Wie geht es mit dem Kult-Biergarten im Leipziger Osten weiter? Substanz bleibt Substanz

urbanite ist mit dem neuen Substanz-Besitzer Andreas Wendland ins Gespräch gekommen.

Ende September war der Schrecken groß: Über die Homepage verkündete der beliebte Reudnitzer Biergarten Substanz das große Aus nach mehreren Jahrzehnten lauschigen Hinterhof-Daseins. Doch mit der kultigen Lokalität auf dem Täubchenweg geht es sehr wohl weiter – wie, darüber haben wir mit dem neuen Besitzer Andreas Wendland gesprochen.

© Karsten Piorr
„Wir wenden jetzt einfach mal die Pflastertechnik an: am 29. September öffnet die Substanz zum letzten Mal mit uns als GastgeberInnen ihr Tor“, heißt es in dem besagten Facebook-Post, unter dem sich sofort zahlreiche enttäuschte und fassungslose Kommentare sammelten. Schließlich musste der Leipziger Osten mit dem Verlust des 4Rooms in 2018 bereits einen herben Einschlag in die Bar- und Gaststätten-Landschaft zwischen der Dresdner und Prager Straße einstecken. Mit einer wilden Feier wurde der letzte Substanz-Abend Ende September gebührend verabschiedet. Nur, um zwei Tage später wieder zu öffnen – allerdings mit einem neuen Besitzer.

Andreas Wendland (Foto oben) kommt ursprünglich aus München und kennt die Substanz so lange, wie es den gemütlichen Biergarten schon gibt. „Meine Familie kam nach der Wende nach Leipzig, wo mein Bruder 1992 das Haus im Täubchenweg 67 gekauft und daraus die Substanz gemacht hat“, berichtet der 52-Jährige. Dort hatte Wendlands Familie auch zunächst die Gastronomie geführt, bis vor fast genau zehn Jahren Jörg Staudt, der Vorbesitzer der Substanz, den Laden als Pächter übernahm. Bis zuletzt habe es mit diesem laut Wendland nie Unstimmigkeiten gegeben – dann hatte die Corona-Pandemie mit all ihren Unwegsamkeiten eine Lawine ins Rollen gebracht.

Neuer Besitzer, neues Glück?

„Jörg wollte dann aus dem Pachtvertrag aussteigen und wir haben nach neuen Pächtern gesucht. Mir war aber wichtig, dass die Substanz „Substanz“ bleibt, viele der vorgestellten Konzepte haben nicht nach Reudnitz gepasst. Da sich coronabedingt auch bei mir beruflich in München vieles verändert hat, habe ich mich entschieden, den Laden zu übernehmen“, so Wendland weiter. Kurzerhand zog der einstige Spediteur von München nach Leipzig und bezog die Räumlichkeiten der Substanz.

© Karsten Piorr

Laut Ex-Pächter Jörg Staudt hat sich die Sache jedoch etwas anders abgespielt. Wie er in einem Interview mit der Leipziger Volkszeitung zitiert wurde, sei der Betrieb des Biergartens wegen Corona finanziell schon seit dem Frühjahr sehr schwierig gewesen. Zwar hätte er sich vorstellen können, den Biergarten auch nach Auslaufen seiner Pacht im Frühjahr 2021 weiter betreiben zu können – da die Pacht jedoch dann seitens Andreas Wendland erhöht worden wäre und die Besucherzahlen in den dunkleren Monaten noch weiter sinken würde, habe man sich entschlossen, bereits vor dem Winter auszusteigen. Mit ihm ging die gesamte Belegschaft der Gaststätte.

„Mir ist wichtig, dass die Substanz weiterlebt“, sieht Wendland nach dem ungemütlichen Übergang nach vorne. Er und sein neues Team sind gerade dabei, den Biergarten coronakonform umzubauen und für ein Draußensitzen bis in den November aufzurüsten.

„Ponpoco“ Koch-Kollektiv peppt Speisekarte der Substanz auf

Auch im Frühjahr soll so früher wieder draußen geöffnet werden können. Für alteingesessene Stammgäste wird es dennoch auch ein paar Neuerungen geben. „Die Burger bleiben“, kann Wendland schnell versichern. Für die Küche hat er sich jedoch bereits Verstärkung in Form des Koch-Kollektivs „Ponpoco“ gesucht. Die drei Frauen sind eigentlich vor allem im Japanischen Haus auf der Eisenbahnstraße tätig und wollen nun auch etwas Exotik in die Substanz’sche Küche bringen.

Bereits Mitte Oktober gab es ein ganzes Wochenende lang Ramen und andere japanische Köstlichkeiten im Biergarten. Ebenfalls ungewohnt für den meist in den Abendstunden geöffneten Ausschank: Sonntags gibt es seit Oktober Frühstück, sowohl klassisch mit Wurst und Käse, als auch experimentell mit beispielsweise Edamame-Suppe oder Ratatouille.

© Karsten Piorr

Auch andere Kooperationen sind laut Wendland geplant. „Wir wollen uns mit anderen Initiativen und Vereinen aus Leipzig zusammentun.“ So sollen auch regionale Leckereien aus beispielsweise der Metzgervereinigung oder den Leipziger Kartoffelbauern in der Subs-tanz für die Gäste zubereitet und getestet werden. Auch kulturell will Wendland offen sein und experimentieren. „Ich habe Freunde aus der Oper, die könnten sich auch vorstellen, in einem alternativen Rahmen aufzutreten“, überlegt der 52-Jährige, der sich auch wieder mehr Konzerte im Hinterhof des Täubchenwegs wünscht.

Oper und Ramen in Reudnitz – was sagen die Stammgäste dazu? „Bislang wird das Angebot gut wahrgenommen“, so Wendland. „Betreiber hin oder her, den Leuten geht es um die Substanz und den Biergarten und auch ein neues Konzept hat auf jeden Fall eine Chance verdient.“

Aktuelle Infos unter facebook.com/Substanz-Leipzig