Revolverheld auf Arena-Tour 2019 Revolverheld im Interview: „Du brauchst verschiedene Pole und irgendwo dazwischen liegt die Wahrheit“

Seit 16 Jahren sind die Jungs von Revolverheld auf den Bühnen Deutschlands unterwegs. 2019 wird es die erste ganz große Arena-Tour mit ihrem aktuellen Studioalbum „Zimmer mit Blick“ geben.

© Benedikt Schnermann
Seit 16 Jahren sind die Jungs von Revolverheld auf den Bühnen Deutschlands unterwegs. 2019 wird es die erste ganz große Arena-Tour mit ihrem aktuellen Studioalbum „Zimmer mit Blick“ geben. Leipziger Fans können sich auf eine spannende Show in der Arena Leipzig freuen. Wir plauderten vorab mit Revolverheld-Gitarristen Kris Hünecke über den aufregenden Akt „Arena-Tour”, Leipzig-Erfahrungen und das Zimmer mit Blick.

 

Was erwartet ihr denn von eurer Tour und worauf freut ihr euch besonders?

Wir freuen uns unfassbar auf die Tour. Es ist für uns tatsächlich ziemlich besonders, weil wir den Schritt in die Arenen zum ersten Mal mit MTV Unplugged gemacht haben. Und das ist ja eigentlich so eine Art akustisches Best-of. Jetzt ist es das erste Mal, dass wir mit einem, in Anführungszeichen, normalen E-Gitarrenalbum in die Arenen gehen und wir haben uns da echt viel Mühe gegeben. Haben unglaublich viel geplant am Licht, an dem Content für die Video-Leinwände. Wir sind halt selbst Konzertgänger. Da gefallen uns Sachen und es gibt auch Dinge, die wir überhaupt nicht mögen. Wir hassen das zum Beispiel, wenn man hinten in der Arena steht und die Band nur in Ameisengröße sieht. Und wir haben uns viel ausgedacht, sodass das ein runder und kurzweiliger Abend wird. Es macht auch total Spaß, sowas zu planen! Was ja ganz schön ist: Man mietet erst mal die Halle und dann hat man so eine Art weißes Papier und kann sich was ausdenken. Und wir haben jetzt für die Tour ein paar Sachen geplant, die wir bei anderen Bands so noch nicht gesehen haben.

Das wird in jedem Fall eine ganz intensive Zeit für euch. Ihr reist fast jeden Tag weiter und die Entfernungen sind auch teilweise sehr groß. Wie bereitet ihr euch auf so etwas vor?

Wir bereiten uns da tatsächlich auch ein bisschen körperlich vor. Also wir machen Sport, schauen, dass wir fit sind und eine gute Kondition haben. Und dann proben wir natürlich auch wahnsinnig viel vorher. Es ist schon so, dass man über die Abläufe und was man da so spielt nicht mehr nachdenken will, wenn man bei solch einem großen Konzert auf der Bühne steht. Das muss automatisiert sein. 

Habt ihr zwischendrin auch mal Zeit, in den Städten etwas zu sehen?

Wir haben uns angewöhnt, dass wir versuchen, immer viel mitzunehmen – morgens vielleicht mal eine kleine Joggingrunde drehen und ein bisschen Natur sehen. Und dann sind wir auch tatsächlich mittlerweile so Jungs, die halt auch so ein paar Sehenswürdigkeiten mitnehmen, mal in eine Kirche gehen oder wir interessieren uns auch für Architektur. Natürlich sind wir jetzt auch schon in vielen Städten gewesen in unserer Karriere und haben viel gesehen. Wir waren ja bestimmt schon 20 Mal in Leipzig. Das ist eine Stadt, die wir richtig toll finden und wo wir auch viele Freunde haben. Wir haben auch so ein bisschen die Entwicklung der Stadt über die Jahre gesehen und wir finden, dass es einfach eine sehr offene und schöne Stadt ist. Wenn wir abends ausgehen und ein Bier trinken, dann treffen wir nette Leute. Du hast das Gefühl, dass du mit offenen Armen empfangen wirst. 

Kannst du dich noch an euren ersten Auftritt in Leipzig erinnern?

Ich bin immer so schlecht mit den Namen. Das war in so einem ganz ganz kleinen abgerockten Club, von der Location her auch wirklich nicht das Schönste. Aber am Anfang war es ja bei uns so, dass wir im Osten, obwohl wir aus dem Norden kommen, viel mehr Zuschauer hatten. Das lag daran, dass uns JUMP so viel gespielt hat. Die haben sogar schon unsere Demos gebracht. Und deswegen sind wir ganz am Anfang, als wir noch „Manga“ hießen und noch bevor wir einen Plattenvertrag hatten, schon durch den Osten getourt, haben in Leipzig und Halle gespielt. Und da waren dann auf einmal 200 bis 300 Leute bei den Konzerten und wir waren total geflasht. In Hamburg mussten wir immer unsere Freunde anrufen und wenn wir Glück hatten, waren dann 50 Leute da (lacht). 

Wo könnte man euch denn in Leipzig antreffen?

Na es gibt ja diese nette Region – wir nennen die immer Altstadt – da wo die ganzen Studenten abhängen, wenn gutes Wetter ist vor den Kneipen. Es gibt da so einen Straßenzug …

… Karl-Liebknecht-Straße?

Ja genau die, da ist es total nett. Finden wir super! Sowas mögen wir. Wir haben ja in Hamburg auch die Schanze und das ist ähnlich, nur ein bisschen schöner bei euch. (lacht)

Mal zu eurem aktuellen Album. Das kam im April 2018 raus und ist eure fünfte Platte. Wie würdest du den Stellenwert von „Zimmer mit Blick“ in eurem gesamten Repertoire einschätzen?

Wir haben bei diesem Album mehr Elektronik einfließen lassen, haben uns etwas in die urbane Welt geöffnet. Wenn man das Album aufmerksam hört, dann merkt man, dass wir auch viel mit Synthesizern probiert, viele Beats programmiert haben. Wir haben eigentlich immer erst mal versucht, elektronisch ranzugehen und dann Gitarren und echte Instrumente dazu genommen. Das war der Ansatz bei dem Album. Und ich finde das hört man auch. Das ist beim Konzert dann einfach clubbiger und tanzbarer. Was das Inhaltliche angeht: Unser letztes richtiges Studio-Album ist fünf Jahre her. Seitdem ist viel passiert bei uns. Der ein oder andere ist Papa geworden und der Begriff Verantwortung ist zentraler geworden. Dann haben wir das Album zu einer Zeit geschrieben, wo politisch hier im Land auch viel passiert ist, wo die Populisten auf einmal lauter wurden – und es ja immer noch sind – und wo wir das Gefühl hatten, dass man als deutschsprachige Pop-Band irgendwie die Verpflichtung hat, sich auch mitzuteilen und ein Statement zu machen. Und wir haben dann auf dem Album das Lied „Zimmer mit Blick“ geschrieben, das unser politischster Song ist, den wir bisher geschrieben haben. Dort sagen wir, dass es einfach ist, in seiner Komfortzone, seinem Zimmer mit Blick, zu sitzen und abzuwarten bis alles vorbei ist oder zu hoffen, dass es nicht schlimmer wird. Wir finden es aber schon wichtig, gerade bei den vielen Möglichkeiten heute, sich zu informieren, das auch zu nutzen und laut zu sein gegen Randgruppen, die in unseren Augen nicht richtig denken. Eigentlich ist es einfacher denn je, sich auch eine Meinung zu bilden, weil jeder Zugriff auf jede Information hat. Man muss natürlich vorsichtig sein und gut filtern und sich die Quellen angucken, aber es gibt eigentlich nicht mehr die Ausrede: Ich wusste das nicht. 

Wie ist das bei euch mit dem Songwriting – Sitzt ihr alle zusammen und habt Ideen, diskutiert das und dann geht es einfach drauf los oder wie muss man sich das vorstellen?

Johannes (Strate, Sänger der Band, Anm. d. Red.) und ich schreiben ja die Songs und das ist ganz unterschiedlich. Wir sind beide, glaube ich, gute Beobachter geworden, haben immer unsere Notizen-App griffbereit und schreiben sofort, wenn wir irgendwelche inspirierenden Sätze, Situationen oder Bilder sehen. Daraus entstehen dann Songskizzen mit Klavier oder Gitarre, manchmal auch schon eine kleine Produktionsidee, also eine Art Mikro-Demo. Und dann treffen wir uns, spielen die uns vor und schauen erst mal, was wir den anderen Jungs überhaupt zeigen können. Dann diskutieren wir und oft kommt darüber auch noch mal eine Idee. Und wenn wir uns einig sind, öffnen wir die Runde für die anderen Jungs und da ist meistens auch schon Philipp (Steinke, Anm. d. Red.), unser Produzent dabei – und dann gehen wir ran. Da schmeißt jeder das rein, was er für den Song für richtig hält und jeder hat seinen Bereich, den er gut kann. Bei Jakob (Sinn, Schlagzeuger v. Revolverheld, Anm. d. Red.) sind das natürlich Beats und Schlagzeug und all das, was mit Rhythmus zu tun hat. Niels (Kristian Hansen, Gitarrist v. Revolverheld, Anm. d. Red.,) ist auch sehr gut darin, Melodien zu finden.Er ist auch der bessere Gitarrist als ich und sagt mir dann manchmal „Ja spiel das doch mal so“ und dann ist das geil (lacht). Und auch Philipp ist eben eine sehr wichtige Konstante bei uns geworden. Er ist ein sehr kreativer Produzent. Es ist schon so, dass er uns auch im Songwriting noch mal sagt: Passt mal auf, da müsst ihr euch noch mal hinsetzen, der und der Satz ist noch nicht gut. Und er hat auch immer Sound-Ideen. Und so ist das dann ein Prozess mit vielen Diskussionen und viel Spaß und das hat sich über die Jahre ganz gut herauskristallisiert, dass wir so produktiver sind und nicht so viel streiten (lacht). Diskussion und Reibung gehört da auch unbedingt mit dazu, denn nur so entsteht bei uns Produktivität. So ist das leider und es ist auch manchmal anstrengend, aber ich glaube das ist bei jeder Band so. Du brauchst verschiedene Pole und irgendwo dazwischen liegt die Wahrheit.

Nun habt ihr bereits euer fünftes Album veröffentlicht. Logischerweise könnt ihr also, wenn ihr live spielt „aus den Vollen“ schöpfen. Wie stellt ihr denn bei einem Live-Auftritt eure Setlist zusammen, was sind da Kriterien?

Also es ist immer eine Wissenschaft, eine Setlist zu machen. Und wir machen uns da sehr sehr viele Gedanken. Manche Sachen schmeißen wir auch einfach aus purem Egoismus raus, weil wir sie nicht mehr hören können.

Was denn zum Beispiel?

„Mit dir chilln“ spielen wir zum Beispiel schon ewig nicht mehr, weil es ein Song ist, der für uns im jetzigen Zeitpunkt nicht mehr so richtig passt. Dieses Wort „chilln“ – das war einfach ein Wort, das wir früher auch selbst oft benutzt haben, aber heute gar nicht mehr. Wir fühlen uns so ein bisschen rausgewachsen aus dem Song. Es gab aber super viele Zurufe von Fans, die den Song gerne hören wollten. Wir haben immer mal wieder die Diskussion, ob wir den nicht mal wieder mit reinnehmen sollen. Aber wir sind da schon konsequent. Wenn wir uns halt auf der Bühne damit nicht wohlfühlen, dann spielen wir ihn auch nicht mehr. 


Zum Schluss noch ein kleiner Ausblick in die Zukunft.
Gibt es denn schon Pläne nach der Arena-Tour?

Also erst mal ist diese Tour unser großes Thema, worüber wir uns tagtäglich Gedanken machen und das wir ausarbeiten. Und es wird dann auch über den Sommer noch ein bisschen weitergehen. Wir werden Festivals spielen und was danach kommt … Da haben wir, ehrlich gesagt, noch nicht drüber gesprochen. Ich habe immer Bock auf neue Musik. Ich schreibe fast durchgängig Songs und ich will, dass es weitergeht. Aber man muss auch sagen: Wenn wir mit Revolverheld ein neues Album machen – und unser jetziges ist ja noch nicht alt – dann müssen wir an einem Punkt sein, wo wir sagen: Jetzt müssen wir ein neues Album machen, haben eine Idee für einen neuen Sound, haben neue Einflüsse, sind vielleicht auch noch einmal ein Jahr gereift und haben den Akku wieder voller Ideen. Und wir haben eine klare Vision von einem musikalischen Konzept für das Album, wie bei „Zimmer mit Blick“. Das sind alles Dinge, die vor so einem Album passieren. Wo man sich dann lange hinsetzt und drüber spricht. Jetzt einfach rauszuhauen: 2020 kommt ein neues Revolverheld-Album; das kann ich nicht machen, weil es immer ein Prozess ist. Jeder würde sich das bestimmt wünschen, aber man entwickelt sich als Band und es dauert halt manchmal auch zwei Jahre, manchmal drei Jahre. Ich kann mir halt vorstellen: Dadurch, dass du heute schneller veröffentlichen kannst und dass du auch nicht immer gleich ein ganzes Album releasen musst, ist es schon sehr reizvoll, dass du vielleicht mal einen Track raus bringst mit einem Feature oder mal was ganz anderes machst und das als EP veröffentlichst. Das sind alles Sachen und Möglichkeiten, die wir extrem spannend finden, wo wir aber noch keine konkreten Pläne haben. Erst mal ist es für uns ein Riesending, eine Arena-Tour mit einem Album und nicht als MTV Unplugged zu spielen und da freuen wir uns wahnsinnig drauf.

Ich denke, dass sich eure Fans auch darauf freuen werden. Vielen Dank für das Gespräch.

© Benedikt Schnermann

REVOLVERHELD

„ZIMMER MIT BLICK“ ARENA-TOUR 2019

• Päsentiert von:Pro7, event., kulturnews, MDR Jump,  LVZ und urbanite

Tournee-Veranstalter: Revolverheld GbR in Kooperation mit FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH & Extratours Konzertbüro

Örtl. Veranstalter: Bernd Aust Kulturmanagement GmbH

AM 19. MÄRZ 2019 IN DER ARENA LEIPZIG

Einlass: 18 Uhr, Beginn: 20 Uhr

Tickets im VVK ab 40 € zzgl. Gebühren