Blick hinter die Kulissen Studenten helfen in der Bahnhofsmission

urbanite hat mit zwei jungen Leuten die bei der Bahnhofsmission arbeiten, über Notlagen, Nächstenliebe und die Vielseitigkeit der Arbeit gesprochen.

Stefanie (29) und Nils (24) sind Studenten und arbeiten in der Bahnhofsmission Leipzig. Diese Missionen gibt es an vielen Bahnhöfen, und sicher hat auch jeder schon mal einen Mitarbeiter in seiner blauen Westen am Bahnsteig gesehen. Doch was genau ist eigentlich deren Aufgabe und warum entscheiden sich auch junge Menschen, hier freiwillig zu helfen? Wir haben für euch bei den beiden nachgefragt. 

© Britta Naujocks

Wenn es für Stefanie und Nils raus auf den Bahnsteig geht, heißt es zuerst einmal die blaue Weste überziehen, die das große weiße Logo der Bahnhofsmission trägt. Die beiden sollen schließlich für diejenigen erkennbar sein, die vom Zug abgeholt werden müssen. „Eine unserer Hauptaufgaben ist die Umsteigehilfe. Das heißt, dass wir beim Ein-, Aus- und Umsteigen helfen, die Leute zum Taxi, Bus oder der Straßenbahn bringen, oder auch mal die Wartezeit gemeinsam mit ihnen überbrücken“, erklärt Stefanie. Sie studiert in Dresden Soziale Arbeit und absolviert derzeit ein Praktikum in der Bahnhofsmission Leipzig. Wer Hilfe braucht, kann sich einfach bei der Bahnhofsmission melden, privat oder über die Deutsche Bahn.

Doch es melden sich auch Menschen mit anderen Sorgen und Nöten: Von „Wann fährt wo der nächste Zug?“ bis zu „Wo bekomme ich etwas zu Essen oder Kleidung her?“ Auch wer Hilfe abseits einer Reise benötigt, kann während der Öffnungszeiten einfach an die Tür der Bahnhofsmission klopfen. „Leute, die akut in Not sind, stranden sozusagen bei uns“, erklärt Nils, der eigentlich in Kassel studiert und ebenfalls sein Praxissemester in der Leipziger Bahnhofsmission verbringt. „Wir haben dann die richtigen Adressen, an die sie sich wenden können“, erklärt er weiter. Das können Obdachlose sein, die einen Schlafplatz suchen, oder Durchreisende, die bestohlen wurden und keine Fahrkarte mehr haben. Hier gibt es Hilfe für jeden. 

Immer mehr junge Leute helfen in der Bahnhofsmission

Betrieben wird die Bahnhofsmission hauptsächlich von Ehrenamtlichen, die gerne ihre Zeit hergeben, um anderen Menschen zu helfen. Dabei sind das nicht nur Rentner, sondern vermehrt auch jüngere Leute, die neben ihrem Studium oder Beruf wenigstens ein paar Stunden in der Woche Zeit für den guten Zweck aufwenden. Und: Jeder kann mitmachen – unabhängig von der Konfession. „Hierher kann jeder kommen, sowohl als Helfer, als auch als Hilfesuchender“, erzählt Stefanie. Als Helfer sei es nur wichtig, sagt Nils, dass man bereit sei, Menschen zu helfen, also Nächstenliebe zu praktizieren – unabhängig von Religion, Herkunft oder Weltanschauung. „Man muss kein Christ sein, um hier arbeiten zu dürfen.“ 

Jeder Tag bringt andere Lebensgeschichten

Auch Stefanie konnte sich nicht richtig vorstellen, was in der Bahnhofmission getan wird, bevor sie sich für das Praktikum entschied. Jetzt findet sie es vor allem spannend zu erleben, welche unterschiedlichen Menschen auf dem Bahnhof unterwegs sind und was diese Leute bewegt. „Besonders bei den Umsteigehilfen oder auch bei den Gästen, die hierherkommen, bekommt man die unterschiedlichsten Lebensgeschichten zu hören oder erfährt auf welcher Reise sie gerade sind. Das finde ich total interessant.“ 

Nils schätzt zudem, dass man morgens auf die Arbeit kommt und noch gar nicht weiß, was auf einen zukommt. Vom Asylbewerber über Obdachlose bis hin zum Manager, treffe man hier die unterschiedlichsten Menschen in Notlagen und dieser „Cocktail“ reize ihn besonders. 

Gegründet wurde die erste Bahnhofsmission übrigens vor über 100 Jahren in Berlin. Hauptsächlicher Zweck war damals, Menschen – überwiegend Frauen – Schutz auf Reisen zu bieten. Und auch heute noch wird hier, laut Stefanie und Nils, die Fähigkeit geschult, auf Fremde zuzugehen, sich mit ihnen zu unterhalten und Zeit zu gestalten – etwas, das sehr wertvoll für das spätere Berufsleben ist. Daher würden sie anderen jungen Leuten auf jeden Fall empfehlen, sich hier einzubringen, und seien es nur ein paar Stunden in der Woche.