Frühling! Laut Bundesverband Musikindustrie werden in diesem Jahr so viele Schallplatten über den Ladentisch gehen wie schon seit fast 20 Jahren nicht mehr. Doch woher kommt das wiedererwachte Interesse am physischen Tonträger? Sollte die MP3-isierung in den Nullerjahren Musikliebhaber zurück zu den Wurzeln katapultiert haben, oder gehört das neue Album von David Bowie auf Vinyl einfach nur zum guten Ton wie die Bionade im biobewussten Haushalt? Wir stellen euch Leipzigs Plattenläden vor und haben nachgefragt, ob sie vom Plattenboom profitieren konnten.

Ohrakel

© Geli Megyesi

Nach eigenen Aussagen ist das Ohrakel der älteste Plattenladen Leipzigs. Seit 1996 gibt es hier Vinyl, CDs, Videos, T-Shirts und Poster, wobei der Plattenanteil 60% beträgt. Für Musikliebhaber ist hier jedes Genre vertreten (von Rock, Pop über Indie, Jazz, Hip Hop, Reggae zu Electro) – außer Volksmusik. Die Preise für Schallplatten variieren zwischen 0,50€ und 20€. Raritäten können auch bis zu 130€ kosten. Das Besondere im Ohrakel ist die Kundenecke, in der jeder seine Schätze zum Verkauf anbieten und die Preise selbst bestimmen kann. Inhaber Daniel Hesse kann den Vinylboom absolut bestätigen. Der Laden musste sogar umgebaut werden, um den vergrößerten Bestand unterzubringen. Hesse sieht den Grund darin, dass die Leute wieder „etwas in der Hand“ haben wollen, aber auch im Trendfaktor: „Ich kann nicht mehr zählen, wie viele das neue Album von David Bowie als Platte haben wollen“, so Hesse. In diesen Situationen nutze er aber auch die Chance, die Leute mal an andere Sachen heranzuführen.

Klang.KOMBINAT – Kietz Musikhaus

© Geli Megyesi

Angefangen hat Inhaber Rory Kietz vor 16 Jahren mit Second Hand-Kinderwagen. Irgendwann fiel ihm auf, dass sein Sortiment an gebrauchter Ware fast nur noch aus Platten besteht. Genretechnisch setzt das Klang.KOMBINAT auf alles, was es gibt: Rock, Pop, Indie, Hip Hop, Electro, Jazz, Country, Schlager etc. Der Plattenanteil besteht aus imposanten 80%, der Rest stellt sich zusammen aus CDs und Musik-DVDs. Die Preise für eine Platte pendeln zwischen 1€ und 20€. Auch Kietz bestätigt den Vinyltrend. Seit 3 Jahren verkaufe er viel mehr Platten als zuvor: „Es hat ganz klar einen riesen Style-Faktor. Gerade Massentouristen tragen die eben gekaufte Platte so durch die Gegend – ohne Tüte.“ Außerdem verliere eine Platte nie an Wert. Früher waren es eher Stammkunden, mittlerweile sei es bunt gemischt. Besonders beliebt sind Rock-Klassiker von The Rolling Stones, Led Zeppelin und Pink Floyd. In letzter Zeit gehe aber vor allem der Django-Soundtrack vom Ladentisch wie geschnitten Brot.

Phonocentrum

© Geli Megyesi

Das Phonocentrum, das sich ein paar Eingänge neben dem Klang.KOMBINAT befindet, bietet nach eigenen Aussagen alles, was man zum Hören braucht: Plattenspieler, Verstärker, CDs und selbstverständlich Vinyl, dessen Anteil etwa 75% beträgt. Musiktechnisch geht es im Phonocentrum querbeet zu. Die Preise für eine Platte variieren zwischen 1€ und 20€. „Der Plattenverkauf nimmt zwar zu, aber dafür verkaufen wir weniger CDs. Somit hält sich alles die Waage“, sagt Verkäufer Sebastian.

 

Possblthings Records

© Marcel Lenk

Possblthings hat im Juli 2014 seine Pforten geöffnet und sitzt in Connewitz. Das Angebot reicht von Old School Tehno, Electro, House (Chicago House, Acid House …), Synth, Rave, eine kleine Auflage von Ambient, Afro Beat, Hip Hop … Inhaber Steffen hatte nach eigenen Aussagen eigentlich nie vorgehabt, einen Plattenladen zu eröffnen. Doch nachdem er merkte, dass es außer Kann keinen Store gibt, der sich auf Electro spezialisiert hat, änderte er seine Meinung und eröffnete Possblthings. Plan war, als Ergänzung zu Kann zu fungieren, doch im Sommer 2014 schloss der Laden in der Kochstraße überraschend. Nun gibt es für Electro-Liebhaber nur noch den Record Store in der Bornaischen Straße 95. Laut Steffen steht in diesem Sommer 2015 ein Umzug an. Wohin, weiß er noch nicht. Doch die Chancen stünden gut, dass der Record Store im Süden bleibt.

Whispers Records

© Geli Megyesi

Inhaber Ralph Wünschiers betreibt seit 1997 seinen Plattenladen in Leipzig. Whispers Records bietet Schallplatten, CDs, Bücher und DVDs, wobei der Vinylanteil etwa 50% beträgt. Genretechnisch ist hier alles zu finden außer Volksmusik und Operetten. Der Fokus liegt aber klar auf Indie, Rock und Pop. Seit Herbst 2012 sei ein richtiger Platten-Hype ausgebrochen: „Mit MP3 und Flatrates ist alles immer verfügbar, was für viele die Musik entwertet – das ist mit Platten nicht so“, begründet Wünschiers. Auffällig viele junge Leute hätten das Medium Vinyl wieder entdeckt. 

Schall & Rausch

© Marcel Lenk

Das Schall & Rausch residiert neuerdings im Westwerk und bietet so ziemlich alles aus dem Indiebereich auf Vinyl sowie CD. Der Preis liegt zwischen 15€ und 22€. Inhaber Uli Reis hat vom Plattenboom nichts bemerkt: „Es hält sich – nicht weniger und nicht mehr.“

Kann Records 

Im Sommer 2014 geschlossen!

© Marcel Lenk

Drei Leipziger DJs gründeten 2008 ihr eigenes Plattenlabel Kann Records. Seit 2012 fungiert der Laden auch als Platten- und Klamottengeschäft. Kann Records ist klar auf die Clubszene ausgelegt, d.h. es gibt v.a. House, Techno und Dubstep auf Vinyl. Inhaber und Label-Mitbegründer Alex kann einen neuen Plattenboom nicht wirklich bestätigen: „Wir sind ja eher Nische. Die Leute, die hier kaufen, sind zum größten Teil Stammkunden und Berufs-oder Hobby-DJs.“

 

Weitere Infos findet ihr auf den eigenen Homepages der Läden:

Ohrakel, Klang.KOMBINAT, Kann RecordsSchall & Rausch, Possblthings Records