"Ich fühle mich nicht unter Druck gesetzt." SC DHfK Leipzig: André Haber über Loyalität, klare Lösungen & DHB

André Haber übernimmt nächste Saison das Cheftraineramt interimsweise. Wir sprachen mit dem 30-Jährigen über seine Rolle, Ziele und den mittlerweile intensiven Kontakt zum DHB.

© Karsten Mann
André Haber, aktueller Co-Trainer des SC DHfK Leipzig, übernimmt nächste Saison das Cheftraineramt interimsweise, bis Michael Biegler im Januar 2018 den Posten für zwei Jahre antritt. Wir sprachen mit dem 30-Jährigen über seine Rolle, Ziele und den mittlerweile intensiven Kontakt zum DHB. 

 

Wie hast du deine bisherige Zeit beim SC DHfK Leipzig erlebt?

Seitdem ich hier bin, ist es eine sehr spannende Zeit. 2012 war etwas schwierig, aber seitdem geht stetig bergauf. Vor der aktuellen Saison haben wir immer gehört, wie schwierig es wird im zweiten Jahr in der 1. Bundesliga. Jetzt spielen wir wahrscheinlich eine erfolgreichere Saison als letztes Jahr. Es ist märchenhaft – das kann man schon so umschreiben. 

Auch der Nachwuchs hat eine enorme Entwicklung gemacht. Vor sechs Jahren haben wir uns nicht erträumen lassen, wo wir jetzt sind. Dass das so rasant geht, darauf sind wir sehr stolz. Wir wollen uns auch deswegen eine gewisse Demut bewahren. Das ist uns wichtig.

 

Kretzsche hat sich am Anfang der Saison über das bedeutungsschwangere „schwierige zweite Jahr“ lustig gemacht und hatte überhaupt keine Sorgen um den SC DHfK Leipzig.

Ja, dieser Satz ist ein ums andere Mal an uns so herangetragen worden. Mit Sicherheit gibt es auch ein paar Argumente, die für ihn sprechen. Aber wichtig ist, wie akribisch man weitermacht und dass man weiter hungrig bleibt. Unsere erste Mannschaft möchte das unbedingt. Sie zeichnet sich durch Fleiß und Leidenschaft aus. Deshalb war es kein großes Problem für uns, an den Willen anzuknüpfen. Wie es dann sportlich läuft – da gibt es mehrere Faktoren, die eine Rolle spielen. 

 

Was war bisher dein emotionalstes Erlebnis beim SC DHfK?

Der Aufstieg in die 1. Bundesliga war DAS Wahnsinnserlebnis. Die Vision 1. Liga, die der Verein irgendwann mal formuliert hat, tatsächlich wahrwerden zu lassen, ist einfach ein unglaublich gutes Gefühl. 

Im Jugendbereich waren es definitiv die zwei Deutschen Meistertitel, die wir mit der A-Jugend geholt haben. Das sind dann auch emotionale Ausbrüche, die man nicht all zu oft im Leben hat. 

 

© Karsten Mann
Durch die Bundestrainerfrage war das mediale Interesse am DHfK plötzlich riesig. Hat das viel Unruhe in den Verein bzw. Ligaalltag gebracht?

Man muss der Mannschaft ein großes Kompliment machen, weil das nie zu einem großen Thema geworden ist. Es war klar, dass es jetzt mehr Medieninteresse und Nebengeräusche gibt. Aber in der Mannschaft waren sich alle einig, dass es darum geht, was wir sportlich in diesem Jahr erreichen. 

Nachdem Christian Prokop sein Interesse an dem Bundestraineramt bekundete, hatten wir das nachfolgende Spiel zu Hause gegen HSG Wetzlar und haben es gewonnen. Dazu gehört schon viel Charakter. Dass den Jungs dieser Sieg zu diesem Zeitpunkt gelungen ist, spricht einfach sehr für sie. Und die Leute, die nah an der Mannschaft dran sind, fangen auch viel ab. Es haben wirklich alle einen sehr guten Job gemacht. 

 

Du bist jetzt Co-Trainer, dann ein halbes Jahr Chefcoach und dann wieder Co. Ungewöhnlich, oder?

Zu wissen, dass eine Cheftrainerstelle zeitlich begrenzt ist, finde ich jetzt nicht so ungewöhnlich (lacht). Für mich ist Loyalität ein sehr hohes Gut – und als Co-Trainer braucht man die. Ich bin für die Chance, das ein halbes Jahr lang machen zu dürfen, sehr dankbar. Es ist ein schönes Kompliment, wie groß das Vertrauen der Verantwortlichen ist. Ich freue mich auch, viele neue Sachen mitzunehmen, wenn Michael Biegler wiederkommt. Bisher hatte ich in meiner Laufbahn das Glück, von sehr vielen guten Trainern lernen zu können. Von Christian Prokop natürlich am meisten, weil wir die letzten vier Jahre zusammengearbeitet haben. 

 

Meinst du, es wird schwierig, dich dann wieder in die zweite Reihe einzufügen, vor allem wenn die erste Saisonhälfte erfolgreich ist? 

Zweite Reihe klingt immer so ein bisschen negativ … Ich glaube überhaupt nicht, dass das schwer wird. Ich kenne das schon ein bisschen als Co-Trainer bei den Männern und als Cheftrainer in der A-Jugend. Da habe ich so einen Wechsel teilweise von Samstag zu Sonntag. Wichtig ist, dass wir erfolgreich sind. Bei dieser Rolle hilft auch, dass sie von Anfang an klar definiert ist. Es ist nichts, was erst im November festgelegt wird; sondern es wurde von Anfang an mit der Vorstellung von Michael Biegler als Chefcoach ab 1. Januar 2018 eine klare Lösung gefunden. Deshalb kann ich mich damit sehr gut anfreunden. Für mich ist es auch ein großes Kompliment, dass die Lösung mit mir als Interims-Chefcoach keiner kritisch hinterfragt (lacht). 

 

Verspürst du einen gewissen Druck, das Erbe von Christian Prokop temporär anzutreten?

Es ist natürlich etwas Besonderes, die Erstligamannschaft zu betreuen, aber ich fühle mich jetzt nicht unter Druck gesetzt. Wir haben über die vier Jahre sehr eng zusammengearbeitet. Ich denke, dass ich sehr gut an die Arbeit von Christian anknüpfen kann. 

 

Du hast dann mit zwei Nationaltrainern zusammengearbeitet – Prokop und Biegler. Was ist der Unterschied der beiden Trainer? 

Mit so etwas tue ich mich immer schwer. Ich glaube, dass beide hervorragende Trainer sind. Mit Sicherheit gibt’s Unterschiede, aber da muss ich erst mal wieder länger mit Michael Biegler zusammenarbeiten, um sie zu erkennen. Aber ich glaube, dass sich beide mit den Leipziger Tugenden, die hier so gewachsen sind – Leidenschaft, Wille, Emotionalität – sehr gut identifizieren können. Deswegen passen auch beide sehr gut hierher. 

 

© Geli Megyesi
Was hast du dir vorgenommen für die nächste Saison als Cheftrainer? 

Möglichst viele Spiele zu gewinnen (lacht). Das ist relativ platt, aber so ist es tatsächlich. Ich wünsche mir persönlich natürlich, dass wir den Weg, den wir eingeschlagen haben, nahtlos weitergehen können. Aber ein Ziel an Tabellenplätzen oder Punktanzahl festzumachen, ist nicht möglich. Auf jeden Fall wollen wir hier in Leipzig weiter erfolgreich Handball spielen. 

 

Leipzig hat außergewöhnlich viel mit dem Deutschen Handballbund zu tun: aktueller DHfK-Trainer ist Bundestrainer …

Und der Bundestrainer der Frauen kommt dann her (lacht).

 

Genau. Was ist da los?

Ich weiß es nicht. Ich glaube, hier ist etwas gewachsen. Es wurden auch gute Personalentscheidungen getroffen, z.B. Christian Prokop nach Leipzig zu holen. Er hat hier auch eine enorme Strahlkraft für den Nachwuchsbereich. Es gibt eine sehr gute Durchlässigkeit nach unten. Wenn wir über taktische Dinge sprechen, wird davon etwas von mir in die A-Jugend übernommen, und von dort in die B-Jugend. Und so entwickelt sich eine Philosophie, mit der dann viele konfrontiert sind. 

Warum gerade wir so eine Verbindung haben, weiß ich nicht. Wir versuchen einfach, gut zu arbeiten und erfolgreich zu sein.

 

Vor anderthalb Jahren wart ihr noch 2. Bundesliga und nun habt ihr Probleme, euer Personal zu halten.

Das klingt jetzt so, als hätten wir hier alle Bundestrainer. So ist es natürlich auch nicht (lacht). Aber der Stellenwert entwickelt sich mit dem sportlichen Erfolg auch nach oben. Das ist ein großes Lob für den Verein. 

 

Ob Fußball oder Handball – Leipziger Sport ist in aller Munde.

Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Ich erinnere mich noch an ein Pokalspiel 2012/2013 gegen Kiel. Da standen die Leute in Viererreihen um die Kieler Hälfte, weil sich da die großen Stars warmgemacht haben. Bei uns war das eher ein bisschen spärlich gesät (lacht). Mittlerweile hat sich das gedreht. Wir haben eine riesen Fangemeinde, die auch unsere A-Jugend fantastisch unterstützt. Ich empfinde so eine Identifikation immer noch als außergewöhnlich und besonders toll. Die Leute kommen nun, weil sie ihre Leipziger Mannschaft sehen wollen. 

 

Was wünschst du dir persönlich für den Endspurt der aktuellen Saison und den Anfang der nächsten?

Wir wollen gerne jedes Spiel gewinnen, was wir noch haben. Das ist wahrscheinlich nicht immer möglich. Aber ich wünsche mir, dass wir einen guten Abschluss hinbekommen. Wir haben noch den tollen Heimspielgegner Füchse Berlin vor uns. Das werden richtige Kracherspiele zum Abschluss. Und da möchte ich, dass wir zuhause weiterhin so erfolgreich sind, wie wir das bisher in der Saison waren. Wir haben eine sehr gute Heimstärke entwickelt. Das ist für mich auch fürs nächste Jahr sehr wichtig: dass wir besonders zuhause weiterhin so stabil spielen. Weil wir so auch unsere Zuschauer mitnehmen und begeistern können. 

Für das Topspiel SC DHfK Leipzig gegen Füchse Berlin verlosen wir 1×2 Tickets