„Das Faszinierende an Toni Kroos ist, dass an ihm ja erstmal gar nichts besonders ist.“ Rezension: KROOS

Regisseur Manfred Oldenburg präsentiert das Porträt des Ausnahme- Fußballers Toni Kroos in einer permanenten Ausnahme-Welt.

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Er ist vier mal als Champions League Sieger vom Platz gegegangen, der neunte Deutsche Fussballer bei Real Madrid und hat allein mit der spanischen Rekordmannschaft dreizehn Titel gewonnen. Toni Kroos-Fans taumeln vor Freude – nicht zuletzt, weil sie seine einzigartige Sportkarriere nun auch auf der großen Kinoleinwand nachempfinden können. Regisseur Manfred Oldenburg präsentiert das Porträt dieses Ausnahme- Fußballers und Ausnahme-Menschen in einer permanenten Ausnahme-Welt.

In einer Zeit, in der Fußball so sehr Show ist wie nie zuvor und sich andere in den großen Momenten nach vorne drängen, erkennt man in Toni Kroos den Mann für die unbeachteten und besonderen Momente – das erkennen auch seine Wegbegleiter, die im Portrait des Ausnahmesportlers immer wieder zu Wort kommen. Egal ob Sport-Ikonen wie Gareth Bale, Luka Modrić und Sergio Ramos, Trainer wie Zinédine Zidane, Pep Guardiola und Jupp Heynckes, die Club-Präsidenten von Real Madrid und FC Bayern, Florentino Pérez und Uli Hoeneß, oder auch prominente Fans wie Robbie Williams: Sie alle suchen 119 Minuten lang eine Erklärung für das „Phänomen Kroos“.

„Das erste Faszinierende ist, dass an ihm ja erstmal gar nichts besonders ist. Toni Kroos ist nicht besonders groß, er ist nicht besonders schnell, er ist nicht besonders kräftig. Das heißt, er ist auf den ersten Blick ein durchschnittlicher Spieler: durchschnittlich schwer, durchschnittlich groß, durchschnittlich schnell. Seine besondere Fähigkeit besteht darin, das Spiel zu sehen. Und zwar klarer zu sehen, früher zu sehen und anders zu sehen als die anderen. Das heißt, er hat eine hohe Antizipationsfähigkeit, nicht nur was die Bewegung des Angespielten betrifft, sondern auch die Situationen, die daraus folgen können. Er sieht also das Spiel gleichsam zwei, drei Pässe weiter. Aber wenn man ihn fragen würde ‚Warum hast du diesen Pass gespielt?‘, dann würde er manchmal sagen ‚Das ist doch einfach der logische Pass‘ oder ‚Dabei habe ich mir gar nichts gedacht‘. Das ist eben das Unerklärliche, das ein Genie uns offenlässt und was uns dann auch wirklich fasziniert“, stellt beispielsweise Publizist und Philosoph Wolfram Eilenberger im Film heraus. 

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Doch der Film analysiert längst nicht nur die sportlichen Stärken des einmaligen Weltmeisters: Für einen sehr persönlichen Einblick in das Leben von Toni Kroos sorgen sein Bruder und enger Vertrauter Felix Kroos, seine Eltern und erstmals auch seine Ehefrau Jessica. Wobei es am Ende egal ist, aus welcher Sicht der Fussballer und Mensch Toni Kroos nun beleuchtet wird. In einem Punkt stimmen alle Befragten überein: Sein Fuss ist magisch. Als Mittelfeldspieler sieht er das Spiel voraus wie kaum jemand sonst – wie ein Dirigent, der mit Leichtigkeit und Logik Ordnung ins fußballerische Chaos bringt. Und während er im Spiel glänzt, ist er abseits des Platzes eher zurückhaltend. In der Öffentlichkeit hält sich der Familienmensch bedeckt, ist ruhig und gelassen. Und das diese innere Ruhe eigentlich schon immer in Toni Kroos schlummert, offenbaren die Stationen seines Werdegangs, die seinen Weg von Greifswald bis nach Madrid zurückverfolgen – mit Stationen wie München und Leverkusen, Sternstunden wie der WM 2014 und dem dreifachen Champions League-Gewinn (2016, 2017 und 2018) mit Real, aber auch mit Tiefpunkten wie dem Münchner ,Finale Dahoam‘ 2012 und der letzten WM in Russland. Ruhe von diesem Fussballzirkus sucht Toni Zuhause bei seiner Familie, die ihm mehr bedeutet als alles andere. Und weil der dreifache Vater sehr genau weiß, wie viel Glück er im Leben hat, versucht er zumindest einen kleinen Teil davon mit seiner Stiftung auch an andere Kinder und Familien weiterzugeben. 

Fazit: Der Dokumentarfilm gewährt nicht nur überraschende Einblicke in das Leben eines außergewöhnlichen Sportlers und ganz besonderen Menschen, sondern wirft auch einen Blick hinter die Kulissen des Profifußballs. Insbesondere die Schattenseiten des Business, sprich: Wie es sich zum Beispiel anfühlt als junger Spieler aus seinem familiären Umfeld gerissen zu werden oder in einem Verein nicht hundertprozentig anzukommen, machen das Leben des Sportlers auch für den klassischen Kinogänger nahbar. Für KROOS hat das Filmteam zudem exklusiven Zugang zu sonst verschlossenen Backstage-Bereichen des Weltfußballs erhalten und bietet dadurch sowohl in sportlicher als auch in privater Hinsicht eindrucksvolle Einblicke in die Welt des Kroos-Fussballs, dessen unvergleichlicher Werdegang nicht nur Fans ans Herz geht – sehr empfehlenswert!

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 KROOS, seit dem 4. Juli 2019 im Kino 

Dokumentarfilm mit Toni Kroos, Zinédine Zidane, Pep Guardiola, Jupp Heynckes, Uli Hoeneß, Florentino Pérez, Robbie Williams, Wolfram Eilenberger, Felix Kroos, Jessica Kroos, Roland Kroos, Birgit Kroos | Regie: Manfred Oldenburg

Laufzeit: 119 Minuten