Roger & Schu: „Wäre schon lange kein Blumentopf-Fan mehr“ Roger & Schu von Blumentopf übers Altern im Rap-Business und Fußball

Roger & wer? Roger & Schu! Man kennt die beiden von Blumentopf. Wir sprachen mit Schu über die Auflösung von Blumentopf, das Älterwerden im Rap-Business und Fußball.

© Christoph Neumann
Roger & wer? Roger & Schu! Man kennt die beiden von Blumentopf. Während sich die Hip-Hop-Crew aus München Ende letzten Jahres aufgelöst hat, hatten eben jene beiden „halt noch immer richtig Bock, Rap zu machen“. Wir sprachen mit Schu über die Auflösung von Blumentopf, das Älterwerden im Rap-Business und Fußball. 

Blumentopf hat sich aufgelöst. Wie kam es dazu, dass ihr beide weitermacht und ein gemeinsames Soloalbum produziert? 
Das kam, als alle anderen von Topf nicht mehr so wirklich Lust hatten, Musik zu machen. Schon lange, bevor wir uns mit der Auflösung beschäftigt hatten, haben wir uns entschieden, was zu zweit machen. Wir hatten keine Lust, auf jemanden zu warten und so ist es dazu gekommen, dass wir ein ganzes Album produzierten. 

Wie haben die anderen darauf reagiert, dass ihr nun ein Zweierding macht?
Ooch … eigentlich haben sie gar nicht reagiert. Jeder hat ja so sein Ding gemacht. Ich weiß nur, dass meine Schwester, die uns 20 Jahre gemanagt hat, sich wunderte, dass wir weitermachen. Die anderen von Topf haben es einfach wahrgenommen. 

Eure Abschiedskonzerte von Blumentopf sind fast alle ausverkauft. Gab es da dann doch noch mal die Überlegung, dass die Auflösung ein Fehler war?
Nein, auf gar keinen Fall. Man darf ja auch nicht unterschätzen, dass diese ganzen Abschlusskonzerte so gut laufen, weil sich natürlich viele Leute, die sich vielleicht seit 10 oder 15 Jahren überhaupt nicht mehr für unsere Musik interessieren, dachten: ‚Ach krass, jetzt hören die auf. Das war doch früher so geil, das muss ich mir unbedingt noch einmal anschauen.’ Das haben wir bei der Planung der Abschiedstour auch ein bisschen falsch eingeschätzt, eher unterschätzt. Deshalb läuft das alles so gut. Wenn wir jetzt einfach weitermachen und noch ein Album rausbringen würden, wäre das bei weitem nicht so. Außerdem war es erst mal an der Zeit, was Neues anzufangen und zu gucken, was sonst noch so geht.

Ehrliche Antworten. Damit habe ich ehrlich gesagt nicht gerechnet.
Ja, das kommt daher, weil ich gerade aufgestanden bin. Ich konnte noch nicht mein Interviewband hochfahren (lacht).

In „Deine Jungs / Meine Jungs“ beschäftigt ihr euch mit dem Thema Älterwerden im Rap. Spielt das für dich eine Rolle?

Ich informiere mich. Ich bin Fan von Hip-Hop-Musik und es macht mir Spaß, neue Songs rauszusuchen und zu gucken, was ich so finden kann. Es war schon immer so, dass ich mich für die Sachen interessiere, die man nicht kennt. Wenn ich jetzt nicht bei Blumentopf wäre, sondern nur Musikhörer, dann wäre ich wahrscheinlich auch schon lange kein Blumentopf-Fan mehr, weil ich immer mehr Interesse an Leuten habe, die neu rauskommen. Ich will halt was Neues hören.
Was ich jetzt gerade entdecke, das ist von Musikern, die sind einfach mal halb so alt wie ich. Das Leben, von dem die erzählen, ist natürlich auch eine Lebensphase, die bei mir schon lange vorbei ist. Ich finde es zwar geil, was die machen, aber die Art und Weise werde ich nicht mehr so machen können und wollen. Das ist eigentlich das einzige, was mir auffällt. Das ist aber nichts, bei dem ich denke, das ist jetzt furchtbar, sondern es ist einfach eine Tatsache. 


Denkst du, man kann im Rap-Business in Würde altern?

Ja, auf jeden Fall – sogar sehr gut, wenn man damit leben kann, dass alles andere mit älter wird. Wenn man erwartet, dass man zwar älter wird, aber beim Konzert hüpfen die ganzen reifen 18-jährigen Mädels rum und die Jungs und Typen, die das alles supercool finden – dann kann das schnell nach hinten losgehen. Man muss schon damit leben, dass man den Rap so machen sollte, dass er einfach für Leute kompatibel ist, die dann in einem Alter sind, das man selbst auch hat. Das kann auf jeden Fall klappen.

Es wird interessant, weil die Generation von dir die ersten Rapper sind, die im Rap-Biz älter werden. 
Das stimmt schon, aber es gibt da auch ein paar Ältere, die Fantas zum Beispiel. Wobei die natürlich – da werden sie auch nicht böse sein, wenn man ihnen das sagt – Popmusik machen. Und die wirklichen Rapper aus meiner Generation sind nicht mehr so relevant, weil sie nicht mehr aktiv sind. Die Fantas können es sich durch ihren wirtschaftlichen Erfolg natürlich leisten, immer weiterzumachen. Es gibt wenige wirkliche Rapper, die aus meiner Generation hauptberuflich Rapmusik machen, die relevant wäre.

Beziehungsweise einige haben ja auch das Genre gewechselt. Viele, die früher gerappt haben, singen jetzt.
Das meine ich auch. Genau. Ein Max Herre ist natürlich mega relevant und super erfolgreich oder auch Jan Delay. Aber die machen ja was anderes. Da kann man jetzt nicht sagen, dass die mit Rap alt geworden sind. Die haben den Rap gegen etwas ersetzt, was ein bisschen mehr alterskompatibel ist oder was ihnen halt besser gefällt – wer weiß. 

Du sagtest, du interessierst dich sehr für neue Musik. Wie siehst du die derzeitige Rap- und Hip-Hop-Landschaft?
Die sehe ich eigentlich durchweg positiv. Da sind so viele super Sachen dabei. Natürlich gibt es auch viel, was mir musikalisch nicht gefällt. Als wir damals angefangen haben, war das eher aus so einem Drang heraus, weil ich so ziemlich alles andere scheiße fand – was eigentlich eine gute Motivation. Aber jetzt finde ich viel mehr, was mir gefällt, als es damals getan hätte. Es macht mir einfach Spaß. Wir haben auch eine Radiosendung. Ich versuche immer relativ viel deutschen Hip Hop zu spielen, was ich so aus dem Netz zusammensuche. 

Ihr habt politische Texte und auch auf der FB-Seite postet ihr politische Artikel. Was denkst du gerade über die Stimmung hierzulande?
Das ist jetzt eine harte Frage. Wenn Veränderungen anstehen oder wenn irgendwas passiert, was auf manche Leute bedrohlich wirken mag, dann ist der größte normale Reflex von wahrscheinlich den meisten Leuten, dass sie sich einigeln wollen und versuchen, das was sie meinen zu haben und was ihnen gehört, festzuhalten und versuchen, gegen Fremde und Veränderungen zu verteidigen.

Ich habe schon das Gefühl, dass es europaweit zu einem Rechtsruck kommen wird, weil das, was passieren müsste, damit man wirklich die Fragen, die sich durch die Flüchtlingssituation an die Gesellschaft stellen, nicht passieren wird. Man müsste anfangen zu verhindern, dass nur ein paar Wenige viel mehr haben als alle anderen zusammen – dann wäre auch das Geld da, um dafür zu sorgen, dass es auch in Deutschland niemanden geben muss, der zwei Jobs hat, um irgendwie durchzukommen und Angst davor hat, dass jemand kommt, der noch weniger hat, etwas abgeben zu müssen. Es ist ja ganz klar, dass man es nicht von den Leuten nehmen wird, die viel haben, sondern von denen, die wenig haben. Das läuft leider immer so – da braucht man keinen einzigen Flüchtling dazu, sondern man wird einfach ausgebeutet – das klingt jetzt bescheuert, aber es ist einfach alles darauf angelegt. Und dadurch, dass sich leider daran nichts ändern wird, haben die Leute einfach Angst.

Ich schaue mir eigentlich gar nicht so viel davon an, muss ich sagen. Wenn so was wie in Köln passiert – das ist furchtbar und geht natürlich gar nicht, und das ist auch jedem klar, dass das gar nicht geht und dass die Schuldigen gefasst und bestraft werden müssen. Wenn eine Million ins Land kommen, dann kommen nicht nur Nette – das ist doch völlig klar. Wer würde denn sowas denken? Die ganze Diskussion ist einfach dumm.

Wenn ich drüber nachdenke, dass jemand von der CSU – die haben das Wort christlich in ihrem Parteinamen – im Fernsehen Menschen vorwirft, dass sie an Bahnhöfen Flüchtlinge begrüßen und versuchen, denen eine Starthilfe zu geben, und dass sie das unterlassen sollen, weil sie damit andere Menschen dazu animieren würden, auch noch nach Deutschland zu kommen. Sowas kommt von Leuten, die sich christlich nennen – Nächstenliebe ist doch eigentlich einer der großen Vorteile in dieser Religion, würde ich mal sagen. 

© Christoph Neumann


Du bist Fußball-affin – was hältst du von RB Leipzig?
Arrggh, da musst du mich noch mal früh anrufen, um zu erfahren, was ich wirklich davon halte (lacht). Ich meine, der Eishockeyverein EHC München wurde von Red Bull gerettet. Man könnte sagen, durch das Engagement werden Arbeitsplätze erhalten, Sport in der Region ist toll und bla bla bla. Aber ich bin halt Fan von Traditionsvereinen wie Liverpool. Klar, eigentlich ist es Schwachsinn, so zu denken. So ein Firmenverein hat irgendwie einen komischen Anstrich. Die machen das, damit der Markenname noch präsenter wird. Und dass der Formel-Eins-Rennstall Red Bull auch ein Pferd im Fußball hat, ist das, was viele so ein bisschen komisch finden. Aber es geht ja überall ums Geld, daher ist es eigentlich wurscht, ob es von Abramovic oder Red Bull kommt. Eigentlich ist diese Abneigung irrational. 

Schön, dass dir das bewusst ist.
Ja, na klar. Also mal ganz ehrlich, das muss einem schon bewusst sein. Als Bayern gegen Chelsea das Champions-League-Finale verloren hat, waren wir an diesem Tag in Dresden in der Scheune, was alternativ angehaucht ist. Da haben dann irgendwelche Graffiti-Sprayer FC Chelsea an die Hauswand gesprüht, weil sie es geil fanden, dass der große kapitalistische FC Bayern verloren hat. Und die Vollidioten sprühen da Chelsea an die Wand, was einfach nur ein Spielzeug von einem Oligarchen ist. Die hatten einfach keine Ahnung von Fußball und haben gedacht, jetzt machen sie mal was politisch Korrektes. Also das war richtig großartig (lacht). Sowas gibt es natürlich auch.

Tourtermine Roger & Schu:
Leipzig: am 3. Februar 2016 in der Moritzbastei
Dresden: am 4. Februar 2016 in der GrooveStation
Berlin: am 5. Februar 2016 im Badehaus Szimpla