„Nichts ist schrecklicher, als Reunions, die einfach nur bescheuert sind“ Selig-Gitarrist Christian Neander im Interview

Am 23. August spielen Selig auf der Parkbühne im Clara-Zetkin-Park. urbanite hat im Vorfeld mit dem Gitarristen der Hamburger Band gesprochen.

Selig kommen am 23. August 2014 live auf die Parkbühne im Clara-Park im Rahmen ihrer „20 Jahre Selig – Die Besten Tour“. Und das ist keineswegs selbstverständlich. Denn nachdem die Hamburger Band Erfolge feierte mit Songs wie „Wenn ich wollte“, „Ohne dich“ und „Knockin‘ on Heaven‘s Door“ trennten sich ihre Wege für ganze 10 Jahre. 2008 initierte Sänger Jan Plewka die Reunion. Wie es zum Cut und zur Wiedervereinigung kam und wie sie „den Mist aufgeräumt“ haben, erzählt der Selig-Gitarrist Christian Neander.

© Veranstalter
Seid ihr nach 20 Jahren Freunde oder Kollegen?

Das schwankt immer so ein bisschen. Meistens sind wir eine verschworene Freundebande. Und manchmal ist es eher kollegial. Es gibt ja auch viel zu erledigen – dann geht es geschäftlich zu. Aber es gibt auf jeden Fall auch mal Phasen, wo man sich über hat.

Was sind so die typischen Reibungspunkte bei euch in der Band, wo es auch schon mal kracht?
Ich glaube, die unterschiedlichen Lebensentwürfe.

Sind die so unterschiedlich bei euch?
Bei einigen ist schon mehr Rock’n’Roll als bei anderen. Oder auch verschiedene Auffassungen von Musik führen manchmal zu Schwierigkeiten. Hauptsächlich ist es so wie bei einem alten Ehepaar, dass es zwar Sachen gibt, die einen an dem anderen aufregen, man aber genau weiß, dass man das nicht mehr ändern kann. Und dass es auch albern ist, sich darüber aufzuregen, aber man tut es halt trotzdem irgendwie immer wieder (lacht).

Ihr hattet euch für 10 Jahre getrennt. Warum?
Es war einfach zu viel von allem. Es war manchmal wie in so einem Wahn. Jan konnte auch nicht mehr, der war einfach total ausgebrannt. Wir haben immer weiter gemacht, viel übertrieben. Es fehlte jemand von außen, der sagt: ‚Leute, ihr seid so müde und verrückt – jetzt mal eine Pause machen!’ Wir haben genau das Gegenteil gemacht. Es wurde immer mehr. Wenn man mit fünf Leuten unterwegs ist, stauen sich Probleme an, über die man reden muss und das braucht auch Zeit. Wenn man aber nur noch wie so eine Maschine durch die Gegend rast, dann vergisst man, aufeinander aufzupassen. Den Punkt haben wir deutlich überschritten und dann explodieren halt Sachen. Ich habe mich damals mit Jan und Leo mal ganz schlimm gestritten. Und das war etwas, das eigentlich nicht nötig war. Das hätte man vorher klären können.

2008 gab es die Reunion, wie kam das?
Jan rief mich an: ‚Hallo Christian. Lass uns treffen, ich hätte total Lust – 10 Jahre sind vorbei.’ Ich war sehr skeptisch, weil wir auch 10 Jahre nicht geredet haben.

10 Jahre lang nicht gesprochen?
10 Jahre lang! Einmal haben wir uns auf einem Festival getroffen und haben uns so ganz bescheuert die Hand gegeben und das war’s. Das war echt schlimm. Jan hat alle anderen angerufen und dann mussten wir erstmal sehr lange sprechen, was schiefgegangen ist – also so eine Art Psychoanalyse. Und dann haben wir alles bereinigt und sind in den Proberaum gegangen, um zu gucken, ob wir musikalisch was zu sagen haben. Weil nichts ist schrecklicher, als Reunions, die komplett nur auf Geld aus sind – und einfach bescheuert sind (lacht). Und dieser erste Tag im Studio – das war toll. Da musste ich selbst zugeben, wie stark ich das vermisst hatte, mit dieser Band zu spielen. Es war einfach nur krass. Das war auch echt harte Arbeit, diesen Mist irgendwie aufzuräumen.

Selig – Alles auf einmal

Infos:

Was: 20 Jahre Selig – Die Besten Tour 2014
Wann: Samstag, 23. August 2014 um 19:30 Uhr
Wo: Parkbühne im Clara-Zetkin-Park

Tickets gibt’s ab 37,45€

Hier kommt ihr zur offiziellen Homepage von Selig