„Das war das Ziel der Heim-WM: Die Leute für unseren Sport zu begeistern“ SC DHfK Leipzig: Franz Semper im Interview

Im Interview mit Franz Semper haben wir über eine bewegte WM-Zeit, die Saison beim SC DHfK Leipzig und seine sportlichen Ziele gesprochen.

© Rainer Justen
Mit 21 Jahren war Franz Semper der jüngste Spieler im Aufgebot der Deutschen Handball-Nationalmannschaft zur Heim-WM in diesem Januar. Der gebürtige Bornaer hat die Leipziger Jugend-Akademie des SC DHfK durchlaufen und gilt als eines der großen Handballtalente Deutschlands. Beim Bundesligisten SC DHfK hat sich der Linkshänder spätestens in dieser Saison durch seine Treffsicherheit zu einem Schlüsselspieler entwickelt. Im Interview mit Franz Semper haben wir über eine bewegte WM-Zeit, die Saison beim SC DHfK Leipzig und seine sportlichen Ziele gesprochen.

 

Franz, du hast eine steile Karriere hingelegt: von der Jugend in die Bundesliga, zum Nationalspieler, zum WM-Spieler bei der Heim-WM. Was geht dir durch den Kopf, wenn du auf diese Entwicklung zurückblickst?

Ich glaube, dass das prinzipiell so eine Sache bei Sportlern und gerade bei steilen Karrieren ist, die relativ schnell starten und in die Höhe gehen: Man kann zwar zurückblicken, aber richtig reflektieren kann man das nicht. Es geht einfach von Ziel zu Ziel. Immer wieder auf neue Aufgaben – von Bundesliga zur Nationalmannschaft und wieder zur Bundesliga. So war es jetzt vier Jahre lang und ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal zwei, drei Wochen Urlaub hatte.

Fehlt dir die Ruhe ein wenig?

Ich kenne es gar nicht anders, außer vielleicht ganz früher in den Sommerferien. Natürlich gibt einem der Leistungssport auch viele andere Sachen. Das ist eben ein Opfer, was man aber bereit ist zu bringen. Natürlich würde man gern mal richtig in den Urlaub fahren, aber man sucht sich die Zeit – mal seine zwei bis drei Tage, die es zu nutzen gilt.

Wie nutzt du diese Zeit?

Es gibt nicht DIE eine Sache, die ich immer mache. Ich gehe zum Beispiel in die Sachsen-Therme, entspanne mich und denke einfach mal an nichts. Ich bin auch schon mal drei Tage im Elbsandsteingebirge unterwegs gewesen, bin einfach durch den Wald gegangen und habe abgeschaltet. Manchmal ist es auch ein Spieleabend mit Freunden. Das sind viele Dinge, die dem Kopf guttun.

Du bist spätestens seit dieser Saison eine wichtige Stütze im Bundesliga-Team des SC DHfK Leipzig geworden. Wie schätzt du deine Entwicklung in der Mannschaft rückblickend ein?

Meine Entwicklung begann ganz klein als „Küken“ und dann wächst man über die Jahre in die Mannschaft und in den Verein rein. Ich bin insgesamt natürlich körperlich robuster geworden. Man sammelt so seine Erfahrungen in der Bundesliga, die gerade in einer Spielsportart wie Handball unglaublich wichtig sind. Und das mit 21 Jahren sagen zu können, macht mich schon stolz.

War es schon von klein auf dein Traum, mal als Handballer in der Bundesliga zu spielen?

Das kann ich gar nicht so genau sagen. Ich habe eigentlich immer nur in dem Moment gelebt und in der A-Jugend habe ich gesagt: Cool, wir spielen Jugend-Bundesliga und wir können um die Deutsche Meisterschaft spielen. Dann auf einmal kommt in der nächsten Saison der Verein und sagt, dass man bei den Herren 2. Bundesliga spielen soll. Und dann geht es um den Aufstieg. Da gehört natürlich einiges an Glück dazu, dass ich da hochgerutscht bin, aber auch einiges an Arbeit.

Es läuft diese Saison beim SC DHfK nicht alles rund. Immerhin konntet ihr gegen Bietigheim im Februar den ersten Auswärtssieg der Saison feiern. Aber insgesamt lief die Saison bisher doch eher enttäuschend – woran liegt das aus deiner Sicht?

Sicherlich haben wir sechs Spiele mit einem Tor verloren – wenn du die gewinnst, dann stehst du auch in der Tabelle ganz anders da. Aber wir sind im Leistungssport, dort wirst du immer an deiner Leistung gemessen und die Leistung spiegelt sich nun mal in der Tabelle wider. Platz 15 ist nicht unser Anspruch, deswegen baut sich natürlich ein gewisser Druck auf. Es ist schwerer, in ein Spiel reinzugehen. Die letzten Jahre ging es immer bergauf. Wir müssen uns jetzt wieder bewusst machen, dass es nicht selbstverständlich ist, in der ersten Bundesliga zu spielen und daran arbeiten wir auch.

© Rainer Justen

Wie hat es sich für dich angefühlt, im Kader der Deutschen Nationalmannschaft bei dieser WM, die ja auch noch eine Heim-WM war, zu stehen?

Das ist schwer zu beschreiben. Es ist für fast jeden Spieler die erste und wahrscheinlich auch die letzte Heim-WM. Und das wird für einen jungen, genauso wie vielleicht auch für einen fünf Jahre älteren Spieler, dasselbe Gefühl gewesen sein. In die großen Hallen rein zu laufen, die Euphorie mitzuerleben, die eine Weltmeisterschaft mit sich bringt und dann auch noch im eigenen Land … Dazustehen und die Nationalhymne zu hören und wie 19.000 Zuschauer in Köln mitsingen – das ist ein Gefühl, das man nicht beschreiben kann.

Wie würdest du deine Rolle in der Nationalmannschaft beschreiben? Da sind viele sehr erfahrene Spieler dabei. Warst du erst mal der, der von den anderen gelernt hat oder wie muss man sich das vorstellen?

Ein Team ist immer ein Team und sicherlich kann man mit jedem normal reden. Trotzdem gibt es in jeder Mannschaft Hierarchien und das ist auch gut so, weil es sonst gar nicht funktionieren würde. Und natürlich lerne ich auch gerne von den anderen.

Was ging dir bei deinem ersten WM-Tor durch den Kopf?

Es ist erst mal ein Handballspiel – und davon habe ich schon einige in meiner Karriere gemacht – und deswegen war es auch erst mal nur ein Tor. Nach dem Spiel kam dann aber sicherlich die Erleichterung. Und wenn ich das nun reflektiere, dann war es schon ein weiterer „Step“ in der Karriere.

Welche weiteren Schritte willst du in deiner Karriere noch angehen?

Mein Ziel ist es, weiter in der Nationalmannschaft zu spielen. Und wenn man das auf Dauer machen will, dann muss man sicherlich auch im Verein international spielen. Das sind zwei Dinge, die irgendwann in der Karriere mal kommen sollen.

Bei der Handball-WM musstet ihr als Team im Halbfinale und auch im Spiel um Platz 3 zwei bittere Niederlagen hinnehmen; am Ende standet ihr dann auf Rang Vier ohne Medaille da. Wie ging es dir danach?

Es ist eine komplette Leere, die danach herrscht. Du hast zuerst das Ziel Halbfinale. Und dann hast du die Chance, mit einem Sieg in diesem Spiel eine Medaille zu holen. Das schaffst du nicht und im Spiel um Platz 3 schaffst du es dann auch wieder nicht. Ich hatte dasselbe Gefühl schon mal. Bei der Junioren-WM waren wir genau in demselben Szenario. Wir hatten es ins Halbfinale geschafft, hatten verloren und im Spiel um Platz 3 haben wir noch mal verloren. Da sind natürlich die alten Gefühle wieder ein bisschen hochgekommen. Ich kannte das schon und konnte dadurch vielleicht auch ein bisschen besser damit umgehen. Aber natürlich ist es trotzdem einfach eine riesige Enttäuschung. Man fällt auch in ein riesiges Loch, weil man mental über einen so langen Zeitraum immer so angespannt war. Und dann hat man nichts in der Hand, wo man sagen könnte: Hierfür habe ich ein oder zwei Monate so viel gegeben. Das ist schon sehr sehr bitter.

Trotzdem könnt ihr, da sind sich die meisten wohl einig, stolz auf eure Leistung sein.

Das denke ich auch. Man hat ja auch medial gemerkt, was wir dem Handballsport gegeben haben. Das war das Ziel der Heim-WM: Die Leute für unseren Sport zu begeistern. Und dafür gab es sehr sehr positives Feedback. Ich denke, darauf können wir stolz sein und wir können auch prinzipiell auf unsere Leistung stolz sein. Wir gehören zu den Top 4 der Welt und das muss man sich, obwohl es am Ende so ernüchternd war, vielleicht ab und zu doch noch mal in Erinnerung rufen.

Wenn du nicht Handball-Profi wärst, was wäre dann deine Berufung?

Früher wollte ich immer Pilot werden, aber dafür sind meine Augen zu schlecht. Das würde nicht klappen. Dann esse ich sehr gerne und wollte auch schon Koch werden. Also vielleicht hätte ich eine Ausbildung zum Koch gemacht. Ich werde demnächst anfangen Grundschullehramt zu studieren, möglicherweise werde ich dann nach meiner Karriere Lehrer.

Letzte Frage: Was macht für dich den Handballsport aus?

Ich mag einfach die ehrliche Art. Der Sport ist schnell und körperbetont, da geht es richtig zur Sache. Es fallen viele Tore und deswegen ist Handball natürlich auch attraktiv für die Zuschauer. Und es ist einfach etwas, was ich sehr gut kann – und jedem macht es Spaß, etwas zu machen, was er sehr gut kann.

 Die Heimspiele des SC DHfK Leipzig im März 2019 (Arena Leipzig): 

• 03.03.2019, 16 Uhr: SC DHfK Leipzig vs. VfL Gummersbach

• 24.03.2019, 16 Uhr: SC DHfK Leipzig vs. MT Melsungen

• 28.03.2019, 19 Uhr: SC DHfK Leipzig vs. Füchse Berlin