Ein bisschen Magie aus Völkerball, Handball und Rugby Quidditch für Muggel

Quidditch ist schon lange nicht mehr nur reine Fiktion, sondern Realität! Wir haben den ältesten Qidditch-Verein Sachsens, die „Looping Lux“, auf dem Gelände des LSV Südwest besucht und uns den Sport aus nächster Nähe angeschaut.

Fliegen ist keine Option, also sprinten und tackeln die Quidditch-Spieler über den Rasen; in der einen Hand einen Ball, die andere Hand hält einen Stab – eine abgewandelte Form von Besen aus der Original-Vorlage – zwischen den Beinen.

© Rhino Media
 

Die Idee des Sports

Quidditch ist kein Phänomen verkappter Harry-Potter Fans. Jan Kohler ist es wichtig, das gleich zu Beginn klarzustellen, zu oft wäre es bereits zu Missverständnissen gekommen: „Niemand in unserem Team betreibt diesen Sport als Bezug auf diese Bücher, sondern eben für den Sport.“ Der 24-jährige Physikstudent spielt seit etwa drei Jahren Quidditch und arbeitet mittlerweile auch als Trainer im Leipziger Team. Rein sportlich betrachtet ist Quidditch eine Mischung aus Völkerball, Handball und Rugby. Aber für Kohler machen noch weitere Aspekte den Reiz aus: „Es ist die einzige mir bekannte Vollkontaktsportart, die nicht nur gemischtgeschlechtlich gespielt wird, sondern darüber hinaus explizit auch Menschen anspricht, die sich nicht binär als Mann oder Frau verstehen.“ Trotz der Körperlichkeit und des Wettbewerbsgeistes gebe es einen sehr starken Zusammenhalt in der internationalen Community: „Dadurch, dass Quidditch eine noch recht junge Sportart ist, ist unser Team gleichzeitig auch unser eigenes Projekt und nicht nur ein Ort, an dem wir ein paar Mal die Woche Sport treiben – wir entscheiden stets demokratisch, können eigene Organisationsformen ausprobieren, mit denen wir uns wohlfühlen.“

Seit 2005 gibt es Quidditch auch für Nicht-Zauberer. Der Sport erfreut sich zunehmender Beliebtheit und ist mittlerweile professionell strukturiert. Die IQA hat als Weltverband ein umfangreiches Regelwerk erarbeitet und ist Dachorganisation für derzeit etwa 40 Länder weltweit, in denen Quidditch gespielt wird. Neben Australien und Neuseeland hat der Sport zum Beispiel auch in den USA und Kanada sowie in anderen Ländern Europas eine hohe Bekanntheit erreicht. In Deutschland gibt es sechs Regionalligen, eine deutsche Meisterschaft. Man kann sich über das deutsche Ranking auch für europäische Wettbewerbe à la Champions- und Europa-League qualifizieren. Natürlich gibt es auch eine deutsche Nationalmannschaft, in der neben Jan Kohler noch drei weitere Spieler aus Leipzig stehen.

Mehrere Spiele in einem – Kurze Regelkunde

Wenn man sich ein Quidditch-Spiel zum ersten Mal anschaut, dann dauert es ein paar Minuten, bis man das mitunter wilde Durcheinander verstanden hat. Letztlich geht es darum, Punkte zu sammeln. 10 Punkte gibt es für eine Torerzielung durch einen der drei aufgestellten Torringe (Durchmesser etwas über 80 Zentimeter), die jede Mannschaft bewachen muss und die in unterschiedlichen Höhen von knapp 1 bis 2 Metern aufgebaut sind. Tore werden durch „Jäger“ (weiße Stirnbänder) erzielt. Die Tor-„Bewacher“ sind nichts anderes als eine Art „Hüter“, markiert durch ein grünes Stirnband. Für die Torerzielung wird ein Volleyball verwendet.

So weit, so einfach. Schwieriger wird es, wenn ballführende Spieler abgeworfen werden dürfen und dann für kurze Zeit aus dem Spiel sind, da sie zurück zu den eigenen Ringen laufen und abklatschen müssen. Auf dieses Abwerfen sind pro Mannschaft zwei „Treiber“ spezialisiert. Sie tragen schwarze Stirnbänder und attackieren ihre Gegner mit einem Dodge-Ball, einem etwas schwereren Gummiball mit einem Durchmesser von etwa 20 Zentimetern. Spätestens jetzt hätte man gerne einen Rundumblick, denn es geht gleichzeitig darum, den Volleyball zu passen und den Dodge-Bällen auszuweichen, wohlgemerkt immer mit einer Hand am „Besen“ zwischen den Beinen. Zusätzlich spannend wir das Spiel mit dem Eintritt des „Schnatz“. In der fiktiven Welt von Harry Potter ist das eine winzige Goldkugel mit Flügeln. Hier ist es ein als „Snitch Runner“ bezeichneter in Gelb gekleideter und unabhängiger Spieler mit einem Tennisball in einer Socke (Schnatz), die am hinteren Hosenbund befestigt ist. Der Snitch Runner tritt nach einer Spielzeit von 17 Minuten ein und muss sich eine Spielminute später den Angriffen je eines „Suchers“ pro Team (gelbe Stirnbänder) entgegenstellen. Der Fang des Schnatzes, in diesem Fall das Abreißen des Tennisballs vom Hosenbund, bedeutet das Spielende und bringt der Mannschaft des Suchers zusätzliche 30 Punkte. Damit sind alle Aufgaben verteilt. Das Team mit den meisten Punkten gewinnt am Ende. Insgesamt ergibt sich eine Anzahl von sieben Feldspielern pro Team, wobei im Sinne einer gemischtgeschlechtlichen Spielweise die Regel „Four maximum“ greift, das heißt: Gleichzeitig dürfen nicht mehr als vier Spieler des gleichen Geschlechts auf dem Spielfeld sein.

© Van Klaveren Quidditch Photography
 

Quidditch in Leipzig

In Leipzig wird seit 2015 Quidditch gespielt. Die „Looping Lux“ sind damit der älteste Quidditch-Verein Sachsens. Trainiert wird zweimal in der Woche auf dem Sportgelände des LSV Südwest Leipzig in der Windorfer Straße 63 (Kleinzschocher). Jeder oder jede Interessierte ist eingeladen, sich in dieser Sportart auszuprobieren. Vorkenntnisse sind dabei kein Muss. Die Spielfähigkeit ergibt sich aus ganz einfachen Spielhandlungen wie Werfen, Fangen und Rennen, die fast jeder beherrscht. Explizit weist Coach Jan Kohler aber auch darauf hin, dass selbst das keine Grundvoraussetzungen seien, sondern auch Trainingsziele: „Das Einzige, was wirklich mitgebracht werden muss, ist die Lust auf Sport, keine Angst vor Körperkontakt und vielleicht ein Mundschutz – spätestens zum dritten Training“. Und er betont: „Der Sport hat eine Komplexität, die wenig andere Sportarten haben, Situationen treten fast nie zweimal in einem Spiel auf.“ Das klingt fast schon wieder ein bisschen magisch …

 

Wer Quidditch ausprobieren möchte, kann sich gerne bei den Looping Lux Leipzig per Mail melden unter:

lsv-quidditch@web.de | Aktuelle Trainingszeiten: Dienstag 18:30 Uhr und Sonntag 11 Uhr.

Einfach mal gucken? Vom 12. bis 14. Juli 2019 findet der internationale Wildlynx Cup auf dem Gelände des LSV Südwest Leipzig statt.